Soli, Bafög & Co
Hagen, 24. Juli 2013 Das deutsche Steuersystem ist in den vergangenen Jahren ungerechter geworden. Während insbesondere Vermögende und Unternehmen entlastet wurden, müssen Beschäftigte immer mehr zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen. In Zeiten, in denen der Staat mit rund 500 Milliarden Euro überschuldet ist, erscheinen Soli und Bafög ein bequemer und beliebiger Weg zu sein, Steuerlöcher zu stopfen. Damit nicht genug, es ist eine ganze Reihe von Belastungen die den Steuerzahlern zugemutet werden.
Der Solidaritätszuschlag beträgt nach §4 SozG 5,5 Prozent der Lohn-/Einkommensteuer, davon sind Bruttomonatseinkommen bis 1397,99 € in der LStKl I und bis 2642,99 € in der LStKl III nicht mit dem Solidaritätszuschlag belastet. Die Einnahmen aus dem Soli lagen bis 2009 bei 187 Milliarden Euro und dürften schätzungsweise 2020 bei 250 Mrd. Euro liegen. In der christlich/liberalen Koalition verschärft sich der Streit über die Zukunft des Soli. Die FDP warnt Merkel über das Jahr 2019 hinaus am Soli festzuhalten.
Die Kanzlerin weist darauf hin, dass „der Soli nicht abgeschafft wird“, da er für den allgemeinen Haushalt benötigt wird. Die Milliarden wurden zweckentfremdend eingesetzt, z.B. für den Straßenbau. Da reichen die 53 Mrd. Euro Einnahmen aus der KFZ- und Mineralölsteuer nicht aus, obschon nur 19 Mrd. Euro dafür ausgegeben werden. Wie will sie das den Wählern erklären?
Rund 7,5 Millionen Menschen in Deutschland im erwerbsfähigen Alter können nach einer Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2011 kaum lesen und schreiben. Dazu kommen nach Erkenntnissen der Wissenschaftler etwa zwei Millionen totale Analphabeten. Und das in der viertgrößten und –reichsten Volkswirtschaft der Welt. Andererseits weisen Politiker gerne darauf hin, was sie alles für Bildung und Ausbildung unternehmen. Nach dem19. Bafög-Bericht zahlten 140.009 Darlehensnehmer ihre Darlehen in Höhe von (nach Abzug der Nachlassbeträge) insgesamt rund 503 Mio. Euro vorzeitig zurück. Die nachgelassenen Rückzahlungsbeträge summierten sich im Berichtszeitraum auf insgesamt. rd. 193 Mio. Euro.
Weitere 115,2 Mio. Euro Teilerlasse wurden wegen geringer Einkommen, Kinderbetreuung (67,5 Mio. Euro), wegen vorzeitiger Beendigung der Ausbildung (11,7 Mio. Euro) und überdurchschnittlicher Leistung (36 Mio. Euro) gewährt. Das sind Nachlässe von rund 308 Millionen Euro. Es ist nicht nachvollziehbar welche sozialen Maßstäbe angelegt werden. Es kann nicht Sinn und Zweck von Bafög sein, Studierenden einen Bildungsvorsprung und eine gesellschaftliche Besserstellung zu finanzieren, um ihnen nach erfolgreichem Abschluss rund 300 Millionen Euro zu schenken - Jahr für Jahr.
Annette Schavan begründet gegenüber Agenda 2011 – 2012 die Großzügigkeit des Staates wie folgt: „Es ist in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der öffentlichen Haushalte daher immer noch günstiger, mit überproportional hohen Nachlässen besonders hohe Rückzahlungssummen sehr viel früher vereinnahmen zu können als für den gesamten Rückzahlungszeitraum auf die ungekürzte (aber durch Inflation und Refinanzierungskosten schließlich wirtschaftlich deutlich geringere) Gesamtrückzahlungssumme zu warten.
Seit dem 1. Juli 2005 bestehen bei der Gesetzlichen Krankenversicherung, durch die Aufkündigung der paritätischen Beitragszahlung, ungleiche Beiträge von Arbeitgebern (7,3 Prozent) und Versicherten (8,2 Prozent). Die Differenz von 0,9 Prozent belastet die Beschäftigten jährlich mit rund 11 Milliarden Euro. Das sind bis 2020 weitere 130 Mrd. Euro Mehrkosten zu Lasten der Beschäftigten.
Die Arbeitnehmerentgelte betragen laut Statistischem Bundesamt 2012 rund 1.375 Mrd. Euro. Darauf zahlten sie Lohnsteuern von rund 161 Mrd. Euro. Das bedeutet, dass bei durchschnittlichen Lohnsteuern von 23 bis 42 Prozent rund 11,7 % für die Staatskasse übrig geblieben sind - damit kann kein Staat haushalten! Was nützt uns die mächtigste Frau der Welt, wenn sie hier nicht einschreitet. Im Gegenteil, sie präsentiert Wahlgeschenke in Höhe von 30 Milliarden Euro. Bei den Unternehmens- und Vermögenseinnahmen ergibt sich ein ähnliches Bild, von 657 Mrd. Euro Einnahmen flossen rund 132 Mrd. Euro in die Staatskasse, rund 20 Prozent.
Während Unternehmen ihre Gewinne in den letzten Jahren um 20 % steigern konnten, liegen die Beschäftigten bei den Lohnzuwächsen in Europa an der letzten Stelle. In der EU sind gesetzliche Mindestlöhne an der Tagesordnung. In Deutschland sind Niedriglöhne, Dumpinglöhne, Leiharbeit, Arbeitsverträge bei denen keine Sozialeistungen gezahlt werden, an der Tagesordnung. Laut Bertelsmann Stiftung sind niedrige Löhne und hohe Mieten das Tor zur Armut. In Jena gibt jeder 4. Haushalt über 50 Prozent seines Nettoeinkommens für Kaltmiete und Nebenkosten aus. Eine Millionen Menschen können ihre Mieten, eine Millionen Haushalte ihre Heizkosten nicht bezahlen, Tendenz steigend.
6,8 Millionen Beschäftigte die unter 8,50 Euro pro Stunde verdienen, 7,5 Millionen Regelsatz-Empfänger und 10 Millionen Rentner sind arm oder leben an der Armutsgrenze. Dazu kommen 2,5 Millionen arme Kinder und 2,5 Millionen Berechtigte, die aus Scharm oder Unwissenheit ihre Rechte nicht in Anspruch nehmen. Angela Merkel bleibt mit ihrer schwachen Schwarz-Gelben Koalition Antworten schuldig, wie sie die brennenden Probleme lösen und die Staatsschulden zurückführen will. Wohin soll das führen, was ist ihr Ziel?
Sie wollte Schaden vom Deutschen Volke wenden. Was hält sie davon, dass rund 29 % der Deutschen an der Armutsgrenze leben und keine Lobby hat? Sie sind sozial ausgegrenzt und bedürfen unserer besonderen Obhut. Das wird verheerende Folgen haben, ein dramatisch sinkendes Rentenniveau - Niedrigrenten. Wenn Geschenke, dann an Hoteliers oder nach dem Gießkannenprinzip, alle gleichermaßen zu bedenken. Die Wohltaten sollten einmal nur den Notleidenden zukommen. Es ist richtig, dass es nur den restlichen 71 % relativ gut gehen mag, was nicht der Anspruch deutschen Politik sein darf!
Welche Ziele die Initiative Agenda 2011 – 2012 anstrebt ist dagegen eindeutig. Sie steht steht für ein Sanierungsprogramm mit einem jährlichen Volumen von über 275 Mrd. Euro. Sie steht für ausgeglichene Haushalte, Rückführung der Staatsschulden, Steigerung der Binnennachfrage, mehr Kaufkraft und daraus resultierende höhere Unternehmensumsätze und mehr Gerechtigkeit – soziale Gerechtigkeit.
Dieter Neumann
Autor:Dieter Neumann aus Hagen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.