Polizei bildet sich zum Thema Vielfalt
Tag der Menschenrechte
Seit einigen Jahren organisiert die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) einen "Tag der Menschenrechte" für Polizeistudierende.
Für die Durchführung des Tages der Menschenrechte wurden Hagener Institutionen und Organisationen gebeten, die Arbeit ihrer Einrichtung vorzustellen, darunter auch seit Beginn die Hagener AIDS-Hilfe. Der Kontakt der AIDS-Hilfe mit der Hochschule rührt einerseits aus der räumlichen Nähe zur Fachhochschule Hagen und dem Polizeiseelsorger und unserem Supervisor Thomas Hammermeister-Kruse, mit dem Andreas Rau bereits seit den frühen 1980ger Jahren gemeinsam viele Projekte zur Inklusion angestoßen hat.
Heute ging es neben der Geschichte und den Aufgaben der Hagener AIDS-Hilfe vor allem auch um einen Perspektivwechsel bei Themen wie Diskriminierung, Anderssein und Vielfalt. Mit drei kurzen interaktiven Übungen gelang es allen Beteiligten, kurz und am eigenen Leib Ausgrenzung zu spüren und ggf. besser zu verstehen.
Die allererste Übung war eine sog. Triggerübung. An der Flipchart stand in großen Buchstaben die Abkürzung A C A B - ohne Kommentar und nähere Erklärungen. (all Cops are B*s*a*ds).
Hier wollten wir nach dem anfänglichen Frust dieser sehr provokanten Aussage zunächst gemeinsam ein "Reframing" finden, wie wir diese Abkürzung auf uns wirken lassen konnten und für uns positiv damit umgehen können.
"Was sind wir?" fragte der begleitende Dozent der HSPV am Ende der Übung? "All Cops are beautyfull" schallte es ihm dann von der Gruppe entgegen. Man merke: Negativzuschreibungen verkehren sich ins Gegenteil, wenn wir für uns selbst neue Bedeutungsrahmen finden. Ein Modell, das seit Jahrzehnten z.B. Homosexuelle mit dem Wort "Schwul" leben und das einem Betroffenen helfen kann, nicht passiv hinzunehmen, sondern sich aktiv selbst zu ermächtigen. (Empowerment).
Ein besseres Verständnis gelang vor allem auch für die Energie, die viele Angehörige marginalisierter Gruppen aufbringen, um sich selber und ihre Themen sichtbar zu machen. Eine Aufgabe bestand nämlich darin, einen einfachen Satz bestehend aus 10 Wörtern von der Tafel abzuschreiben. Wichtig war, sowohl auf Satzzeichen als auch die Schreibweise der Buchstaben eines Fremdwortes explizit zu achten. Nun, das war zunächst für die meisten keine wirklich Herausforderung. Wir können doch schließlich alle schreiben.
Und auf einmal, obwohl Du nichts gemacht hast, bist Du "anders" und fällst sofort auf.
Die Herausforderung wurde dahingehend erhöht, dass die Teilnehmenden dann den gleichen Satz noch einmal abschreiben sollten. Dazu mussten sie ihr Blatt umdrehen und nun nicht mehr mit der gewohnten (mutmaßlichen rechten) Hand zu schreiben, sondern mit der anderen - nicht gewohnten Schreibhand. Diese Erfahrungen tauschten wir nun miteinander aus und gipfelten in der Erkenntnis, die ein Gast zusammenfasste: "Und auf einmal, obwohl Du nichts gemacht hast, bist Du "anders" und fällst sofort auf."
Besonderes Augenmerk richteten wir auf die unterschiedlichen Strategien, die unsere Gäste benutzten, um sich mit diesem Anderssein zu arrangieren. Sei es, dass man einen anderen um Hilfe bat, sich irgendwie alleine durchbiss oder sich ggf. in eine "Nische" zurückzog, in der das Unvermögen und der Druck nicht so stark zu spüren waren. Wieder andere protestierten auch recht deutlich und machten ihrem Unmut Luft oder beschwerten sich, dass man ihnen zu wenig Zeit ließ. Gemeinsame Erfahrungen, die wir mit wirklich marginalisierten Gruppen teilen konnten, eröffneten uns nun ein besseres Verständnis für z. B. Demonstranten, denen man vorwirft, zu aufdringlich mit ihren Themen umzugehen oder sich zu oft zu beklagen oder sich eben in sog. Safer Spaces zurückzuziehen.
Letztlich wurde anhand dieses Beispiels sehr gut deutlich, wie wir alle letztlich an Ausgrenzungsmechanismen beteiligt sind und mit welchen eigenen Weltanschauungen wir auch den Maßsstab an unsere Mitmenschen anlegen. Vor allem aber wurde deutlich, dass "Selbstermächtigung" (Empowerment) nicht vornehmlich dazu dient, andere Menschen zu belästigen oder aufdringlich zu sein, sondern eine wesentliche Überlebensstrategie sein kann und in einer demokratischen Gesellschaft dringend nötig. Unsere Rechte werden uns nicht geschenkt, sondern wir haben einen Anspruch darauf. Punkt!
Taschendurchsuchung
In einem letzten interaktiven Teil ging es um eine "Taschendurchsuchung". Ein prall gefüllter Beutel mit verschiedensten Gegenständen (Alltagsgegenstände, Sextoys, Spritzen, Barbiepuppen unterschiedlich gekleidet, eine Babywindel und vieles mehr) ging rum und jeder Gast durfte einmal (ohne zu gucken) in diesen Sack greifen und sich einen Gegenstand, ertasten und rausnehmen. Diese Gegenstände standen , je nach persönlichen Vorerfahrungen der angehenden Polizeibeamten, dann symbolisch für einen Berührungspunkt zum Thema Vielfalt aber auch zu sexueller Gesundheit. Auch Ansteckungswege und -Ängste wurden so thematisiert und aufgeklärt.
Gut 15 Studierende hatten sich für eine Teilnahme an dem Angebot der AIDS-Hilfe entschieden und befassen sich sowohl im weiteren Verlauf des Tages als auch in ihrem weiterem Studium mit den erhaltenen Informationen.
Auswertung erfolgte mit den Fingern.
Das Feedback der Gäste war wirklich sehr positiv. obwohl die knappe Zeit kritisiert wurde. Wir hätten gerne noch mindestens eine Stunde so sitzen und diskutieren können. Zu keinem Zeitpunkt war es langweilig.
Das Finger-Feedback der Teilnehmenden war zumindest sehr eindeutig. Daumen hoch.
Wir als Team der AIDS-Hilfe Hagen sind unserem Supervisor Thomas Hammermeister-Kruse, der zeitgleich eben auch Dozent an der HPSV ist, dankbar für diese Begegnungen. Den Polzei-Studierenden, die heute da waren: Danke. Es war uns ein Vergnügen.
Denkt dran: All Cops are what?
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