Der neue Stephan Harbort - KILLERFRAUEN

KILLERFRAUEN – Das neue Buch von Stephan Harbort
(Besprechung von Jürgen Ludwig)

Stephan Harbort, Kriminalhauptkommissar beim Polizeipräsidium Düsseldorf, gilt nicht nur als einer der Spitzenexperten für Serienmörder und Fallanalyse (Profiling) in Deutschland. Nachdem er in der Fachzeitschrift Kriminalistik, die bereits 1926 gegründet wurde, diverse Fachartikel veröffentlichte (u. a. „Empirische Täterprofile“ 1997), erschien 2001 sein Buch „Das Hannibal-Syndrom“. Es folgten diverse populärwissenschaftliche Publikationen und TV-Auftritte, sodass Stephan Harbort verdientermaßen einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat.
„KILLERFRAUEN“ ist das neue Buch von Harbort, das Serienmörderinnen der „jüngeren Vergangenheit im deutschsprachigen Raum“ (Harbort) zum Thema hat.

Sieben authentische Fälle hat Harbort ausgewählt, die er in seiner bekannt sachlichen Herangehensweise vorstellt. Sieben Fälle, die einen Meilenstein in der Analyse des Phänomens „Serienmörderinnen“ darstellen. Wie Stephan Harbort in seinem Vorwort trefflich formuliert, verbindet man mit Serienmördern eher das männliche Geschlecht. Und die Statistik, so weist der Verfasser hin, spricht eine klare Sprache: Gerade einmal 12 Prozent der Tatverdächtigen in Bezug auf die vorgenannten Verbrechen sind weiblich.
Bleibt die Frage, wie kommt es dazu, dass aus Frauen Serientäterinnen werden?
Stephan Harbort gibt mit diesem Buch Aufschluss über eine Thematik, die bisher in der Kriminalistik wohl unzureichend behandelt wurde. Mit seiner Methodik des empirischen Täterprofils, gepaart mit Erfahrung, kriminalistischem Sachverstand und persönlichem Kontakt zu den Täterinnen kann Stephan Harbort die Frage beantworten, die sich die Leserschaft stellt: Wie konnte es zu diesen Taten kommen?
Der geneigten Leserschaft wird es wie mir ergehen: Sind diese Frauen noch Menschen oder Ungeheuer? Wie kaltblütig, wie gefühllos, muss man sein, um solche Taten zu begehen? Wie kann man solche Verbrechen begreifen? Haben die Stammtischler nicht recht, die formulieren: „Wegschließen und Schlüssel wegwerfen?“ Vielleicht sogar wieder die Forderung: „Rübe ab“?
Der Ruf nach staatlich verordneter Rache, die Dämonisierung und Gier der Boulevardpresse stehen dem entgegen, was Stephan Harbort aufzeigt: Seine Herangehensweise mit professioneller Distanz, die ihre Quelle wohl in seiner Charakterstärke, Disziplin und Fachkompetenz hat.
Der Autor gibt Antworten auf viele dieser elementaren Fragen, indem er die Beweggründe ausführlich erforscht und einordnet, die Abläufe strukturiert darstellt und jeden Fall für sich abschließend analysiert.
Die Tatsache, dass Stephan Harbort dankenswerter Weise auf Effekthascherei verzichtet, bedeutet aber nicht, dass beim Lesen dieser Lektüre einem nicht das Blut in den Adern gefriert. Im Gegensatz zu einem noch so blutrünstigen Krimi, der reine Fiktion ist, erleben wir hier die Realität. Die Opfer und die Täterinnen sind real, genau wie deren Angehörige.
Wenn man die Lebensläufe der Serienmörderinnen betrachtet, die Harbort in KILLERFRAUEN beschreibt, bleiben der Leserschaft nur folgende Fragen offen: Wo ist meine andere, dunkle Seite der Nacht? Was hält mich davon ab, den Schritt in den Abgrund zu tun? Oder um es mit den Worten von Stephan Harbort (Schlusswort zu Geboren, um zu sterben) auszudrücken: Dieser Mensch könnte ich selbst sein!
Stefan Harbort unterscheidet sich herzerfrischend von Profilern, die eine Mischung aus Kriminalfällen und Autobiographien zur Selbstdarstellung nutzen und zu narzisstischen Selbstbetrachtungen neigen. Er zieht es vor, durch populär wissenschaftliche Herangehensweise Serienmörder wie Profiling zu entmystifizieren. Nicht der Kriminalist und Fallanalytiker Harbort steht im Vordergrund, sondern das tatsächliche Geschehen. Wie auch schon in seinen vorherigen Publikationen beeindruckt die Tatsache, dass Harbort auf Selbstherrlichkeit und Schönfärberei verzichtet.

Mit „KILLERFRAUEN“ knüpft der Autor nahtlos an seine bisherigen hervorragenden Veröffentlichungen an. Sein eindrucksvoller Schreibstil, pragmatisch, prägnant und wohl strukturiert, sind ein Markenzeichen von Stephan Harbort.
Im Anschluss an sein Nachwort fügt er die Ergebnisse seiner umfangreichen und tiefgreifenden Studien in tabellarischer Form an (Kriminologie der Serienmörderin in Deutschland 1945 – 2015).
Bleibt mir nur noch, mein Prädikat zu vergeben: Besonders lesenswert!

Stephan Harbort - KILLERFRAUEN
ISBN 978 3 426 78866 0 Knaur Verlag 2017
239 Seiten € 9,99

Autor:

Jürgen Ludwig aus Hagen

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