Die Sache mit dem Pferdefleisch
Der Pferdefleisch-Skandal, der uns in diesen Tagen überrollt hat, hat in meinem Bekanntenkreis schon die tollsten Stilblüten getrieben. Es gab an diesem Wochenende nichts, worin wir kein Pferdefleisch vermutet hätten - und wir haben herzlich dabei gelacht.
Gelacht? Richtig. Gelacht. Ein bisschen hilflos natürlich, das gebe ich gerne zu. Um zu erklären, warum ich herzlich mitlachen konnte, muss ich ein bisschen ausholen und aus dem Nähkästchen plaudern.
Ich selbst habe viele Pferde besessen (wenigstens zwanzig, eine Andalusier-Zucht und einige Reitpferde), die auf einer Reitanlage untergebracht waren, der ein Rinderzucht- und Mastbetrieb angeschlossen war. Während nun unser Bauer das schlachtreife Vieh für entweder viel Geld an den Metzger vor Ort verkaufte oder für etwas weniger an Großbetriebe, dachte ich natürlich nie an den Fleischwert meiner Vierbeiner - ich wollte die schließlich reiten, nicht essen. (ich habe auch schon einmal Sauerbraten vom Pferd gegessen, schmeckt fast wie Rind, so viel dazu.) Nun kam ich allerdings auch in die Situation, ein Pferd erlösen zu müssen. Ich bin überhaupt kein Freund des Einschläferns, denn das ist für viele Tiere, wenn es nicht sachgemäß durchgeführt wird, ein qualvoller Tod. (Fällt Ihnen nicht dazu auch die Diskussion um die Hinrichtungen in Amerika ein?) So entschied ich mich für den Metzger, der mir für das "minderwertige Fleisch" 50 Euro bot.
Viele meiner Freunde folgten übrigens in Notsituationen dieser Handlungsweise.
50 Euro für ein Pferd
Allein in Deutschland gibt es laut Erhebungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung weit über eine Million Pferde. So beliebt sind Roßbratwurst und Sauerbraten aber nicht. Wer wohl mein Pferd dem Metzger abgekauft hat? Das nur wenig von dem gekostet hat, was unser Bauer für ein Rind bekam?
Wir machen uns immer noch viel zu wenig Gedanken über das, was wir essen und die Herkunft unserer Lebensmittel. So gutgläubig sollte doch wirklich keiner mehr sein - und doch sind wir es immer wieder, sonst könnten uns diese Skandale nicht in dem Ausmaß treffen.
Was ich mich natürlich auch frage - überprüfen die Verkäufer nicht, was sie ihren Kunden anbieten? Allein Aufgabe der Politik und staatlicher Lebensmittelkontrolleure kann das ja schließlich auch nicht sein.
Ich bin überhaupt kein Gegner von Pferdefleisch. Meine Pferde bekamen weder Antibiotika noch Wachstunmshormone, das Futter war ausgesucht, medikamentöse Behandlungen wurden im Krankheitsfall vorschriftsmäßig im Equidenpass erfasst. Sie hatten es also verdient, als ordentlicher Braten zu dienen und nicht anonym in einer Lasagne zu enden.
Unter dem Strich ist das Thema immer gleich. So lange wir nicht bewusster einkaufen und uns bewusster ernähren, wird uns die Wirtschaft servieren, was wir bereit zu zahlen sind.
Autor:Anja Seeberg aus Hagen |
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