Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt - das Südthüringische Staatstheater Meiningen ist gestern Abend mit dem Trauerspiel "Egmont" von Johann Wolfgang von Goethe bei uns in Duisburg zu Gast. Hannah Sieh, Monika Haberfellner, Hans-Joachim Rodewald, Pascal Thomas und ander spielen unter der Leitung von Rudolf Frey. Die Landeskapelle Eisenach trägt die Bühnenmusik von Ludwig van Beethoven bei.
Die Handlung spielt in der heutigen belgischen Stadt Brüssel während des Aufstands der Niederländer 1566-68 gegen die spanische Herrschaft. Das Ende des Trauerspiels entspricht historisch gesehen dem Anfang des Achtzigjährigen Krieges. Zu jener Zeit wird Brüssel - wie ganz Belgien und Holland - von den Spaniern beherrscht. Teile des niederländischen Adels verbünden sich mit den Protestanten. Sie wollen so die religiöse und politische Unterdrückung durch die Spanier beenden. Das Drama speziell thematisiert den Untergang des niederländischen Grafen Egmont von Gaure, der zusammen mit Wilhelm von Oranien an der Spitze der Adelsopposition steht. Egmont ist bei seinen Bürgern sehr beliebt, steht aber trotzdem loyal zur spanischen Krone. Nach deren Meinung geht er allerdings nicht hart genug gegen die Bilderstürmer vor. Bei den Bildstürmern handelt es sich bekanntlich um radikale Anhänger der Reformation. In seiner Naivität gerät Egmont in die Fänge des Herzogs von Alba. Alba ist ein brutaler Feldherr. Bis kurz vor seinem Tode hat Egmont die Gefahr unterschätzt, die von den Spaniern ausgeht. Im Gegensatz zu Oranien ist er deshalb nicht vor Alba geflohen. Alba ist in Brüssel eingetroffen, um dort angeblich für Ordnung zu sorgen. In Wahrheit will er jedoch den Blutrat einführen. Egmonts Geliebte Clärchen unternimmt einen verzweifelten Versuch, den eingekerkerten Oppositionellen zu befreien. Als sie dem Scheitern ihres Vorhabens ins Auge sehen muß, verübt sie Selbstmord. Egmont selbst wird schließlich wegen Hochverrats zum Tode verurteilt.
Die literarische Vorlage wurde 1775 veröffentlicht. Die Uraufführung fand am 9. Januar 1789 in Mainz statt.
Was wohl Goethe, Schiller und Beethoven zu der Duisburger Aufführung gesagt hätten? Zeitweise machen nur die Gitterroste, auf denen man gehen kann, das Bühnenbild aus und geben den Blick auf das Orchester im Hintergrund der Bühne frei. Hätte ein klassisches Bühnenstück nicht auch ein klassisches Bühnenbild verdient? Viel Atmosphäre geht so verloren, viel Intimität und Vertautheit etwa in den Szenen, in denen Egmont und Clärchen in trauter Zweisamkeit zusammen sind? Auch die Vertraulichkeit, die gerade am Anfang, wenn sich Egmont mit den niederländischen Bürgern und Adeligen trifft, hätte intensiver herausgearbeitet werden können. Die Weite des Bühnenbildes nimmt der Inszenierung viel Flair.
Ähnliches gilt auch für die Kostüme. So treten die Bürger von Brüssel beispielsweise in einem Frack auf, also einem Kleidungsstück, daß es weder zu Egmonts noch zu Goethes Zeiten gab. Es ist für einen künstlerisch naiven Menschen nicht ersichtlich, warum hier nicht deutlicher auf die zeitgerechte Ausstattung bei den Details geachtet wurde.
Die Handlung spielt zu der Zeit, als Mercator lebte. Sie spielt in der Region, aus der Mercator stammt. Dies sind die Bezüge zu den diesjährigen Akzenten. Vordergründig paßt das Stück also. Ist es aber engstirnig, zu fragen, warum diese Bezüge nicht deutlicher gezeigt werden?
Ein weiterer Punkt: Die Fläche, auf der gespielt wird, ist falsch positioniert. Meine billige Eintrittskarte führt mich in den 2. Rang, also nach ganz weit oben. Die Sicht ist dementsprechend suboptimal. Die Spielfläche 2 Meter weiter in Richtung Orchester, die Sicht wäre besser gewesen und das Stück gleich gut.
Haben Schiller und Goethe tatsächlich so geschrieben wie auf der Duisburger Bühne gesprochen wird? Aus der Literatur kenne ich die gedrechselte Sprache mit ihrer ungewohnten Grammatik. Die Sprache scheint doch in die Heutige Zeit transponiert worden zu sein.
Bei den Vorbereitungen des Theaterbesuches hatte ich mir den Egmont-Text von Wikipedia besorgt. Ich bin mir bei der Durchsicht des Textes nicht sicher, ob die Personen deutlich genug herausgearbeitet werden. Die Direktansprache fehlt. Bei Wikipeda heißte Person "Brackenburg, ein Bürgersohn". Vielleicht habe ich ja was an den Ohren und den Schauspieler nicht richtig verstanden - auf der Bühne hört sich der Name wie (Brandenburg, ja, ja, genau, wie das ostdeutsche Bundesland) an. In Wikipedia kommen Personen wie "Margarete von Parma, Tochter Karls V., Regentin der Niederlande", "Ferdinand, sein natürlciher Sohn" und "Machiavell, im Dienst der Regentin" vor. Habe ich diese Personen tatsächlich auf der Bühne gesehen? Sicher bin ich mir nicht.
Der Inhalt ist über weite Strecken wiedererkennbar. Insbesondere am Ende gefällt mir die Verpackung überhaupt nicht. Die Gründe dafür sind ja oben genannt.
Autor:Andreas Rüdig aus Duisburg |
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