Benjamin Ansari und die Erinnerung an den Völkermord in Ruanda
Benjamin Ansari, Pfad.finder-Stipendiat der Uni Witten/Herdecke (UW/H), ist zurück aus Ruanda. Dorthin war er Anfang Juni aufgebrochen, um das Leben der Leute im Land filmisch zu dokumentieren und in Interviews aufzuarbeiten, wie besonders die junge Generation mit der Erinnerung an den Genozid vor 21 Jahren umgeht. In den ersten drei Wochen seines Aufenthalts begleitete ihn sein Großvater, der fast zehn Jahre als Entwicklungshelfer im Land tätig war und auch die Zeit des Völkermords 1994 hautnah miterlebt hat. "Er hat mir viele Türen geöffnet und mir einige interessante Leute vorgestellt", zeigt sich der 17-Jährige dankbar für die Hilfe. In den letzten Wochen wollte er aber bewusst alleine im Land klarkommen und auch die Interviews für seinen Film führen. "Das hat auch alles sehr gut geklappt", erzählt Benjamin Ansari. "Die Offenheit der Leute war sehr groß, das hat mich beeindruckt."
Besonders auf dem Land sei er extrem freundlich empfangen worden. "Es ist zwar schon ein bisschen komisch, wenn man von allen permanent als 'Muzungu' (Weißer) gerufen und angestarrt wird. Dabei freuen sich besonders die Kinder aber immer unglaublich und strahlen über das ganze Gesicht. Egal, wo man ist: Die Leute freuen sich extrem, Ausländer zu sehen. Natürlich ist es schön, wenn man Leuten, die meist so wenig haben, so viel Freude bereiten kann, nur indem man da ist. Sogar viele Ältere winken begeistert und fragen 'Amakuru' (Wie geht's?)?" Nachdenklich schreibt er dazu in seinem Blog: "Ich frage mich, ob man als Schwarzer in Deutschland auch so freundlich begrüßt wird."
Bis sein Film fertiggestellt ist, wird es allerdings noch eine Weile dauern: Aus Ruanda mitgebracht hat er 20 Stunden Filmmaterial, zehn Stunden Interviewmaterial, dazu möchte er auch acht Stunden alter Aufnahmen seines Großvaters sichten und verwenden. Benjamin Ansari: "Die erste Minute des Films ist schon fertig geschnitten. Ansonsten steht derzeit erst einmal eine umfängliche Sichtung und Beurteilung des ganzen Materials an."
Das wichtigste Wort, das ihm im Zusammenhang mit den tragischen Geschehnissen beim Völkermord vor 21 Jahren begegnet ist, lautet "Kwibuka". "Frei übersetzt bedeutet es: Erinnert Euch!", erläutert Benjamin Ansari. "Überall im Land stößt man auf Plakate mit dieser Aufschrift, oft in Kombination mit der 21 und drei Wörtern: Remember - Unite - Renew. Erinnert wird dabei an die schrecklichen Ereignisse vor 21 Jahren, als im Völkermord an der Tutsi-Minderheit in nur 100 Tagen 800.000 Menschen auf bestialische Weise ermordet wurden, mit Macheten, Knüppeln, Gewehren, von Nachbarn, Freunden, sogar von den nächsten Verwandten. Die über 300 Gedenkstätten des Landes geben Zeugnis von der Grausamkeit dieser Tage und halten die Erinnerung an den Genozid wach."
Das Land mit seinen knapp 12 Millionen Einwohnern ist ihm während seines Aufenthalts auf jeden Fall sehr ans Herz gewachsen. "Hier sind die Fortschritte, vor allem natürlich in Kigali, unübersehbar. Viele Ruander sind zu Recht sehr stolz auf das, was ihr Land seit 21 Jahren geleistet und was es alles erreicht hat. Ruanda ist es auf jeden Fall zu wünschen, dass all diese Erfolgsgeschichten weiter Bestand haben und die Vision 'Remember - Unite - Renew' kein Traum bleibt."
Neben den Arbeiten an seinem Projekt fand Benjamin Ansari aber auch noch die Zeit, sich selbst einen kleinen Kindheitstraum zu erfüllen. "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Vulkan besteigen würde", freut er sich. Wie er das Fußball-Pokalfinale im Amahoro-Nationalstadion, einen Tag im mondänen Badeort Gisenyi und seine Teilnahme am "Umuganda", bei dem einmal im Monat alle Ruander gemeinsam eine öffentliche und für die Allgemeinheit wichtigen Arbeit verrichten, erlebt hat, lesen Sie in seinem Ruandaprojekt-Blog (https://ruandaprojekt.wordpress.com).
"Dass ich mich auf das Pfad.finder-Stipendium der Uni beworben und es sogar gewonnen habe, war das Beste, was mir passieren konnte", so Benjamin Ansari. "Ich hatte viel Spaß und habe viel gelernt. Dadurch hatte ich die tolle Möglichkeit, mein Projekt umzusetzen. Die hätte ich ohne das Stipendium nicht gehabt. Ich finde die Idee sehr positiv und kann nur allen jungen Menschen, die auch ein eigenes Projekt umsetzen möchten, dass ihnen am Herzen liegt, raten, daran teilzunehmen."
Autor:Lokalkompass Hagen aus Hagen |
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