CDU Iserlohn in Schulfragen im Abseits

"Jetzt nicht!" "Noch nicht!" "So nicht!" und: Prüfungen, Prüfungen, Prüfungen …? Man kann sich des Eindruck nicht erwehren, dass Teile der CDU noch nicht so weit sind, die längst fällige Entscheidung für eine zweite Gesamtschule zu treffen.

Was soll man mehr bewundern: Sturheit oder die Kühnheit der Behauptung, die Entscheidung für die zweite Gesamtschule sei von den Fraktionen SPD, Grüne, FDP und Linke "durchgeboxt" worden?

Seit mehr als 20 Jahren gleicht die Anmeldung an der Gesamtschule einem Lotteriespiel, da die Gesamtschulplätze nie ausreichten. Es war also Zeit genug, sich mit der Frage einer zweiten Schule auseinanderzusetzen. Inzwischen wurden insgesamt sicher mehr als 2000 Kinder abgewiesen. Auch für das kommende Schuljahr gibt es Abweisungen - in der Größenordnung von drei ganzen Schulklassen.

Zur Erinnerung: In der Vergangenheit hatten es Teile der CDU rundweg abgelehnt, sich mit der Möglichkeit einer zweiten Gesamtschule zu beschäftigen. So befand sie letztmalig den ausführlichst begründeten Antrag der SPD noch nicht einmal einer Prüfung wert. Die Anti-Haltung gipfelte in der aggressiven, großplakatigen Kampagne gegen die zweite Gesamtschule bei den letzten Kommunalwahlen. Verständlicherweise fällt es nun einigen CDU-Leuten sehr schwer, bei einer möglichen 180-Grad-Kehrtwendung das Gesicht zu wahren. Das rechtfertigt indes nicht den unangemessenen Ton der Zuschrift vom 26. Juli, die der Richtigstellung bedarf.

Zu den Fakten: Ausgangspunkt war das dringende Ersuchen der Gesamtschule, alle Klassen am Nussberg zusammenzuführen (also auch die derzeit noch in Gerlingsen untergebrachten Jahrgänge 5 und 6). In der Absicht, das bewährte Konzept der Förderung zu sichern, ist die Politik diesem Ersuchen im Konsens nachgekommen.
Hieraus ergab sich als erste Konsequenz die Vierzügigkeit am Nussberg: Eine durchweg sechszügige Schule aller Jahrgänge, von 5 bis 13, mit insgesamt 1400 bis 1500 Schülern, ist dem Stadtteil Nussberg schlichtweg nicht zuzumuten. Der Nussberg würde ertrinken im allmorgendlichen pädagogischen Massentourismus – daher kam nur die Vierzügigkeit für die zusammengeführte Schule in Betracht.

Woraus der (CDU-)Schreiber nun folgert, dass eine solche Schule mit dann immerhin noch rund 1100 Schülern nicht in der Lage wäre, weiterhin hohe Schulqualität anzubieten, bleibt sein Geheimnis. Man fragt sich, wie es die vielen vierzügigen Gesamtschulen im Lande nur schaffen konnten, so hervorragend zu arbeiten und eine solch hohe Anerkennung bei der Elternschaft zu gewinnen.

Um das zu verstehen, reicht ein kurzer Blick auf die landesweit geltende Qualitätsanalyse: Dort findet sich nicht ein einziger Qualitätsstandard, der nicht auch von einer vierzügigen Schule zu erreichen wäre. Die SPD und die übrigen Fraktionen in der neuen Allianz für Bildung haben mithin die Gewissheit, dass die Schule weiterhin ihre Qualität in Sachen Abschlüsse ("Ergebnisse der Schule") und Unterrichtsqualität sichern wird – aufgrund der Professionalität ihrer Lehrerschaft und eines Berufsverständnisses, welchem die Leitidee der Förderung aller Kinder und Jugendlichen zugrunde liegt. Und ebenso wird die Schule ihr Profil in der ästhetischen Erziehung (Kunst, Musik, Darstellung) sichern können.
Es ist nicht nur unrichtig, sondern auch unfein, der Schulleiterin, Frau Brühl, und mir in den Mund zu legen, es sei zu erwarten und es werde hingenommen, die Schule werde an Qualität verlieren.

Auch hier zur Erinnerung: Die seitens der SPD wiederholt aufgeworfene Frage der Schulqualität fand nie sonderliche Resonanz seitens der CDU. Auch die erschreckende Zahl von Schulversagern an den übrigen Schulen führte bisher noch nicht zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema Schulqualität.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier nicht um die Frage der Schulgröße und um Schulqualität geht, sondern vielmehr darum, die Entscheidung für die Zweite Gesamtschule weiter aufzuschieben. Klar ist: Aus der Rückführung auf Vierzügigkeit am Nussberg ergibt sich logischerweise, dass wir an anderer Stelle in einer zweiten Gesamtschule weitere Plätze anbieten müssen – um Ersatz zu schaffen und um der Nachfrage etwas besser gerecht werden zu können.

Diese Nachfrage seitens der Eltern verlangt nach mehr Gesamtschulplätzen – an einer Schule also, die den Kindern auch den Weg zum Abitur anbietet. Das ist an der nun von CDU-Seite ins Spiel gebrachten neuen "Sekundarschule" nicht der Fall. Sollte freilich der Elternwille zukünftig ein solches Schulangebot erforderlich machen, sind sicher alle Fraktionen zu weiteren Entscheidungen bereit. Derzeit erfordert die Anmeldezahlen jedoch eindeutig die Bereitstellung von mehr Gesamtschulplätzen, im Sinne des Schulgesetzes, welches gebietet, das "Wahlverhalten der Eltern" zu respektieren.

Auch die jetzt von CDU-Seite geforderte interkommunale Abstimmung kann und darf nicht dazu führen, dass die Stadt Iserlohn die schon längst fällige Errichtung der zweiten Gesamtschule weiterhin aufschiebt und abwartet - in der vagen Hoffnung, dass irgendwann irgendeine der Nachbargemeinden irgendeine Schule errichtet, in die wir dann möglicherweise unsere Iserlohner Kinder schicken könnten.

Dass wir mit den Nachgargemeinden sprechen müssen, versteht sich von selbst und ist ohnehin gesetzlich vorgeschrieben. Die Iserlohner Eltern erwarten indessen von uns, dass wir ihren Kindern nun endlich das nachgefragte Schulangebot machen – und zwar in Iserlohn.

Bei allem Verständnis dafür, dass es wehtut, bei wegweisenden schulpolitischen Entscheidung im Abseits zu stehen und akzeptieren zu müssen, dass diese auch ohne die CDU gefällt werden – der Ton der Auseinandersetzung sollte halbwegs angemessen bleiben. Persönliche Attacken sind nicht hilfreich und die geäußerten Meinungen sollten auf Fakten beruhen. Fairness und Sachlichkeit hätte die Diskussion um die Frage, wie die Iserlohner Schullandschaft der Zukunft aussehen soll, sicherlich verdient.

Manfred Minzberg (SPD)
schulpolitischer Sprecher

Autor:

Dimitrios Axourgos aus Iserlohn

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