Die Magische 7 – was ist denn normal?

Zufälle gibt’s, hier nicht.

Es gibt 7 Weltwunder, 7 Todsünden, Pro7, 7 Berge und ebenso viele Zwerge.

Mit etwas Mühe ließen sich noch viele andere Verwendungszwecke für diese eine Zahl aufspüren, der schon seit der Antike eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird.

Magische Zahlen, gibt es so etwas? Gibt es Magie, Übersinnliches, irgend etwas was ich nicht sehen kann?
Der jüngst von uns geschiedene Timo Konietzka, berühmt geworden als erster Torschütze der Bundesliga wie auch als sehr passabler Spieler und Trainer betonte dazu noch kürzlich seine Sicht der Dinge:
„Was ich nicht sehen kann gibt es auch nicht!“ Diese Überzeugung entstammt einer harten Jugend im Ruhrgebiet der 40er/50er Jahre, aufgewachsen in einer konfessionslosen Familie aus lauter Malochern im Bergbau.
In diesem Milieu war es sicherlich schwer bis unmöglich fromme Sprüche zu hören und zu leben.

Dennoch könnte man ihm entgegentreten und auf solche Sachen wie Schwerkraft, Liebe, Gedanken, Strahlung, Träume, Gefühle, Schmerzen oder eben Magie und all diese unsichtbaren Dinge hinweisen.
Geschenkt, nun hat sicher gute Mann also verabschiedet, nach einer üblen medizinischen Diagnose die in der Schweiz legale Sterbehilfe in Anspruch genommen um ein Dahinsiechen zu vermeiden, das niemandem zu wünschen ist.

Über ein DANACH hat er sich nur gedacht, dass es so etwas nicht gibt: „Man wird geboren und irgendwann ist es eben vorbei.“, gab er noch jüngst zu Protokoll.
Gedanken, grau wie der Ruhrpott anno 1950. Ob er es jetzt besser weiß? Ich mir da sogar sicher. Was aber muss das für ein tristes Leben sein, in Erwartung des Nichts, der absoluten Dunkelheit und Stille?

Von diesen trüben Gedanken nun in pietätvoller Weise die Kurve zu einem schnöden Freizeitvergnügen wie Fußball zu bekommen ist – beinahe - unmöglich.
Deswegen versuche ich es gar nicht erst sondern nutze den brutalen Schnitt stilistisch. Von der Würdigung eines Verstorbenen zum profanen wirklichen Leben ist nicht so weit.
Es geht weiter, immer weiter.

Ewig und drei Tage schafft kein Team mehr als ein paar kümmerliche Törchen pro Spiel. Es ist die Schwäche dieses Sports, dass gelegentlich sogar eine absolute Null-Leistung belohnt wird.
Kaum eine andere Sportart kennt einem Null zu Null vergleichbare Wertungen. Deswegen kann sie sich auch nicht in den USA durchsetzen, wo hohes „Scores“ gefragt sind.

Oft genug misshandeln sämtliche anwesenden Spieler Ball und Nerven der Zuschauer so dilettantisch, dass nur ein Punktabzug für beide Teams für Gerechtigkeit sorgen könnte.

Plötzlich und unerwartet aber geschehen Dinge die turmhoch aus dem trist-grauen Einerlei der Uninspiration herausragen.
Das kann passieren, ob Zufall oder nicht. Die Perfektion der angepassten Gleichförmigkeit wird irgendwann derartig unwahrscheinlich, dass ein Ausreißer großen Ausmaßes geradezu geschehen muss.
Nach jahrelanger Wartezeit also endlich schießt der beste Spieler aller Zeiten mal 5 Tore in der Champions League und siegt 7-1.

Solch ein Höhepunkt menschlichen Schaffens geht in diesem Fall einher mit totalem Versagen des Gegenparts. Anders als bei großen Kunstwerken, deren Schaffen in absoluter Leistung zu messen ist kann ein Tor auch auf einer Fehlleistung beruhen, sei es ein Eigentor, oder gar die Abwehr von Bayer 04 Leverkusen.
Das 7-1 von Barcelona führt so zu einem sehr zwiegspaltenen Echo. Elogen für die Helden werden begleitet von Hohn und Spott für deren bemitleidenswerte Verehrer auf der anderen Seite von Spielfeld und Talentskala.

Der wenige Tage zuvor erzielte Sieg gegen die Bayern ward vergessen, die mit der Vokabel „Schnelllebigkeit“ beschriebene Untreue von Glück und Genuss eines Sieges noch stark untertrieben.
Passender wäre „Kurzlebigkeit“ oder schnell-tödlich. Es geht aber NUR um Sport, nur. Solche Sorgen möchte man haben.
Wenn das alles ist.

Der sollte doch das Leben verfeinern und anreichern, mehr, nicht weniger.

Genau das passiert dann wenige Tage später auf der großen Bühne: das nächste 7-1 folgt. Bayern, die noch genau 7!! Tage zuvor gegen eben die Leverkusener bei einem 0-2 in die ganz große Krise stürzten – sie spazieren über einen halbwegs ernsthaften Bundesligisten als wäre es nichts Besonderes. Hier wie drüben kam das Ergebnis ohne Spannung und Aufbäumen zu Stande.

Das Abschlachten eines wehr- wie hilflosen Gegners mag verpönt sein. Sie aber wollten doch nur spielen und sich die Zeit vertreiben bei dem was sie eben am besten können.
Mismatch nennt der Brite wie Amerikaner unpassende Paarungen wie diese: 11 weltberühmte Superstars in bester Laune gegen eine bessere Nachwuchstruppe ohne Plan und Mumm.

Kann passieren, also auf zur nächsten 7, in der Champions League gegen Basel, wie im Rausch und ohne erkennbare Mühen.
Auch das hätte höher ausgehen können, so wie das dann folgende 6-0 gegen Berlin, erneut wenige Tage später.
Liegt es am nahenden Frühling, an einer besonderen Inspiration?

Zufall?

Unsinn. Den mag es hier und da geben, manchmal in unwahrscheinlicher Häufung. Es wird nicht ewig weiter gehen mit den irren Torfluten. Dann verlören sie ihre Besonderheit.
In Zeiten großangelegter Angleichung und verbreiteten Durchschnitts aber gilt es Dinge zu würdigen, die herausragen.

Die Zeichen des Mehr, des Besonderen zu ignorieren verbietet sich.

Autor:

Peter Neppl aus Duisburg

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