Bekam es soeben, fand ich so lustig
Der Widerstand gegen Pink ist zum Scheitern verurteilt
Rosa trat exakt 24 Stunden nach der Geburt meiner Tochter in unser Leben: in Form eines Plüschanzugs in Schweinchenrosa, verziert mit pinken und lila Herzen. Glücklicherweise war das Teil vier Nummern zu groß, passte erst im nächsten Sommer und konnte angesichts tropischer Temperaturen im Schrank vergraben bleiben. Aber der Kampf gegen den Einzug der Prinzessinnenfarbe in meinen Haushalt war offiziell eröffnet. Während ich damals noch naiv glaubte, meine Tochter durch Farbalternativen geschmackvoll konditionieren zu können, musste ich jetzt lernen: Widerstand gegen die allgegenwärtigen Konsumanregungen, Mädchen in jedem Lebensbereich mit rosa Sachen einzudecken, ist fast zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Denn Bekleidungs- und Spielzeugindustrie haben übermächtige Verbündete: die Geschichte der Menschheit, unsere Gene und die Kraft der Farben.
„Rottöne waren schon immer Frauensache, Blau gehört seit jeher in die Männerdomäne. Diese Informationen sind in unseren Genen gespeichert“, stellt Professor Harald Braem, Farbforscher am Institut für Farbpsychologie im hessischen Bettendorf, fest. Schlicht, weil Frauen im Sammlerzeitalter Beeren gesucht haben, während die Männer eher Himmel und Wasser im Blick hatten. Darauf sind wir heute immer noch geeicht. Die blassen, helleren Töne für den Nachwuchs sind einfach „jüngere“ Versionen der Ausgangsfarben. Die traditionellen Farbzuweisungen könne man weltweit und in allen Religionen beobachten, behauptet Braem. Er widerspricht der Verallgemeinerung, dass Rosa in der westlichen Welt früher eher von Jungs getragen wurde, abgeleitet vom Rot der militärischen Uniformen, wie es in mancher Literatur heißt. Erst nach dem ersten Weltkrieg hätte sich das Blau der Arbeiter und Matrosen als Männerfarbe durchgesetzt, gab es Himmelblau für Jungs und im Gegenzug dann das Rosa für Mädchen. „Das war aber eigentlich nur regional so, zum Beispiel beim englischen Adel“, meint hingegen Braem.
Behütet auf rosa Wolken schweben
Grundsätzlich tragen wir von Farben ganz archetypische Vorstellungen in uns, assoziieren sie mit Naturphänomenen und leiten daraus ihre Bedeutung für uns ab: Schneeweiß kann nur etwas ganz Reines sein, Rosenrot liebt leidenschaftlich, Sonnengelb ist fröhlich, Nachtschwarz reichlich unheimlich. Das funktioniert genauso mit Himmelblau. Und eben mit Babyrosa. Die Farbe spricht so ziemlich alles Gute im Menschen an. Sie stimmt sanft und zärtlich, verführt zum Streicheln und Liebkosen, zu einem vorsichtigen Umgang. Oder wie Professor Braem es gern nennt: „Wenn man Rosa sieht, hat man Beißhemmung.“ Das geht Frauen wie Männern so. „Deshalb finden es Väter meist völlig in Ordnung, wenn Töchter Rosa tragen.“
Wahrnehmung und Effekt jeder Farbe liegen in ihrer individuellen Wellenlänge begründet. Farben sind Reflektionen des Lichts und werden vom Auge genauso unterschiedlich aufgenommen wie Töne vom Ohr. Jede Farbe spricht ein anderes Areal im Gehirn an und entfaltet eine charakteristische Wirkung. Das zarte Rosa geht uns dabei direkt zu Herzen. „Rosa enthält die feineren Qualitäten des intensiven, warmen, Leben gebenden Rots. Es symbolisiert Liebe und Zuneigung ohne Leidenschaft“, schreibt Farbtherapeutin Christa Muths in ihrem Büchlein „Farbtherapie“. Und: „Jemand, dessen Lieblingsfarbe Rosa ist, wünscht sich eine besondere Behandlung von der Umwelt und ein beschütztes Leben.“ Kein Wunder also, dass kleine Prinzessinnen, die auf Händen getragen werden möchten, Rosa so lieben – und Lillifee zu ihrer besten Freundin machen. „Alle Prinzessinnen und Feen hatten immer Rosa an, genau wie meine Puppe. Das wollte ich auch“, weiß die inzwischen elfjährige Donna noch ganz genau. „Schon mit zwei hat sich Donna ganz unbeirrbar rosa Kleidung im Laden ausgesucht“, bestätigt ihre Mutter Dörte Bohrer, die das ursprünglich zwar nicht sonderlich erquicklich fand, sich aber nicht querstellte. Ergo gab es im Hause Bohrer für einige Jahre das komplette Lillifee-Programm inklusive pinker Wände, Ballerinakleidchen, Krönchen, blinkendem Herzzepter und stilechtem Partnerlook mit der Lieblingspuppe.
Autor:Franziska Pfleum aus Hagen |
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