Loveparade-Katastrophe: Stiftung hilft Betroffenen und Hinterbliebenen
Fünfeinhalb Jahre nach dem Unglück im Karl-Lehr-Tunnel während der Duisburger Loveparade benötigen immer noch viele Betroffene und Hinterbliebene der 21 Opfer Hilfe und Unterstützung. Die Stiftung „Duisburg 24-7-2010“ möchte Angehörigen und Traumatisierten der Katastrophe deutschlandweit Hilfe anbieten.
„Der Zweck der Stiftung, die zunächst für den Zeitraum von zehn Jahren arbeiten soll, ist es, Menschen, die immer noch Hilfe brauchen, zu unterstützen. Unsere Botschaft lautet: Wir lassen niemanden allein“, berichtet Pfarrer Jürgen Widera, seit 2013 Ombudsmann und Ansprechpartner der Betroffenen des Loveparade-Unglücks, bei einer Pressekonferenz.
Nach der Tragödie mit 21 Toten und über 500 Verletzten hatten sich Angehörige und Opfer in Initiativen zusammengeschlossen, eine Anlaufstelle als solche existierte nicht. „Es gibt Traumazentren, aber dass man sich mit Leuten austauschen kann, denen das Gleiche passiert ist, das gab es nicht“, erzählt Gründungsmitglied und Sprecher des Beirats Manfred Reißaus, der bei dem Unglück seine Tochter verloren hatte. Die Stiftung, die in ihrem Namen das Unglücksdatum führt, wurde am Vorabend des letzjährigen Jahrestages nach Auflösung der Betroffenen-Initiative „LoPa 2010 e.V.“ ins Leben gerufen. Betroffene finden bei einer Kontakt- und Informationsstelle Hilfe und Unterstützung. Deren Leiterin Angelika Köhler führt aus: „In Planung ist die Gründung einer moderierten Gesprächsgruppe für Betroffene. Denn die erlittenen Traumata der Menschen äußern sich auf vielfältige Weise.“ Zudem sei das Warten auf einen Prozess - das Landgericht Duisburg entscheidet voraussichtlich in diesem Frühjahr darüber, ob es zwei Jahre nach Anklageerhebung zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird - eine starke Belastung für die Betroffenen. Auch hier möchte man Unterstützung anbieten. „Wir möchten der Justizbehörde als Berater zur Verfügung stehen“, sagt Angelika Köhler. „Wir haben immer noch viele Betroffene, die Hilfe benötigen“, weiß Jörn Teich, Gründungsmitglied und selbst Traumatisierter der Massenpanik bei der Loveparade. „Was Angehörige und Betroffene verbindet, ist, dass wir nicht abschließen können, jeder Traumatisierte ist individuell und der Bedarf ein unterschiedlicher“, so Teich. Er fährt fort: „Wir fallen in ein Betreuungsloch. Mithilfe der Spendengelder ist es möglich, dass Betroffene schneller Hilfe bekommen können, Psychotherapeuten etwa schneller zugewiesen werden können.“
Eine Gedenkfeier zum Unglück wird es in diesem Jahr nicht geben, sondern ein stilles Gedenken. Hierzu Manfred Reißaus: „Viele Eltern der Opfer fühlten sich vorgeführt und möchten dies so nicht mehr.“ Birgit Nellen, als Teamleiterin im Dezernat des Oberbürgermeisters seit 2013 ebenfalls Ansprechpartnerin für die Angehörigen und Betroffenen und zuständig für die Organisation der Gedenkveranstaltung zum diesjährigen Jahrestag: „Das öffentliche Gedenken wird auf Wunsch der Hinterbliebenen und Betroffenen in diesem Jahr im Rahmen der ‚Nacht der 1000 Lichter’ stattfinden. Diese wird auf den Abend des 24. Juli verschoben. Der Gedenkgottesdienst für die Hinterbliebenen, der bislang am 23. Juli stattgefunden hat, wird auf den 24. Juli verschoben.“ Der Unglücks-Tunnel wird zwischen 16 und 18 Uhr nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Erstmals werden sich Hinterbliebene und Betroffene zum Zeitpunkt, an dem sich das Unglück ereignete, gemeinsam dort aufhalten. Birgit Nellen weiter: „Am letztjährigen Gedenktag konnte eine Gedenktafel angebracht werden. Bis zur diesjährigen Gedenkveranstaltung wird die Bodenplatte angehoben und eine indirekte Beleuchtung installiert.“ Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, Sprecher des Stiftungs-Kuratoriums: „Das Unglück hat eine tiefe Wunde in der Stadtgesellschaft verursacht, die längst nicht verheilt ist. Mit der Stiftung kann die Wunde vernarben. Die Gedenkstätte ist ein Symbol für den Riss in der Gesellschaft.“ Um Frieden schließen zu können wünschten sich Angehörige zudem ein Abschlussgespräch mit dem Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller, weiss Jörn Teich.
Info:
Aufgaben der Stiftung sind, Hinterbliebene und Betroffene zu beraten und zu unterstützen, die Pflege der Gedenkstätte und die Organisation der jährlichen Gedenkveranstaltung. Das Stiftungskapital von 50.000 Euro wurde durch Dritte zur Verfügung gestellt. Die Stiftung finanziert ihre Aufgaben unter anderem aus Mitteln, die bei der Stadt Duisburg beantragt werden sowie aus Spenden. Sofern die Mittel ausreichen, kann auch Menschen geholfen werden, die von Unglücken betroffen sind, die zu vergleichbaren Notlagen und Traumatisierungen geführt haben. Weitere Infos HIER.
Autor:Marjana Križnik aus Düsseldorf |
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