Dörbie! Fieber!!
Dortmund gegen Schalke - wen interessiert das denn?
Das Buch zum Spiel der Woche: „Das Revierderby: Herne-West gg Lüdenscheid-Nord“
Fußball-Literatur hat es schwer. Sie fristet ein Schattendasein inmitten der Flut der Aktualität dieses Sports. Die wöchentliche Masse von Spielen und ihren Geschichten, Neuigkeiten und veränderten Tendenzen überrollt das geschriebene Wort von gestern fortwährend.
Die besondere Attraktivität des Sports, die Konstante, abseits von Sieg und Niederlage, sie lässt sich nur schwer in Worte kleiden.
Dynamik, Ästhetik, Dramaturgie – all das wird visuell und auch noch über die Kulisse akustisch wahrgenommen und empfunden.
Der Autor des Buchs zum Spiel, Friedhelm Wessel, versucht es auch gar nicht erst, sich in irgendeiner Form literarisch zu engagieren. Dem Leser wird eine denkbar nüchterne Chronik serviert. In einer Aufzählung von Zahlen, Daten und Fakten erfahren wir allerdings einige interessante Informationen über die Historie dieses Spiels, beginnend in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Ergänzt wird diese Liste noch von einigen wenigen Anekdötchen über ganz besonders ausgefallene Spiele zwischen den Kontrahenten, die aber fast jedem interessierten Fan längst bekannt sein dürften.
Wirklich klasse sind die zahlreichen Fotos von Spielen, Fans und Kulissen im Lauf der Zeit. Nicht nur gruselige Frisuren mancher Spieler und Fans amüsieren hier. Auch das besondere Drumherum bringt einem die Atmosphäre der Welt von damals näher. Zuschauer die sich in Baumkronen und Fluchtlichtmasten stapeln, uralte Stadien ohne jeden Schmuck und Komfort, Fans in Hut, Hemd und Mantel, ohne jeden Fanartikel, Trikot oder Fanschals.
Leider sind die Bildbeschreibungen dazu etwas sehr dürftig.
Wir erfahren auch tatsächlich kolossale Neuigkeiten. Als zB Schalke anno 1934 erstmalig die Deutsche Meisterschaft gewann, wurden sie auf der Rückfahrt durch Dortmund bejubelt und auch noch zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt komplimentiert.
Unglaublich, weil heutzutage unvorstellbar.
Dortmund war damals noch Fußballprovinz, man freute sich daher eher mit dem Nachbarn, der noch für die gesamte Region siegte.
Erst mit dem Aufstieg des BVB in konkurrenzfähige Sphären nahm das Interesse an dem Lokalen Duell auf der höheren sportlichen Ebene zu.
Alles gut und schön soweit. Was fehlt? Warum soll das so ein besonderes Spiel sein? OK, ich weiß es, wie auch 99% aller nur ansatzweise sportinteressierten Bewohner des Ruhrgebiets.
Diese so fußballfixierte Region lebt und zelebriert ihre Hauptsache Nummer 1 besonders intensiv.
Emotionen, Reibung, Identifikation, Hass, Begeisterung, explodierende Freude, abgrundtiefer Frust, all das gelebte Fandasein - davon erfahren wir in diesem Buch wenig bis Nichts.
Schade. 306 Spiele beschert uns die 1. Bundesliga alljährlich. Warum sollen diese 2 hier so speziell sein? Das fehlt.
Als Fan eines ganz anderen Clubs muss ich das hier nicht haben, als Fan des Sports und des Ruhrgebiets aber sauge ich es interessiert auf.
Dennoch ist mein Verein natürlich in jedem seiner 34 Saisonspiele hundert mal interessanter :-).
Eine verpasste Gelegenheit, aber dennoch ein beachtliches Buch.
Autor:Peter Neppl aus Duisburg |
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