Streit um den Bahnhofsvorplatz

18. Juni 2012
Rathaus Duisburg, 47051 Duisburg

Gestern gab es eine gemeinsame Sitzung der Bezirksvertretung Mitte sowie des Ausschusses für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr. Einziger Tagesordnungspunkt: die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes.

"Die Überdeckelung der A 59 durch den Landesbetrieb Straßen.NRW war im Frühjahr 2011 soweit abgeschlossen, daß ein Baubeginn entsprechend der vom Rat am 6.12.2010 beschlossenen Gestaltung möglich gewesen wäre. Im Juli 2011 hat die Bezirksregierung Düsseldorf nach Erfüllung mehrerer Auflagen durch die Stadt Duisburg dem sog. `vorzeitigen Maßnahmenbeginn´, also der Ausschreibung und dem Beginn der Bauarbeiten bereit vor Erlaß des Förderbescheides zugestimmt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Planung und die Ausschreibungsunterlagen soweit fertiggestellt, daß die Ausschreibung unmittelbar hätte beginnen können. Der Förderbescheid erging am 14.12.2011. Am 6.1.2012 wurden die Bauleistungen ausgeschrieben. Es ging kein wirtschaftlich vertretbares Angebot ein, die Ausschreibung wurde Ende Februar 2012 aufgehoben.

Grundlage der Ausschreibung war ein von dem beauftragten Planungsbüro erstelltes und bepreistes Leistungsverzeichnis, welches von einem weiteren Planungsbüro auf seine sachliche und rechnerische Richtigkeit geprüft worden war. Erst Mitte Mai 2012 stellte sich heraus, daß dieses Leistungsverzeichnis Kalkulationsfehler enthielt und nicht mehr davon ausgegangen werden kann, die ausgeschriebenen Leistungen zu den kalkulierten Preisen zu erhalten," beschreibt die Beschlußvorlage die Ausgangssituation.

In der Sitzung ist dann zu erfahren, daß die geplanten Kosten bei rund 2,8 Mio. Euro liegen. Das eingereichte Angebot veranschlagte Kosten in Höhe von 3,8 Mio. Euro. Es wird eine engere Zusammenarbeit von Stadtplanungsdezernat und Entwicklungsgesellschaft Innenstadt geben, was beispielsweise die Kostenkalkulation anbelangt. "Wir werden die Zahlen überprüfen, was die Kostenkalkulation betrifft," ist von dort zu hören.

Die kommende Ausschreibung soll nach unterschiedlichen Losen, also Gewerken, aufgeteilt werden, wie Dr. Andreas Kipar vom gleichnamigen Architektenbüro mitteilte.

"Mehr Grün! Wir wollen den Bahnhofsplatz grün machen. Wir wollen aus dem Bahnhof in die Innenstadt lenken," stellt er in einer Power-Point-Präsentation die neue Vision des Bahnhofsplatzes vor. "Die Städte wollen atmen und brauchen mehr Grünflächen." So sind in der neuen Planung rund 5.000 Quadratmeter Grünflächen vorgesehen. Von den Infoflächen, wo sich beispielsweise Zoo und Lehmbruck-Museum selbst vorstellen können, ist bei dieser Präsentation keine Rede mehr. Kipar führt auch eine Begründung für diesen Meinungsumschwung an: "Es gab Gespräche bezüglich der thematischen Inseln, die früher angedacht waren. Es besteht kein Bedarf."

Ich persönlich gehöre zu den Zeitgenossen, die sich nichht jeden Tag mit der Bahnhofsvorplatte beschäftigen. Wenn ich daran vorbeikomme, wundere ich mich eher, warum sich dort, quasi an der Visitenkarte Duisburgs für Bahnreisende, nichts tut. Ob es an dem wirren Vortrag Kipars lag?

Kipar erntete partei- und gremienübergreifend Kritik für seine Vorschläge. Und das massiv. "Aus der Bahnhofsvorplatte ist eine Bahnhofsvorplatte light geworden. Die Argumente von vor einem Jahr gelten nicht mehr. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Arbeit und gewinnen so Vertrauen zurück," ist beispielsweise von der SPD zu hören.

"Wir sehen einen solchen Bahnhofsvorplatz, wie Sie ihn planen, als Schandfleck."

"Das Vertrauen, daß das Projekt gelingt, ist nicht größer geworden." Thomas Susen von der CDU brachte dieses Argument.

"Wir brauchen nicht zweieinhalb Jahre für eine Feld-, Wald- und Wiesenfläche."

Das Ende vom Lied: Stadtplanungsdezernent Carsten Tum zog die Beschlußvorlage zurück. Die Diskussion um die Bahnhofsvorplatte wird also weitergehen. Duisburg hat damit sein nächstes Trauerspiel.

An dieser Stelle sei ein persönlicher Kommentar erlaubt.

Ich habe vor über 15 Jahren angefangen, journalistisch zu arbeiten. Von Kommunalpolitik hatte ich damals nicht viel Ahnung. Woher auch? Ich kannte sie damals nur als Zeitungsleser aus der WAZ. Heute besuche ich im Rahmen meiner Möglichkeiten den Wirtschaftsausschuß, den Arbeitsausschuß, den Integrationsrat und den Kulturausschuß, gelegentlich auch den Seniorenbeirat und den Beirat für Menschen mit Behinderungen. Schaue ich mir an, wie bei uns in Duisburg Politik gemacht und mit dem Geld anderer Leute (nämlich den Steuergeldern von uns DUisburger Bürgern) umgegangen wird, habe ich keine Lust mehr auf Politik. Ob es sich wohl lohnt, in eine andere Stadt umzuziehen? Da ist natürlich auch nicht alles Geld, was glänzt. Schlimmer als bei uns geht es aber nimmt. Oder?

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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