Führungen durch das Erlebnismuseum im Bunker Hagen
Fast wie in Kriegszeiten
"Was ist denn in dem Gebäude drin?", will ein neugieriger Passant wissen. Der fensterlose Koloss an der Bergstraße 98 in Hagen zieht zweifellos Aufmerksamkeit auf sich. "Nie wieder Krieg!" prankt in großen Lettern auf dem Beton. Nur Besucher wissen wirklich, wieviel lokale (und deutsche) Geschichte sich hinter den Mauern des Bunkermuseum Hagen verbirgt.
Von Sara Drees
Die Tür geht zu, das Licht unserer Dynamo-Kurbeltaschenlampen aus. Draußen ertönt ein Fliegeralarm, dann Stille. Nur ich und Jens Schweda stehen jetzt allein in der sechs Quadratmeter großen Zelle, in der zu Kriegszeiten 20 Personen eingesperrt wurden.
Unwohlsein steigt in mir auf - und das liegt nicht am Begleiter, im Gegenteil, denn alleine hätte ich mich gar nicht erst hinein getraut. "Wir haben noch Glück, weil uns die Enge, der Gestank, aber auch die Bewegung des Bodens und der Wände - anders als den Menschen damals - erspart bleiben", erklärt Schweda, der für die Führung als Bunkerwart verkleidet ist, damals der wichtigste Mann vor Ort.
Die erste Führung im neuen Jahr ist vor dem Museumseingang gestartet. Und zwar coronagerecht: Nachweise geprüft, Abstände eingehalten, Maskenpflicht. 15 Interessierte sind an diesem Tag erschienen. "Der übliche Rahmen in der Corona-Zeit, obwohl wir aufgrund der Größe des Gebäudes noch weitaus mehr Personen hätten mitnehmen können", weiß Schweda, der regelmäßig durch den Bunker führt. Vor Corona lag die Gruppenstärke auch schon mal bei bis zu 50. "Aber das ist schwankend, es gibt auch sehr kleine und individuelle Führungen."
Meist kommen die Besucher aus dem Großraum NRW, doch auch aus Italien oder Schottland seien bereits Geschichtsfreunde angereist. So mancher Hagener hat die Ausstellung hingegen selbst noch nicht gesehen. "Oft werden geschichtsträchtige Orte und Museen ja eher im Urlaub besucht, während man das, was vor der eigenen Haustür liegt, vergisst", weiß Schweda.
Dabei, so heißt es, sei es der besterhaltenste Bunker in ganz Deutschland, wie die Besucher in der rund 20-minütigen Einführung direkt erfahren.15/HAG/5 war einer von sieben Hochbunkern in Hagen und von 15 im damaligen Hagener Gau-Gebiet (mit Wetter und Herdecke). Der dreizehn Meter hohe Hochbunker Bergstraße entstand bereits im Rahmen des Führer-Sofortprogramms in 1940. Die Außenwände sind bis 1,10 Meter und im Kellergeschoss sogar 1,80 Meter dick, die Decke 1,55 Meter. Gedacht war er für 1.200 Personen, bei Fliegeralarm sollen aber bis zu 3.000 Menschen untergebracht worden sein.
Das Kellergeschoss mit seinen Unterkünften, Waschraum und Toiletten sowie kleiner Notküche und Sanitätsraum fühlt sich an wie eine Reise zurück in den Weltkrieg. In den oberen Geschossen zeigt die Ausstellung zudem "Hitler´s Einmarsch ins Kinderzimmer" mit einer beeindruckenden wie zugleich erschreckenden Spielzeugsammlung. Außerdem gibt es Eindrücke davon, was nach dem Krieg aus dem Bunker geworden ist. Denn: Die Stadt Hagen wurde bis 1945 zu etwa 72 Prozent zerstört, im Innenstadtbereich sogar zu 99,7 Prozent. Bis eben auf den Hagener Bunker. Dass er bis heute so gut erhalten geblieben und weiter genutzt worden ist, liegt an einer Besonderheit: der für ein solches Gebäude ungewöhnlichen Zentralheizung. "Damals eigentlich ein Schildbürgerstreich, da sich der Bunker bei Vollbesetzung auch von allein mehr als nötig aufheizte", erklärt Schweda. Nichtsdestotrotz wurden die Gemäuer so bis heute vor Kälte und Nässe gut geschützt.
Das Privatmuseum wird heute von Michaela und Gottfried Beiderbeck betrieben. Dank aufwendiger Sanierung ist es seit 2013 der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Mehr zu dem Museum und den Führungen auf http://bunker-hagen.de.
Autor:Sara Drees aus Dortmund |
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