(K)ein Jahr verschenkt
Eigentlich hatte der Bundesfreiwilligendienst vor allem eine Aufgabe: Den Wegfall der Wehrpflicht seit 2011 und somit den Ausfall vieler Zivildienstleistenden in sozialen Einrichtungen abzufangen. Über den Bundesfreiwilligendienst steht jedem, der die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat, die Möglichkeit offen, ein Jahr in einer sozialen, ökologischen oder kulturellen Einrichtung zu absolvieren. Eine neue Kultur des Helfens ist entstanden, die gerade jungen Menschen interessante Perspektiven bietet.
Kerstin Gorny, Lisa Derst und Max Meißner, alle drei 20 Jahre alt, haben in diesem Jahr genau diese Möglichkeit genutzt und ein Jahr in unterschiedlichen Bereichen der Einrichtung „Wohlbehagen“ absolviert - sie waren ein Jahr lang „Bufdi“.
Kerstin Gorny entschloss sich nach dem Tod ihrer Großmutter, an deren Pflege sie sich beteiligt hatte, zu einem Freiwilligen Jahr in der Langzeitpflege: „Ich wollte nach dem Abitur erst mal schauen, was ich beruflich wirklich machen will, ich interessierte mich eigentlich für ein Medizinstudium.“ Der Umgang mit den Menschen und dem Team begeisterte die junge Hagenerin: „Es macht einfach Spaß, man bekommt so viel zurück!“ Bei der Berufswahl hat das „Bufdi“-Jahr entscheidend geholfen. Kerstin Gorny hat sich nun doch für Jura entschieden. Das Freiwillige Jahr bietet ihr aber noch einen weiteren Vorteil: Sie kann ihre Tätigkeit als Minijob fortsetzen.
Willi Strüwer, Geschäftsführer von Wohlbehagen, ist stolz auf seine „Bufdis“: „Wir haben bisher nur ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht, die jungen Leute bereichern unser Team.“
Lisa Durst absolvierte ihr Jahr in der Verwaltung und Betreuung im Lukaspark. Der Umgang mit Demenzkranken fiel ihr anfangs nicht leicht: „Am Anfang ging es an die Substanz, wir haben keine dementen Leute in der Familie. Das kostet Überwindung, ich habe mich unsicher gefühlt.“ Dann aber lernte sie, in schwierigen Situationen auch zuzupacken. Dabei halfen vor allem die Seminare, in denen die Freiwilligen geschult werden und sich gegenseitig austauschen können. Denn eine fundierte Ausbildung und Schulungen sind fester Bestandteil beim Bundesfreiwilligendienst - im Gegensatz zu manchen Praktikumsplätzen, die wenig bieten. Lisa wollte nach dem Abitur vor allem „abtauchen in den Umgang mit Menschen“ - und diese Zeit, da ist sie sich sicher, hat zu ihrer persönlichen Entwicklung beigetragen. Ein Umstand, den auch ein Personalleiter bei dem Bewerbungsgespräch für einen Ausbildungsplatz zur Industriekauffrau sehr interessierte. Offenbar gab es Pluspunkte: Lisa hatte den Ausbildungsvertrag direkt in der Tasche.
Max Meißner ist seit März in der ambulanten Einrichtung in Hohenlimburg und unterstützt die Pflegekräfte bei Fahrten, stundenweiser Betreuung, geht mit Patienten spazieren oder spielt mit ihnen Spiele und entlastet so auch die Angehörigen. Eigentlich ist er auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle, aber auch ihm macht die Arbeit Spaß - auch Max kann auf Honorarbasis seine Hilfe fortsetzen.
„Das Angebot des Bundesfreiwilligendienstes hat so eingeschlagen, dass im vergangenen Jahr alle Plätze bei uns belegt waren“, freut sich Willi Strüwer. Und betont: „Die Bufdis ersetzen bei uns keine Arbeitskraft, sie sind zusätzlich bei uns. Und unsere Bewohner sehen sie als Enkelkinder.“
In Hagen gibt es viele anerkannte Stellen für den Bundesfreiwilligendienst, Pflegeeinrichtungen, aber auch Kindergärten, Schulen Sportvereine, Museen und das Theater zählen zu den zertifizierten Stellen. Wer sich für ein freiwilliges Jahr interessiert, kann sich unter www.bundesfreiwilligendienst.de genauestens informieren.
Autor:Anja Seeberg aus Hagen |
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