Die mit den Pfeilen flüstern: Rheinhauser Bogensportler fahren zur Deutschen Meisterschaft
Sie flüstern nicht nur mit ihren Pfeilen, sie nennen sich auch ganz offiziell „Pfeilflüsterer“: die Bogenschützen der VSG Rheinhausen.
Wer hier den Bogen spannt und gut trainiert, hat mitunter Chancen, Deutscher Meister zu werden. Der Wochen Anzeiger schaute sich um in der „Kaderschmiede“ an der Fährstraße.
Sie schießen mit Carbon- oder Aluminiumpfeilen auf Kunststoff- oder Strohscheiben, zählen Ringe statt Punkte und nennen ihre Sportgeräte mit oder ohne Visier Langbogen, Recurve, Reiterbogen oder Compound.
Letzterer ist ein richtiger Rambobogen. Ein echtes Hightech-Gerät mit Umlenkrollen, die dem Schützen das Spannen erheblich erleichtern.
„Da lastet nur ein Drittel des normalen Gewichts auf den Fingern an der Sehne“, erklärt Abteilungsleiter Uwe Kurzweg.
Der 55-jährige Schießleiter trägt in der Mehrzweckhalle die Verantwortung für die Sicherheit. Es gibt strenge Regeln: Alle Bogensportler stehen hinter einer Linie, 18 Meter weiter stehen die Zielscheiben. Erst wenn alle ihre Pfeile „gelöst“ haben, gibt Kurzweg das Kommando „Fertig? Dann Pfeile holen.“
Sicherheit geht also absolut vor. Das ist auch spürbar in der Halle. „Pfeil runter, wenn du dich drehst“, ruft Hans-Dieter Bergs, vierfacher Deutscher Meister, einer anderen Sportlerin zu.
Achtung, gefiederte Geschosse!
Klare Sache, wer einmal gesehen hat, welchen Speed (bis zu 330 Stundenkilometer beim Compound) die gefiederten Geschosse entwickeln, der hat wirklich Respekt.
Insgesamt fünf Bogensportlerinnen und -sportler der VSG haben sich in diesem Jahr für die Deutsche Hallenmeisterschaft qualifiziert: Melanie Eimer, Yvonne Acker und Karsten Drüen für die DM in Bitterfeld-Wolfen am 22. März. Tobias Eimer (U20) und Hans-Dieter Bergs (Ü55) fahren am 15./16. März nach Minden – sie haben die besten Chancen von allen, aufs Treppchen zu steigen.
Bergs greift seit 1996 in seinen Köcher. „Ich war schon so oft dabei, da bin ich nicht mehr nervös“, schaut der 58-jährige gebürtige Homberger voraus. Sein Ziel für Minden: „Mit Freude hinfahren und das beste Ergebnis schießen.“
Auch der junge Tobias Eimer hat fünf Jahre Erfahrung. Zuletzt konnte er das Rheinische Hallenchampionat in der Juniorenklasse mit 65 Ringen Vorsprung deutlich für sich entscheiden. Auch er stapelt tief. „Unter die ersten zehn kommen“, will der Rumelner lediglich.
Uwe Kurzweg erklärt die Zurückhaltung. „Zu hohe Ziele zu setzen, ist für den Bogensport nix“, weiß er. Wer zuviel wolle, gehe zu verkrampft ins Turnier. Ohnehin seien die Resultate tagesformabhängig.
Tobias Eimer wurde bei seinem letztjährigen DM-Auftritt 41ster. „Da war ich nervös bis zum geht nicht mehr.“ Das habe er jetzt abgelegt. Was der Schreiner-Azubi schätzt am Bogensport, seien die innere Ruhe und die Konzentration.
Für diesen Sport der ruhigen Hand ist viel Training nötig. Die Feinde der Schützen sind Schreckhaftigkeit, wenn das Umfeld zu laut ist, oder technische Fehler: Die Lösehand muss gleichmäßig aufgehen und der Bogenarm muss stehen bleiben.
Über die Trainingszeiten (Mittwoch und Samstag) hinaus üben die Fleißigsten regelmäßig zuhause mit dem Deuserband das Dehnen.
Maschinenschlosser Bergs hat sogar die Möglichkeit, „auf der Arbeit in der Halle“ zu trainieren. Das beste Ergebnis seiner Karriere hat er erzielt, als er täglich eine Stunde trainierte.
Neben Pfeil, Bogen und Köcher braucht der Schütze allerhand Equipment: Pfeilrichtzange, Nockenzange, Checker, Imbusschlüssel, Federstifte, Pfeilziehhilfe, Wachsstifte für die Sehne, Silikonöl für die Spitzen und ein Befiederungsgerät. Das ist eine Vorrichtung zum Federkleben, denn eine schlecht geklebte Feder fliegt schon vom Pfeil ab während des Flugs.
So hat der Sport allerlei Aufregendes und Technisches zu bieten und macht nachvollziehbar, warum die VSGler gerne die Bögen anlegen.
Hans-Dieter Bergs räumt denn auch nach all den Fragen und Fotos ein: „Na klar, ich fahre nach Minden, um den Titel zu holen. Die Konkurrenz ist zwar gut, aber bei guter Konkurrenz kann man sich auch steigern.“
Na, also. Die Einstellung stimmt. So etwas will man hören im sportbegeisterten Duisburg.
Autor:Harald Landgraf aus Dinslaken |
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