Stammzellenspende: So kann man Leukämie-Kranken das Leben retten!
Einmal links, einmal rechts und zur Sicherheit noch einmal hinterher - mit drei Wattestäbchen und drei Abstrichen ist es bereits getan: Die Aufnahme in die Registrierungs-Kartei als potenzieller Stammzellenspender. Tut gar nicht weh. So eine Registrierungsaktion fand jetzt am Ricarda-Huch-Gymnasium in Hagen statt.
"Geboren, um zu leben" klingt aus den Lautsprechern der Aula an der Voswinckelstraße. Zum zweiten Mal hat Antje Gritzka die Oberstufe des Ricarda-Huch-Gymnasiums dazu eingeladen, sich mit den Themen Leukämie und Stammzellspende auseinander zu setzen. Und sich anschließend - freiwillig natürlich - auch selbst registrieren zu lassen.
Sohn Ben ist an Leukämie erkrankt
Während der Unheilig-Song noch ausklingt, ringt die Lehrerin auf der Bühne schon um Worte. Nicht bloß, weil ihre Stimme krankheitsbedingt angegriffen ist, sondern vor allem aufgrund der Erinnerung an die wohl schwierigste Zeit in ihrem Leben. "Was habt ihr am Mittwoch, den 16. Juni 2010 gemacht?", beginnt sie ihren berührenden Vortrag. "Der Tag hat sich bei mir ins Gedächtnis gebrannt, für immer."
Acht Jahre ist es mittlerweile her, dass der damals zweieinhalbjährige Ben, ihr Sohn, die Diagnose Blutkrebs erhielt. "Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen." Auch weil derartige Erkrankungen in der Familie nie aufgetreten waren. Und dennoch: So weit angegriffen war der Körper des kleinen Jungen bereits, dass es direkt in die Düsseldorfer Uniklinik und keine fünf Stunden später in seine erste Chemotherapie ging. "Irgendwann hat mich mein Sohn mal gefragt: Mama, werde ich wieder gesund oder muss ich sterben?" In der Aula herrscht jetzt Totenstille.
An ihren eigenen Erfahrungen entlang hangelnd beginnt Antje Gritzka den Krankheitsverlauf laiengerecht darzustellen. Sie berichtet von den weißen Blutkörperchen, davon, dass die Krankheit vor allem bei Kindern auftritt. Sie erzählt von dem "Chemokasper", dem Buch, aus dem sie ihrem Ben vorgelesen hat. Und von der Haarfee, die zwar Haare mitnimmt, dafür aber ein Geschenk hinterlässt. In Bens Fall einen Bagger. Seinen ersten. Nach acht Monaten Krankenhaus und 20 Chemo-Blöcken habe die Fee alle Haare sogar wieder zurück gebracht.
Stammzellentransplantation - Spender Niels Domogalla berichtet
Bei Ben hat die Therapie angeschlagen. Andernfalls wäre eine Stammzellentransplantation vonnöten gewesen. Und dann wäre ein Spender, wie Niels Domogalla einer ist, ins Spiel gekommen. "Bei mir hat alles vor vier Jahren in Hagen begonnen", erinnert er sich. "So ähnlich wie hier." An seiner Berufsschule habe eine Registrierungsaktion stattgefunden, nachdem ein Verwandter eines Mitschülers an Leukämie erkrankt war. "Ich hatte meine Aufnahme dort längst vergessen, als ein Jahr später der dicke Umschlag der DKMS kam", so der Wittener. Es folgten diverse Arztbesuche, Blutabnahmen, ein Gesundheitscheck - und schließlich ging es für ihn ins Krankenhaus. "Wenn der Spender gesund ist und geprüft wurde, ob die Gewebemerkmale hundertprozentig zueinander passen, dann kommt es zu der OP", weiß auch Antje Gritzka. Bis auf die üblichen Risiken einer Operation müsse sich der Spender aber keine Sorgen machen. Das Knochenmark regeneriere sich vollständig innerhalb von nur zwei Wochen, um jegliche Kosten und die Freistellung von der Arbeit kümmere sich die DKMS. "Und es ist so wichtig", weiß die Lehrerin, denn den passenden Spender zu finden sei die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Abstrich an der Wangenschleimhaut
"Dein Typ ist gefragt!", animiert sie die Q2-Schüler deshalb, sich gleich in die Kartei aufnehmen zu lassen. Und das ist kinderleicht, wie auch die Schüler des neunten Jahrgangs wissen, die sich als Helfer zur Verfügung gestellt haben. "Ein Wattestäbchen an die rechte Wangenschleimhaut, eins an die linke, eines an beide und ab damit in die Tüte", weiß die 15-jährige Ilke Özer. Gemeinsam mit den Spendern füllt sie noch die Fragebögen aus und fertig. Am Ende sind es 82 Registrierungen an diesem Tag. "Kann ja nicht schaden", meinen die meisten Schüler. "Bisher ist es ja nur daran gescheitert, dass sich nicht der passende Anlass ergeben hat", so die 18-jährige Isabelle. "Obwohl ich ja jetzt ein halbes Jahr in Neuseeland bin und hoffe, dass nicht dann ausgerechnet ein Anruf kommt und ich nicht helfen kann." Denn dass sie auch im Notfall, der bei den meisten potenziellen Spendern gar nicht eintritt, mutig genug sind, sich der Prozedur zu stellen, ist für die meisten Schüler keine Frage. Und das zahlt sich aus, wie die Geschichte von Niels Domogalla zeigt: "Meine Spende ging an eine 42-jährige Amerikanerin, die ich jetzt schon zwei mal in den USA besucht habe und sie war auch schon in Deutschland." Entscheidend seien aber keine Urlaube oder Dankesgeschenke. "Dann macht es lieber nicht, dafür nicht." Vielmehr entstehe durch die Lebensrettung oft eine ganz besondere Verbindung. "Wir hatten Glück, andere nicht", betont auch Antje Gritzka. "Deshalb ist die Lebensretter-Karte auch meine liebste im Portemonnaie - zumindest neben der EC-Karte", grinst sie, denn das kann sie jetzt wieder.
Mehr Infos hier: www.dkms.de
Autor:Sara Drees aus Dortmund |
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