Ausstellung "Max Klinger: Von der herben Zartheit schöner Formen" im Lehmbruck-Museum

21. Januar 2011
19:00 Uhr
Lehmbruck Museum, Duisburg

Die Retrospektive zu Max Klinger (1857-1920) kommt 2011 ins LehmbruckMuseum. "Sie zeigt den Maler, Graphiker und Bildhauer als einen der einflußreichsten Künstler seiner Zeit, dessen Vorstellung vom Gesamtkunstwerk auch in seiner bildkünstlerischen Beschäftigung mit Musik (Ludwig van Beethoven), Literatur und Philosophie (Friedrich Nietzsche) zum Ausdruck gelangt," berichtet Andreas Benedict, Pressesprecher des Museums. Die Ausstellung ist vom 21. Januar bis zum 24. April 2011 zu gesehen. Doch Vorsicht! Die Öffnungszeiten sind ab sofort geändert. "Das Museum hat jetzt zwar nicht rund um die Uhr, dafür aber an siehen Tagen in der Woche geöffnet," berichtet Prof. Dr. Raimund Stecker, der Leiter des Museums. Montags und dienstags ist nur für angemeldete Gruppen offen. Mittwochs, freitags und samstags ist von 12 - 19 Uhr, donnerstags von 12 - 21 Uhr und sonntags von 11 - 19 Uhr offen. Die PlastikBar bietet donnerstags zwischen 19 und 21 Uhr auch Programm. "Max Klinger und die Folgen" ist beispielsweise der Vortrag von Prof. Markus Lüpertz am 3. Februar überschrieben. Es beginnt jedoch kulinarisch. Am 27. Januar zeichnet und kochte die Kunstvermittlung zu Max Klinger - "Kultur und Muschelsuppe" lautet hier das Thema. "Ein Begrüßungsgetränk für jeden Besucher ist im Eintrittsgeld von 8.- Euro inbegriffen," verspricht Stecker.

Berühmt wurde Klinger zunächst durch seine symbolistischen und gesellschaftskritischen Radierzyklen, sowie durch polychrom gestaltete Bildwerke wie "Die Neue Salome" (1893), "Kassandra" (1894) und "Beethoven" (1902). Wilhelm Lehmbruck stand vor allem im Düsseldorfer Frühwerk nachhaltig unter dem Einfluss Klingers.

Max Klinger erzählt im Graphikzyklus „Ein Leben“ vom Schicksal einer „gefallenen Frau“. Er ist damit der erste deutsche Künstler, der sich der Problematik zeitgenössischer Prostitution widmet. Im historischen Kontext dominiert die unterdrückende
Geschlechterrolle der Frau und die zwiespältige Sexualmoral des Bürgertums. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wird nun aber die Prostituierte bzw. die gebildete Hetäre zu einer vielseitig
deutbaren Reizfigur in Kunst und Literatur. In einer symbolistisch verschlüsselten Bildsprache verbindet „Ein Leben“ Zeitkritik mit einer anklagenden Ausdeutung, wobei die motivischen und
literarischen Quellen (Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche, Charles Baudelaire) vielfältig bleiben. Sie reichen von christlicher Ikonographie über klassische Motive der Kunstgeschichte bis in die triviale Bildwelt. Klingers Anspielungen auf künstlerische, philosophische und religiöse Themen vermitteln das komplexe Bild einer Weltanschauung und Selbstpräsentation, die ihn als einen der ersten problembewussten Künstler der künftigen Moderne in Deutschland zeigen.

Die ausgestellten Werke stammen aus der Sammlung Siegfried Unterberger, der aus Südtirol stammt. "Ich sammele seit 40 Jahren Kunst und seit 20 Jahren Klinger," berichtet der Sammler. "Eigentlich sammelte ich Künstler, die einen Bezug zu meiner Heimat haben."

Nach der Wende 1989 kam er aber nach Leipzig, wo er Klinger für sich entdeckte. Er kam durch die Rückgabe derjenigen Kunst, die von den Nazis gestohlen worden war, an die jeweiligen Werke. "Die früheren Besitzer wollten die Werke nicht aus Liebe zur Kunst, sondern aus Liebe zum Geld wiederhaben. Ich kaufte sie auf Aktionen auf." Daneben hat er nach eigenen Angaben auch einen Max Klinger - Freundeskreis aufgebaut, der Forschungen zu Klinger betreibt.

"Der 90. Todestag Klingers ist der äußere Anlaß für diese Ausstellung," berichtet Hans Dieter Mück, der zusammen mit Gottlieb Leinz die Ausstellung kuratierte. "Um 1900 herum war Klinger der Superstara der deutschen Kunst. Leben, Liebe und Tod sind dei großen Werke seiner Kunst. Er rehabilitiert dabei die Radierung als Kunst aus erster Hand. Er griff auf, was hinter dem schönen Schein steckte. Er zeigte das Elend und die Prostitution im aufstrebenden Berlin. Er war in Paris, Rom und Leipzig tätig. Er malte gigantomanische Bilder. Sein Bild ´Kreuzigung Christi´ war blasphemisch und verursachte einen Skandal. Bei der Ausstellung in München mußte ein Lendenschutz davor befestigt werden. Bildhauerei und Radierung hat er sich autodidaktisch beigebracht."

"Duisburg braucht positive Signale. Diese Ausstellung ist ein solches Signal," geht Stecker auf Mücks Bemerkung ein, daß diese Ausstellung eine Premiere sei, weil Klinger noch nie in Duisburg gezeigt worden war. "Sie zeigt einen wunderbaren Dialog zwischen Lehmbruck und Klinger. Die Faust - Zeichnungen, die seit 30 Jahren nicht mehr gezeigt wurden, sind ein Beispiel dafür. Wir wollen die Wurzeln Lehmbrucks thematisieren. Museen haben aber auch die Aufgabe, privates Engagement zu sozialisieren. In der Zukunft wird es ein institutinalisiertes Lehmbruck-Archiv bei uns geben. Wir wollen in 5 Jahren erreicht haben, daß es weltweit keine Lehmbruck-Information gibt, ohne daß wir konsultiert wurden."

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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