"Ring frei Mitte" - Polizeiwache Prentzelstraße

Eine historische Ansicht des alten Polizeigebäudes in der Prentzelstraße
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  • Eine historische Ansicht des alten Polizeigebäudes in der Prentzelstraße
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„Das Herz der Polizei schlägt in der Prentzelstraße“ - Polizeidirektor Liedke ist stolz auf die rund 120-köpfige Mannschaft, die von dem Gebäude in der Prentzelstraße aus die meisten Einsätze in Hagen fährt.

Im Durchschnitt sind die Beamten, die hier ihren Dienst versehen, knapp über 30 Jahre alt, bewältigen täglich an die 150 Einsätze im gesamten Hagener Stadtgebiet. Sie kennen wohl kaum die Geschichten, die sich aus vergangenen Zeiten um die „Prentzelstraße“ ranken, an die Geschehnisse während der Zeit der Hasper Hütte, vor allem aber die schrecklichen Vorkommnisse, die sich während der Nazi-Zeit in dem Gebäude abspielten.

Dienstgruppenleiter Bodo Gleiß kennt das alte Polizeigebäude wie kaum ein anderer. Er ist der „Dienstälteste“ in der Prentzelstraße und kennt spätestens seit der Renovierung or einigen Jahren auch den verborgensten Winkel.

Wie alt das Polizeigebäude ist, weiß niemand genau. „Wir vermuten, das Gebäude wurde um 1890 erbaut“, so Gleiß, „Aus dieser Zeit hat das Liegenschaftsamt einen Hinweis auf die Existenz.“ Der Kriegszerstörung fielen alle weiteren Unterlagen zum Opfer. Das Stadtarchiv ist heute nur noch in Besitz des Kaufvertrages: 1957 ging das Polizeigebäude für 1,9 Millionen Mark in den Besitz des Innenministeriums. Bis dahin hatte die Polizei das „Stadtteilhaus II“ von der Stadt gemietet.
Zur Blütezeit der Hasper Hütte machte sich das langgestreckte mehrteilige Gebäude als „Ring frei Mitte“ einen Namen: „Wenn die Lohntüten ausgegeben waren, sind viele Arbeiter damit gleich in die nächste Kneipe gegangen. Erst wurde gemeinsam viel getrunken, dann flogen die Fäuste, und man hat sich hier getroffen“, lacht Bodo Gleiß heute: „Man kann sich nicht vorstellen, was dann hier los war - aber es war wirklich so! Ring frei Mitte - und die Beamten waren dabei...“
Vom Taschendieb bis zum Mörder haben die Zellen der Prentzelstraße Straftäter jeder Art „beherbergt“. Heute befinden sich im Erdgeschoss des Gebäudes zwei Zellen, von denen eine auch darauf ausgelegt ist, einen Insassen an Händen und Füßen auf der ebenerdigen Pritsche justieren zu können. Hier „sitzen“ Festgenommene jedoch nur kürzeste Zeit: „Aus Sicherheitsgründen werden sie so schnell wie möglich zur Hohenleye gebracht, wo die Zellen nach den neuesten Standards ausgestattet sind“, erklärt Gleiß.

Vor dem Krieg befanden sich die Zellen im Keller des Gebäudes, das abgerissen wurde. Dort, wo jetzt das Emil-Schumacher-Museum entsteht, befinden sich noch die Grundmauern des alten Gebäudes, die bis zur Hochstraße reichen und bei den Erdarbeiten vor einigen Monaten für kurze Zeit ans Tageslicht rückten. Dunkelroter Backstein, mit dem die Bauarbeiter schwer zu kämpfen hatten. Ein dunkles Kapitel der Stadt Hagen ist mit diesen Mauerresten verbunden. Während der Nazizeit wurden hier politische Gefangene gefoltert und von hier aus deportiert und in den Tod geschickt.

Der Keller des heutigen Polizeiebäudes beherbergte Versorgungsräume für Lebensmittel und Kohlen. Von diesem Keller bis hin zu den Zellentrakten, die an die Hochstraße grenzten, führte eine kleine Lorenbahn, mit der unterirdisch Lebensmittel und Kohlen gefahren werden konnten. Dort, wo früher das Gleis war, ist der Boden jetzt braun gefliest, aus den alten Versorgungsräumen wurden Umkleidekabinen. Auch ein Aufenthaltsraum ist hier zu finden, der als Partyraum genutzt werden kann - und hier werden die Geschichten vom „Ring frei Mitte“ den jungen Beamten weitererzählt. So wie diese: Vor vielen Jahren befand sich vor dem Polizeigebäude eine Telefonzelle, die man anrufen konnte - die Bematen ließen das Telefon zum Spaß fleißig schellen, wenn Passanten in der Nähe waren...
Regelmäßig bekamen die Beamten Besuch von einem Mann, der sich von Stimmen verfolgt fühlte. Die Beamten halfen freundlich und „heilten“ ihn mit den „Strahlen“ piepsender Funkgeräte...
Spektakulär: In den 90-er Jahren wurde in der Prentzelsstraße ein Einsatz gegen die Entführer Rösner und Degowski koordiniert, die sich kurz im alten Café Tigges aufgehalten hatten.

Autor:

Anja Seeberg aus Hagen

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