It is not all English what shines

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Es gibt höchst unterschiedliche und gleichwohl sehr vergnügliche Möglichkeiten, den Abend der traditionellen Altweiberfastnacht zu verbringen. Ihm zuzuhören, seinen Geschichten und Bildern gedanklich und bildlich zu folgen, ist eine der herausragenderen Arten der altweiberfastnachtlichen Freizeitgestaltung. Er ist der Mann, der von sich sagt, er sei der dienstälteste Waliser zwischen Rhein und Ruhr. Geboren 1955, verbrachte er seine Kindheit in einem Haus mitten in von Sagen umwobenen Wäldern. Seine Mutter Barbara sprach und spricht Englisch, gespickt mit Walisisch. Vater Harold stammt aus Mittelengland und erzählt noch heute die Geschichten von den Tieren, die er und sein Bruder so liebten.

Einst jobbte er auf den Obstplantagen in der Umgebung von Avignon und dann trieb ihn die Unruh nach Deutschland – wegen der zentralen Lage, der Möglichkeit, zu reisen und gleichzeitig zu studieren und arbeiten zu können sowie, nicht ganz unwichtig, wegen seiner ersten deutschen Freundin. Er wurde diplomierter Sozialwissenschaftler, Lehrer in der Erwachsenenbildung, Übersetzer in der Stahlindustrie, Dolmetscher bei der Polizei, Prüfungsbeauftragter der Londoner Handelskammer in den neuen Bundesländern und schließlich Bürokrat: als Europareferent in seiner Wahlheimat Duisburg. Und nicht zuletzt ist er bekennender Fan von Liverpool FC und – Hommage an seine jetzige Heimat – vom MSV Duisburg.

Er, das ist Robert Tonks, 56. Überaus sympathisch, charmant, sportlich und ein begnadeter Redner.

Robert Tonks war es also, der meinen Altweiberfastnachtabend zu einem Vergnügen pur werden ließ. Denn Robert Tonks sprach in der VHS Duisburg über das Thema „It is not all English what shines.” Allein der Titel der Veranstaltung signalisierte kurzweilig Interessantes. Und Robert Tonks enttäuschte nicht. Als Gäste waren unter anderem Desmond Jarvis von der Deutsch-Britischen Gesellschaft und Danny Ortwein, von einem Robert Tonks-Interview immer noch beeindruckter Moderator von Radio Duisburg, in die VHS gekommen.

Den Einstieg in zwei rasant vergehende Stunden gestaltete Robert Tonks mit einer Anekdote und mit Grundsätzlichem. Die Anekdote: Just nach Deutschland gekommen, verspürte Tonks Hunger, betrat deshalb eine Bäckerei und bestellte bei der Bäckereifachverkäuferin ein belegtes Brötchen. Die verkaufsorientierte Bäckereiangestellte wies ihn auf die Vielfalt des häuslichen Angebotes hin und erkundigte sich nach seinem konkreten Wunsch hinsichtlich der schmackhaften Belegung des Brötchens. Rob Tonks bestellte „Käse“. Daraufhin sah ihn die angestellte Bäckereifachverkäuferin durchdringend an und fragte: „Holländer?“ Worauf Tonks im Brustton der Überzeugung antwortete: „Nein, Engländer!“ Und die junge Bäckereimitarbeiterin antwortete fassungslos: „Das haben wir nicht!“

Danach das Grundsätzliche: Englisch, so Rob Tonks, sei in alle Lebenslagen der Deutschen und in alle Unterabteilungen der deutschen Sprache und Grammatik eingedrungen. Doch Vorsicht: Die Art und Weise, wie die englischen Begriffe in die deutsche Sprache aufgenommen würden, zeuge in höchstem Maße von Unsicherheit, denn die Begriffe würden meistens uneinheitlich und häufig verwirrend verwendet. Symptomatisch für den gegenwärtigen Stand dieser Evolution des Alltagsdeutsch sei, so Rob Tonks, das deutsch-englische Begriffspaar „bad design“. Dieses Suchwort nämlich gab Tonks vor einiger Zeit in eine nicht gerade unbekannte Suchmaschine ein, um Beispiele für schlechte Produktgestaltung – also „bad design” (im englischen Sinn) – zu finden. Völlig perplex stellte er fest, dass die Suchmaschine ihm auch eine Vielzahl von Seiten mit dem Inhalt „Moderne Badezimmergestaltung“ in Deutschland (!) anbot. Damit nicht genug: Er entdeckte sogar mehrere Badezimmeranbieter im deutschsprachigen Raum, die einen „mega bad design online shop“ unterhalten. „Das gibt es doch nicht“ dachte er, wusste aber sofort, dass es so etwas doch gibt. Auch in Duisburg?

Kurzerhand schnappte er sich seine Kamera, fuhr in die Stadt und begann auf der Flaniermeile Königstraße, mitten in der Stadt, mit seiner Suche. Mit frappierendem Ergebnis: Von 60 Geschäften an der Kö benutzten 59 Läden Anglizismen in ihrer Werbung. 59 von 60! Den Preis für das meistgenutzte Wort gewann dabei „SALE“.

Wer über Duisburgs Kö spaziert, kommt unweigerlich auch bei Douglas vorbei. Die warben vor Jahren mit dem Slogan „Come in and find out“ – und meinten damit „Komm herein und entdecke“. Klingt nett, war aber trotzdem ein Flop, denn it is not all English what shines. Hier in Deutschland nämlich fand der Slogan eine ganz andere Übersetzung: „Komm herein und finde wieder heraus.“ Punkt. Flop. Schluss. Slogan vom Markt genommen.

Tonks hatte ein weiteres höchst amüsantes Beispiel zur Hand. Ein Friseur, inspiriert von dem Lied „Love is in the air“, textete flott und unbekümmert „Love is in the hair“. Was ihm prompt Ärger mit Menschen einbrachte, die Glatze tragen (müssen) und sich keinesfalls von der Liebe abgeschnitten fühlten.

Als Rob Tonks mit Wolfgang Schwarzer von der Duisburger VHS über die bisherigen Erlebnisse und Erfahrungen sprach, ermunterte dieser ihn, ein Buchprojekt in Angriff zu nehmen. Und bot selbstverständlich sofort einen Termin für einen Vortrag bei der VHS an: 3. März 2011. Tonks arbeitet seit diesem Gespräch mit ein paar Wegbegleitern am Buch „It is not all English what shines“ – und steht kurz vor der Druckphase. Die Vorarbeiten sind abgeschlossen, die Feinarbeiten laufen. Die Internetseite ist bereits online.

„It is not all English what shines“ wird die witzige Seite des Strukturwandels der deutschen Sprache, der durch die Aufnahme von englischen Begriffen gekennzeichnet wird, behandeln. Ich behaupte schon heute – auch mit einem vorsichtigen Seitenblick auf Bastian Sick (Der Spiegel, Zwiebelfisch): Bestsellerverdächtig.

Den Wert dessen, womit sich Robert Tonks beschäftigt, erkannte auch Dr. Matthias Wermke, bis 2010 langjähriger Chef des Duden-Verlages; Wermke schrieb am 15.02.2011 an Tonks (Zitat): „Wie Sie das Projekt jetzt im Internet umsetzen, ist beachtlich. Die Aussagen der Fotos werden durch Ihre mit Minimaltexten ergänzten Zeichnungen besser veranschaulicht als durch jede umständliche Erläuterung… Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sie aus einer wachsenden Fan-Gemeinde tagtäglich mit neuen Funden versorgt werden. Sie haben so ein lebendes Projekt. Glückwunsch. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Spaß mit und an “It’s not all English what shines”. (Zitatende)

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Außer: Wenn Sie mehr über „It is not all English what shines“ erfahren möchten oder selbst Bildbeispiele an Robert Tonks liefern können (darüber freut er sich riesig), dann besuchen Sie seine Homepage:

www.robert-tonks.de

Viel Spaß.

Kurze Autorenbotschaft an Robert:
Wenn Du im nächsten Jahr an Altweiberfastnacht nichts anderes vorhast, als einen Vortrag an der VHS zu halten, dann sage rechtzeitig Bescheid. Ich komme mit Freu(n)den!

Autor:

Günter Sickmann aus Duisburg

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