Bei rechtswidrigen Ein-Euro-Jobs besteht künftig Anspruch auf volle Lohnzahlung

In einer ersten Entscheidung hat das Bundessozialgericht (BSG, B 14 AS 98/10, 13.04.2011) einen Grundsicherungsträger zum Wertersatz für geleistete Arbeit eines Erwerbslosen verurteilt. Dieser war verpflichtet worden, den Umzug eines städtischen Amtes mit vorbereiten. Der Mann hatte gegen die Bezahlung als Ein-Euro-Job geklagt und Tariflohn gefordert.

Das Bundessozialgericht (BSG) stufte die aufgetragene Arbeit als Umzugshelfer des Amtes als „nicht zusätzlich“ und die Arbeitsverpflichtung des Klägers damit als rechtswidrig ein. Im Ergebnis liege eine Leistung an den Grundsicherungsträger vor, an dem dieser sich bereichert hat Damit stehe dem Kläger ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu.

Quelle:
http://www.dgb.de/themen/++co++89817388-7006-11e0-6d61-00188b4dc422/@@index.html?k:list=Sozialpolitik

Die so genannten Arbeitsgelegenheiten sind als „Leistungen zur Eingliederung“ gem. § 16 SGB II an mehrere Bedingungen geknüpft, z.B.:

• Zusätzlichkeit
• Gemeinnützigkeit
• Wettbewerbsneutralität

Ein gerichtsfester SGB II-Kommentar definiert z.B.

Zusätzlichkeit

„Nach ihrer Art sind Arbeiten nicht zusätzlich, wenn sie ohne Verzug oder innerhalb bestimmter Fristen durchzuführen sind oder üblicherweise ohne Verzug durchgeführt werden. Hierzu gehören ua. laufende Instandsetzungs-,
Wartungs-, Unterhaltungs- und Verwaltungsarbeiten sowie alle Arbeiten, die ihrer Natur nach oder nach allgemeinen Rechts- und Verwaltungsgrundsätzen für eine ordnungsgemäße Aufgabenerledigung unaufschiebbar sind (allgemeine Ansicht: vgl nur Binder aaO). Mit Rücksicht auf den Umfang der Arbeiten liegt Zusätzlichkeit dann nicht vor, wenn sie ein bestimmtes Mindestmaß aus einer rechtlichen Verpflichtung nicht übersteigen bzw bei juristischen Personen üblicherweise in einem bestimmten Maß ausgeführt werden. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig (vgl zu Kriterien Binder aaO RdNr 27f).
Wenn keine der genannten Alternativen (Art und Umfang) der Arbeiten eingreift, kann Zusätzlichkeit aufgrund des Zeitpunkts ihrer geplanten Durchführung bejaht werden. Insoweit ist eine Zusätzlichkeit immer anzunehmen, wenn sie erst zwei Jahre oder später nach Antragstellung durchgeführt würden (Argument aus § 261 Abs 1 S 2 SGB III). Ansonsten sind die Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Die Zwei-Jahres-Grenze gilt jedoch in einem absoluten Sinn bei Arbeiten, die auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen. Die rechtliche Verpflichtung kann gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Natur sein. Es genügt nicht ein allgemein beschriebener Aufgabenkreis ohne zwingende Vorgabe (BSG 30. 9. 1992, 11 RAr 3/92). Auch solange die Übernahme der Aufgabe noch im Ermessen einer Behörde liegt und keine diesbezüglich bindende Entscheidung des maßgeblichen Gremiums vorliegt, besteht noch keine Verpflichtung iS der Regelung (Binder in Eicher/Schlegel § 261 RdNr 35, Stand 8/2004). Das Fehlen finanzieller Mittel kann alleine keine Zusätzlichkeit begründen (Binder aaO RdNr 36).“

Eicher-Spellbrink - SGB II, 2. Auflage, Rn 220 ff, S.509

Das Urteil ist z.Zt. noch nicht im Volltext verfügbar, wird aber in Kürze unter
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/
eingestellt werden.

Das wird die Stunde der Kläger sein.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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