Kampfmittelräumdienst - der Umgang mit der Gefahr

Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg: Die - selbstverständlichen entschärften - Fundstücke lagern im Gebäude der Bezirksregierung im Hagener Norden. Im Jahr 2011 wurden allein im Gebiet Westfalen Lippe pro Woche rund fünf bis sechs  Bomben, 35 Granaten und 16 andere Kampfmittel (Minen, Handgranaten) gefunden.
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  • Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg: Die - selbstverständlichen entschärften - Fundstücke lagern im Gebäude der Bezirksregierung im Hagener Norden. Im Jahr 2011 wurden allein im Gebiet Westfalen Lippe pro Woche rund fünf bis sechs Bomben, 35 Granaten und 16 andere Kampfmittel (Minen, Handgranaten) gefunden.
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Auch 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind sie täglich damit beschäftigt, die Geschichte aufzuarbeiten und zum Teil unter Lebensgefahr Reste dieses Krieges zu entsorgen: 37 Mitarbeiter gehören zum Kampfmittelbeseitigungsdienst, der von Hagen aus ausrückt, um die Bomben zu entschärfen, die immer noch im Boden schlummern.
hagen. Mit modernster Technik und Akribie gehen die Mitarbeiter vor, um die Blindgänger ausfindig zu machen. Laut Statistik war eine von zehn Bomben, die während des Krieges abgeworfen wurden, ein Blindgänger - und das Ruhrgebiet war in NRW am stärksten von den Luftangriffen betroffen. Vor und nach jedem Luftangriff kontrollierten die Alliierten mit Aufklärungsflügen und Kameras die Situation. Bilder, die heute dem Kampfmittelbeseitigungsdienst zur Verfügung stehen und Grundlage der Arbeit sind: „Wir haben 130.000 Luftbilder in der Bearbeitung“, so Ubbo Mansholt, der diese Bilder miteinander vergleicht und anhand der Kratergröße Anhaltspunkte bekommt, wo ein Blindgänger liegen könnte.
Zwischen drei und neun Meter in der Erde liegen die gefährlichen Sprengkörper. Ist der Verdachtspunkt ausgemacht, kümmert sich Dr. Henner Sandhäger mit seinem Team vor Ort um die genaue Lokalisation: „Wir bedienen uns der Magnetik. Eisen verursacht lokale Verzerrungen im Erdmagnetfeld, die versuchen wir zu finden.“ Mit sensiblen Messgeräten, ähnlich wie herkömmlichen Metallsuchgeräten, wird jeder Quadratzentimeter systematisch abgesucht, im Zweifelsfall auch mit Sonden in der Tiefe, um dem Objekt näherzukommen. „Wenn allerdings zum Beispiel ein großer Bagger auf der Baustelle steht oder Bauschutt verteilt wurde, können wir direkt wieder fahren“, so der Geologe, „Bauschutt enthält über die Ziegel viel Eisen, da ist jede Untersuchung sinnlos.“
Ist die Bombe gefunden, kommt der Räumtrupp zum Einsatz.
„Mit den mechanischen Zündern haben wir wenig Probleme“, erklärt Reinhold Schmitz, technischer Einsatzleiter. „Diese Zünder kann man abschrauben.“ Abgeschraubt wird aus der Ferne: Über Drehvorrichtungen, die ferngesteuert und monitorüberwacht die Zünder entfernen. Zünder mit Ausbausperre, die beim Versuch explodieren, können ausgefräst werden. Aber auch das kann lebensgefährlich sein: „Die Bomben mit Langzeitzündern sind die, die wirklich problematisch sind. Wenn es in der Vergangenheit Unfälle gegeben hat, dann nur mit diesen“, weiß der Experte. „Die Kollegen, die in Göttingen ums Leben kamen, wollten das Gerät nur neben der Bombe positionieren, sie haben die Bombe nicht einmal berührt.“
Bei den Langzeitzündern wird der Zündungsstift mit der Spannfeder durch ein Zelluloidplättchen gehalten, das sich unter Acteon langsam auflöst. Selbst wenn die Acetonkapsel intakt ist, verrotten die Zelluloidplättchen dennoch: „So eine Bombe kann jederzeit hochgehen!“ Diese sogenannten Spontandetonationen werden etwa einmal im Jahr registriert.
Es sind übrigens nicht die Zufallsfunde, die das Team hauptsächlich beschäftigen, sondern die Aufträge des Ordnungsamtes: Die Überprüfung der Grundstücke bei Bauanfragen bilden das Tagesgeschäft. Für eine solche Anfrage werden rund 80 Luftbilder ausgewertet, die Bearbeitung dauert bis zu vier Wochen. „Aber da, wo noch richtig viel zu holen ist, können wir nicht hin, weil wir schlichtweg den Auftrag nicht bekommen, da wird nicht gebaut“, erklärt Dr. Henner Sandhäger, „wir wissen, dass in den Waldgebieten rund um Hagen noch viele Blindgänger in der Erde sein müssen.“

Autor:

Anja Seeberg aus Hagen

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