Vom Aufspüren, Suchen und Sammeln
75 Jahre Osthaus Museum Hagen
"Das Aufspüren, Suchen und Sammeln dessen, was zu den wirklich bleibenden Werten der menschlichen Kultur gehört." Mit diesen Worten beschreibt die erste Museumsdirektorin Herta Hesse-Frielinghaus im Jahr 1955 die Aufgaben des damals noch Karl Ernst Osthaus Museum genannten Städtischen Kunstmuseums zehn Jahre nach seiner Gründung. Am Dienstag feierte das Osthaus Museum Hagen sein 75-jähriges Bestehen.
Am 22. Dezember 1945 wurde das neu gegründete Museum nach dem Zweiten Weltkrieg wiedereröffnet. Die Wurzeln des Museums gehen auf den Hagener Kunstmäzen und Kunstsammler Karl Ernst Osthaus zurück, in dessen Sinne auch nach dem Krieg wieder begonnen wurde, Kunst zu sammeln. Die erste und bis heute einzige weibliche Direktorin Herta Hesse-Frielinghaus stand dabei vor großen Aufgaben: Zum einen den Hagenern nach den Schrecken des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges wieder Kunst und Kultur nahezubringen und zu vermitteln. Zum anderen aus dem stark dezimierten Kunstbestand einen Grundstein zu legen. "Nachdem sie sich einen Überblick über die durch Kriegsschäden und die Beschlagnahmungsaktionen der Nationalsozialisten erheblich dezimierte städtische Kunstsammlung verschafft hatte, richtete Herta Hesse-Frielinghaus Anfang 1946 eine Ausstellung ein, die einen Überblick über die verbliebenen städtischen Kunstwerke geben sollte", erklärt Dr. Birgit Schulte, stellvertretende Leiterin des Osthaus Museums und Fachdienstleiterin Wissenschaft, Museen und Archive. Im selben Jahr erhielt das Museum eine der wichtigsten und richtungsweisenden Nachlässe: Das Ehepaar Ewald und Marie Becker hatte seit Karl Ernst Osthaus' Tod und dem Verkauf der Folkwang-Sammlung an die Stadt Essen ihre Kunstsammlung in dessen Sinne aufgebaut. So sammelte Ewald Becker dieselben Künstler wie Osthaus. Die Sammlung des Ehepaares ermöglichte Hesse-Frielinghaus thematisch an die Vorkriegszeit anzuknüpfen. Gleichermaßen konzentrierte sie sich auf die Gegenwartskunst.
So kaufte sie ab 1948 vor allem Werke der deutschen Expressionisten und aktuelle Kunst. Während ihrer 30-jährigen Amtszeit gelang es ihr, eine beachtliche Sammlung aufzubauen, die sich an der Sammlungspolitik von Karl Ernst Osthaus orientierte. Jeder ihrer drei Nachfolger fügte der Museumssammlung eine individuelle Note hinzu und jeder reagierte auf die jeweiligen Tendenzen in Kunst, Politik und Zeitgeschehen. So förderte Johann Heinrich Müller von 1976 bis 1986 im Sinne von Karl Ernst Osthaus vor allem lokale Künstler. Michael Fehr hinterfragte von 1987 bis 2005 in Zeiten der Institutionskritik das Museum als solches immer wieder. Dr. Tayfun Belgin, seit 2007 Direktor des Osthaus Museums, setzt sich mit der Gegenwartskunst seiner Zeit auseinander.
Wie Ankäufe, Schenkungen und Nachlässe die Sammlung des Osthaus Museums geprägt haben, ist derzeit das Projekt einer Forschungsvolontärin des Museums. "Wir freuen uns, dass wir durch das wesentlich vom Land NRW finanzierte Forschungsvolontariat die Chance bekommen haben, unsere Sammlungsgeschichte aufarbeiten zu können", beschreibt Dr. Birgit Schulte. "Unsere Volontärin Karoline Urbitzek ist tief in alte Aktenbestände seit 1945 eingetaucht, sodass wir auch die Geschichten hinter den Kunstankäufen zutage fördern können", so Schulte weiter. Erste Ergebnisse dieser Erforschung werden in einer Ausstellung zum 75-jährigen Jubiläum gezeigt.
Sobald die Corona-Pandemie es zulässt, präsentiert das Osthaus Museum eine Jubiläumsausstellung zum Thema "Vom Aufspüren, Suchen und Sammeln. 75 Jahre Osthaus Museum Hagen", die einen repräsentativen Querschnitt durch die bewegte Geschichte und die Einflüsse der vier Direktorinnen und Direktoren auf die Sammlung vorstellt. Die Eröffnung war ursprünglich am 5. Dezember geplant.
Autor:Stephan Faber aus Iserlohn |
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