Hagener Stadtmuseum: Spielzeug, mit dem der Ur-Opa gespielt hat
Heutzutage sind Playstation und X-Box in den Kinderzimmern der Nation angesagt. Und gerade die Jungs flüchten sich in diversen Actionspielen in Scheinwelten. Wie aber haben sich die Kinder vor 100 Jahren unterhalten? Die neue Ausstellung „Technisches Spielzeug - Heimliche Botschaften ins Kinderzimmer“, die ab Sonntag im Stadtmuseum zu sehen ist, gibt Auskunft darüber.
Wir schreiben das Jahr 1910. Deutschland wird von einen Kaiser regiert, befindet sich in einer Phase der Hochindustriealisierung und die damaligen Eltern geben ihren Jungen am liebsten die Vornamen Karl, Hans, Walter, Wilhelm und Kurt. Und diese Jungs, sofern sie aus gutbürgerlichem Hause waren, vertrieben sich die Zeit mit Dampfmaschinen, Eisenbahnen, Autos, Schiffen und Metallbaukästen.
Dr. Harwig Lauter, Anfang der 1940er Jahre geboren und als Arzt im sauerländischen Schmallenberg tätig, begeisterte sich schon früh für Spielzeug aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Er begann zu sammeln und erfüllte sich damit wohl auch den ein oder anderen Kindheitstraum. „Mit seinen vielen Exponaten wurden bereits in den vergangenen 20 Jahren Ausstellungen im Hagener Stadtmuseum bestückt. Nun wird eine Auswahl seiner schönsten Spielzeuge bis zum 4. Oktober wieder der Öffentlichkeit präsentiert“, sagt Holger Flick vom Historischen Centrum.
Spielzeug gilt als Spiegelbild seiner Zeit, seiner Kultur und seiner Gesellschaft. Was gerade „in“ war, wird heute - wie auch vor einem Jahrhundert - schnell als Spielzeug auf den Markt gebracht. Sind es heute aufwändige Computerspiele, waren es zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zum Beispiel Dampfmaschinen, die als Sinnbild für die industrielle Revolution standen. Was ihre Funktionsweise anging, kamen sie von allen technischen Spielzeugen dem Vorbild nach am nächsten: Mit ihr konnte man viele kleine Werkzeuge und andere bewegliche Modelle antreiben.
Auch Eisenbahnspielzeug der Spur II, I und 0 war sehr beliebt. In Spur I erreichte ein Zug mit Dampflokomotive, Tender und drei D-Zugwagen eine beachtliche Länge von 2,50 Meter. Leicht kann man sich vorstellen, wie groß ein Zimmer gewesen sein muss, wenn man eine solche Spielzeugeisenbahn aufbauen wollte. Angetrieben wurden die Lokomotiven früher mit einem Federwerk zum Aufziehen, mit Wasserdampf, der durch einen Spiritusbrenner erzeugt wurde oder auch schon elektrisch.
Was durfte ebenfalls in keinem Jungen-Kinderzimmer fehlen? Na klar, Autos! Damals noch aus Blech hergestellt. Und auch davon hat Dr. Lauter so einige gesammelt. Die Highlights der Ausstellung sind drei Alfa Romeo P2 in verschiedenen Farben. Dieser 53 Zentimer lange, ab Mitte der 1920er Jahre gebaute Modellrennwagen, gilt unter Experten als das schönste Spielzeugauto, das je hergestellt wurde. Wenn man die drei prächtigen Rennwagen in ihrer Vitrine sieht, kann man nachvollziehen, warum das so ist.
Aus Blech waren auch die damaligen Schiffsmodelle hergestellt. Der Ozeandampfer mit einem Meter Länge, der in der Ausstellung zu sehen ist, war deshalb nur etwas für außergewöhnlich betuchte Kreise. Heute sind nicht mehr viele dieser Spielzeugschiffe erhalten geblieben. „Ihre geringe Stückzahl und der Kontakt mit Wasser haben dafür gesorgt, dass sie heute absolute Raritäten sind“, berichtet Holger Flick.
Ebenfalls angesagt in den Kinderzimmern vor 100 Jahren: Metallbaukästen. Riesige Kräne, Brücken, Schiffe und sogar den Nachbau des Riesenrads im Wiener Prater sind im Historischen Centrum zu bewundern. Holger Flick: „Mit diesem technischen Spielzeug sollten die Jungen vom kleinen zum großen Ingenieur herangezogen werden.“ Und nebenbei erlernten die Kinder auch noch Ordnung zu halten: Denn fehlte nur ein Teil in den Baukästen, war er oft unbrauchbar.
Viele Kinder werden beim Betrachten der Ausstellungsstücke sicherlich Lust bekommen, selbst zu spielen. Mit den wertvollen Exponaten, die hinter Glas gehalten werden, ist dies allerdings nicht möglich. Deshalb wurde extra eine Spielecke eingerichtet, in der heutiges Spielzeug zum Spielen einlädt.
Informationen:
Stadtmuseum Hagen, Wippermann-Passage, Eilper Straße 71 bis 75
Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 10 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr
Eintritt: Erwachsene 3,20 Euro, Kinder 2 Euro
Kontakt: Tel. 02331-2072740, info@historisches-centrum.de
Autor:Stephan Faber aus Iserlohn |
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