Holzdiebstahl in Wetter
Die Wetteraner stahlen Holz wie die Raben: Brüchtenprotokolle geben interessante Einblicke in das Leben von vor 300 Jahren

Das Brüchtenprotokoll von 1714 bis 1716 mit den von Bürgermeister und Rat in Wetter ausschließlich wegen Holzdiebstahls im Gemeindewald verhandelten Fällen. 
Als Strafe für die Taten mussten Stüber bezahlt werden. Stüber ist die Bezeichnung für Kleingroschenmünzen, die besonders in den Territorien des heutigen Nordrhein-Westfalens etwa vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts geprägt wurden. | Foto: Stadtarchiv Wetter
  • Das Brüchtenprotokoll von 1714 bis 1716 mit den von Bürgermeister und Rat in Wetter ausschließlich wegen Holzdiebstahls im Gemeindewald verhandelten Fällen.
    Als Strafe für die Taten mussten Stüber bezahlt werden. Stüber ist die Bezeichnung für Kleingroschenmünzen, die besonders in den Territorien des heutigen Nordrhein-Westfalens etwa vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts geprägt wurden.
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Als eifrige Holzdiebe betätigten sich die Einwohner von Wetter vor 200 Jahren. Ständig verschafften sie sich heimlich und unerlaubt Holz, vor allem Feuerholz aus dem Gemeindewald, der so genannten Mark auf dem Wetter Berg (dem heutigen Harkortberg). Das geht aus den im Stadtarchiv Wetter aufbewahrten Brüchtenprotokollen der Jahre 1714 bis 1716 hervor, in denen die vom Rat seinerzeit verhängten Strafen („Brüchten“) für die in seine Zuständigkeit fallenden Vergehen festgehalten sind.

Von Dr. Gerhard E. Sollbach

Bei den angeführten Straftaten handelt es sich nämlich ausschließlich um Holzdiebstahl. So heißt es bereits in dem ersten Protokoll vom 1. Februar 1714, dass viele Anzeigen wegen des häufigen unerlaubten und „schädlichen Holzhawens“ im Wetter Berg erfolgt seien.

Viele Ausreden

Zu den an dem Tag vorgeladenen Holzdieben gehörte auch Peter Bülbering, der laut Zeugenbeobachtung im Wetter Berg „auff (dem) Stein“ eigenmächtig einen Baum gefällt hatte. Der Vorgeladene behauptete jedoch, es sei ein trockener, toter Baum gewesen. Da die Zeugen jedoch aussagten, es habe sich um einen grünen Baum gehandelt, wurde P. Bülbering zu einer Strafe von 10 Stüber verurteilt. Mit der Behauptung, dass es nur altes und totes Holz gewesen sei, versuchten sich auch andere ertappte Holzdiebe immer wieder herauszureden. Diese Ausrede benutzte - allerdings ohne Erfolg - auch der zum Termin am 16. März 1714 vorgeladene Sohn des Bernd Duhme, der „am Uhlenpade“ im Wetter Berg heimlich Holz geschlagen hatte. Andere schickten, wie Peter Neuhauß gen. Wickenberg, vorsichtshalber ihr Personal zum Holzstehlen. In diesem Fall war es der Knecht des P. Neuhauß, Christoff Veldhauß.
Er wurde dafür in dem Termin am 16. August 1716 mit 4 Stüber bestraft. Hanß Jürgen Burggreffe ließ ebenfalls von einem anderen, nämlich durch einen Jan Berndt Neleken, heimlich Holz im Wetter Berg schlagen. Dafür und vor allem, weil er gedroht hatte, der Rat sollte mal die „Courage“ haben, ihn zu strafen, wurde er im Termin am 5. April 1714 mit der der empfindlichen Strafe von 22½ Stüber belegt.
Doch auch die Bürgermeister hatten keine Skrupel, sich zumindest indirekt am Holzklau zu beteiligen.
So hatte der 2. Bürgermeister Pothman laut dem Brüchtenprotokoll vom 11. Februar 1714 durch seinen Knecht einen Baum aus dem Wetter Berg holen lassen.
Obwohl auch Pothmann sich damit zu rechtfertigen suchte, der Baum sei umgestürzt und morsch gewesen, erklärte er sich dennoch gleichzeitig bereit, die gebührende Strafe zu zahlen.

Wiederholungstäter

Andere kamen erst gar nicht zur Verhandlung, wie Jürgen Sam, der unerlaubt Holz im Wetter Berg oberhalb von Schulten Kamps geschlagen hatte. An seiner Stelle erschien zum Termin am 11. Februar 1714 seine Frau, die aber erklärte, dass sie von nichts wisse. Ihr wurde jedoch aufgetragen, ihren Mann zu schicken, da sonst auf seine Kosten die Zeugen geladen würden, die ihn beim Holzdiebstahl ertappt hatten. Auch der neuerliche Holzdieb Peter Bülbering blieb dem Verhandlungstermin am 15. März 1714 fern und wurde in Abwesenheit aufgrund der Zeugenaussage zur Zahlung von 15 Stüber Zeugenkosten verurteilt. Er gehörte aber auch zu den Wiederholungstätern und war zudem einer der schlimmsten. In fast jedem Verhandlungstermin taucht er als Beschuldigter auf. Doch stets leugnete er den ihm zur Last gelegten Holzdiebstahl hartnäckig ab, oder erfand abenteuerliche Ausreden. Bei der Verhandlung am 16. September 1715 zum Beispiel behauptete er sogar dreist, dass nicht er den ihm vorgeworfenen, jedoch von zwei Zeugen, nämlich Elße Duhme und Greite Graffemans, beobachteten Holzdiebstahl im Wetter Berg „im Brande“ begangen habe, sondern der Gemeindediener Ludwig Fischer. Für sein Leugnen und die nachweislich falsche Beschuldigung des L. Fischer erhielt P. Bülbering die erhöhte Strafe von 22 Stüber. Besonders raffiniert und dreist war aber sein zu Ostern 1714 begangener Holzdiebstahl. Während die Leute am Ostersonntag in der Kirche waren, schlug P. Bülbering im Wetter Berg „achter dem Knappe“ heimlich Holz. Doch er hatte Pech, beim Wegschaffen wurde er gesehen. Daraufhin verurteilten ihn Bürgermeister und Rat in den Terminen am Ostermontag und Osterdienstag (2. und 3. April 1714) wiederum zu der Bürgerstrafe von 22 Stüber. Da er die Tat zudem „in den heiligen Tagen“ begangen, wurde er obendrein noch bei der Landesherrschaft angezeigt. Letzteres handelte er sich auch am 20. März 1715 ein, als gegen ihn wegen des Fällens eines Baums im Wetter Berg „im Cleve“ und der anschließenden Verheimlichung der Tat durch Bedecken des Baumstumpfs mit Moos verhandelt wurde. Bei der Verhandlung hatte er nämlich mit der Faust mehrmals ungebührlich heftig auf den Tisch geschlagen.

Erhöhte Strafen

Weil die Holzdiebstähle aber immer mehr überhandnahmen, beschloss der Rat am 16. August 1715 eine drastische Erhöhung der Strafen. Wer das zweite Mal beim unerlaubten Holzschlagen im Gemeindewald erwischt wurde, zahlte zukünftig 10 Stüber, beim dritten Mal waren es 30. Wurde das Holz mit einem Pferd abtransportiert, betrug die Strafe beim ersten Mal 15 Stüber, beim zweiten Mal war es schon ½ Reichtaler. Doch genutzt hat es nichts. Der Holzklau im Gemeindewald ging unvermindert weiter. So mussten zum Beispiel an dem Termin am 5. März 1716 insgesamt zehn angezeigte Fälle von Holzdiebstahl verhandelt werden.

Autor:

Lokalkompass Hagen aus Hagen

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