Bei Krankheit kein Terminzwang zum Personalgespräch

In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, 10 AZR 596/159, vom 02.11.2016 hat die 10. Kammer über eine Teilnahmeverpflichtung zu einem Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit entschieden.
tagesschau.de

Die Pressemitteilung des BAG Nr. 59/16 vom 04.11.2016 fasst den Tenor der Entscheidung zusammen:
Teilnahme an einem Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit

„Ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.“
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2016&nr=18933&pos=0&anz=59&titel=Teilnahme_an_einem_Personalgespr%E4ch_w%E4hrend_der_Arbeitsunf%E4higkeit#druck

Der Kläger wehrte sich durch alle Instanzen erfolgreich gegen eine Abmahnung, die er erhalten hatte, weil er mehrfach den Einladungen zum Gespräch während der Zeit seiner Krankschreibung nicht nachgekommen war.

Die Pressemitteilung erwähnt ausdrücklich die Forderung des Arbeitgebers nach einem „speziellen ärztlichen Attest“:
„Die Beklagte übersandte ihm eine neuerliche Einladung für den 11. Februar 2014, die mit dem Hinweis verbunden war, der Kläger habe gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen. Auch an diesem Termin nahm der Kläger unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht teil.“

Allerdings eröffnete das Gericht dem Arbeitgeber grundsätzlich ein Ausnahmerecht unter den strengen Auflagen, dass ein persönliches Gespräch „ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar“ und der Arbeitnehmer dazu „gesundheitlich in der Lage“ sei.

Für eine solche Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

Jobcenter - die Sanktionswut der Behörde

Das sieht natürlich bei Erwerbslosen die im SGB II-Bezug stehen dann doch etwas anders aus. Denn selbst bei Vorlage einer Krankmeldung sind alle Termine bei der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern einzuhalten, ansonsten droht der Entzug der Lebensgrundlage.

Die einzige Möglichkeit besteht, wenn der Arzt eine Wege- Reiseunfähigkeitsbescheinigung ausstellt, eine separate.

„Die Sanktionswut der Behörden macht auch vor Krankheit keinen Halt. Ein Jobcenter sanktionierte einen Hartz IV Bezieher, der zu einem Termin nicht erschien, obwohl dieser eine Krankmeldung vorlegte. Dieser wehrte sich vor einem Sozialgericht und verlor. Das Gericht war der Auffassung, dass hier eine „Leistungskürzung nach dem SGB II ausnahmsweise erlaubt sei, da der Kläger keine Reiseunfähigkeitsbescheinigung vorlegen konnte“, so das Sozialgericht Frankfurt am Main (Az. S 26 AS 795/13).“
marigny.degrilleau

Jobcenter – Sonderrechte, aber keine nennenswerte Sonderleistung

Vor dem Gesetz sind alle gleich – bis auf die Hartz IV-Bezieher. Die gelten bei Vielen als Abschaum.

Während also Arbeitgebern eine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügen muss, um den Genesungsprozess ihrer Arbeitnehmer zu akzeptieren, fordern Jobcenter vermehrt lustige Sonderregeln und Spezialzertifizierungen ein.

Herrliche neu Wortschöpfungen überfordern Ärzte und Behörden: Bettlägerigkeitsbescheinigung, Wegeunfähigkeitsbescheinigung und Reiseunfähigkeitsbescheinigung statt: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU).

Allerdings wird kein geistig gesunder Arzt einem hochinfektiösen Grippepatienten Wegeunfähigkeit bestätigen, und einem Durchfallpatienten, der seinen Tag auf der Toilette zubringt, Bettlägerigkeit.
Aber neue Vokabeln finden den Weg in die Fachliteratur wie z.B. „Hartz-Phobie“ und „Verfolgungsbetreuung“.

Also
"zunächst zum Arzt REISEN...
..damit dieser dann bescheinigt, dass man das gar nicht gekonnt hätte.
Das JobCenter erkennt dann genau daran, das eine Reiseunfähigkeit faktisch nicht vorlag
und es sich um ein "Gefälligkeitsattest" handelt...
Wer behauptet, Juristen seien vernuftbegabte Wesen, kann auch behaupten, das Pantoffeltierchen sei in der Nahrungskette ganz oben..!
Das Ganze entspricht in vielen Fällen einer Aufforderung die Nichtexistenz eines Beweises zu beweisen - um es einem Juristen zu erklären.
Aber dass das Ganze Schwachsinn ist, muss niemand mehr breittreten! "
beispielklagen.de

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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