Unterwegs auf Sylt
Sylt - kreuz und quer über die Insel - Streifzüge mit Kunstentdeckungen
Sylt - da scheiden sich die Geister. Die einen lieben die Insel heiß und innig, die anderen lehnen sie strikt ab. Die nordfriesische Insel gilt als zu teuer, zu überlaufen, zu schickimicki, versnobt, verbaut. Andererseits lockt sie mit einem 40 km langen Sandstrand, mit Kliffkanten, Dünen und Heideflächen, mit Reetdachhäusern und Hügelgräbern, mit alten Kapitänsorten und idyllischer Wattseite. Wie ist sie nun - die Insel Sylt?
Wir wollten es herausfinden und haben die Insel durchstreift, zwischen List im Norden und Hörnum im Süden, zwischen Weststrand und Morsumer Kliff im Osten. Dass wir bei unseren Wanderungen auf Kunst gestoßen sind, ist reiner Zufall. Wir haben nicht danach gesucht. Sie ist uns sozusagen vor die Füße gefallen. Wir haben sie gerne entdeckt und uns immer wieder aufs Neue überraschen lassen.
Sylt - Insel mit vielen Gesichtern
Bei unseren Streifzügen kreuz und quer über die Insel lernten wir ihre vielfältige Landschaft kennen. Schon bei unserer Anreise per Fähre von der dänischen Insel Rømø nach List sahen wir auf den schmalen Sand- und Dünenstreifen, Ellbogen genannt. Den Namen hat die schmale Halbinsel nördlich von List weil sie sich wie ein über den Kopf gebogener Ellbogen nach Osten schiebt. Am Nordstrand des Ellbogens steht man übrigens am nördlichsten Zipfel Deutschlands. Die weite Dünenlandschaft ist filmreif. Roman Polanski hat hier einst den passenden Drehort für seinen Film "Ghostwriter" gefunden. Ansonsten haben hier andere Vorfahrt: Schafe und die Wanderdünen. Die Lister Wanderdünen wandern tatsächlich, durchschnittlich sechs, manches Jahr sogar bis zu zehn Meter in Richtung Osten.
Laufen, laufen, laufen... wir Strandläufer lieben den unendlich scheinenden Weststrand. Bei unserem Besuch im März mussten wir uns Sturmböen entgegenstemmen oder besser mit ihnen über den Sand laufen und dabei aufpassen, dass uns das Handy beim Fotografieren nicht aus den Händen flog. Herrlich, über die Bohlenwege oberhalb des Strandes zu spazieren, so zum Beispiel zwischen Wenningstedt und Kampen, immer mit Blick zum Meer. Auf dieser Strecke liegt das Rote Kliff, eine Steilküste, die auf knapp 30 Meter ansteigt und bei Sonnenuntergang ihrem Namen alle Ehre macht.
Von der stürmischen Seeseite wechselten wir zur ruhigen Wattseite und wurden von einer riesigen Heidefläche überrascht. Wir hatten nicht gedacht, dass sich die Hälfte der Heideflächen ganz Schleswig-Holsteins auf Sylt befindet. Mit knapp 140 ha ist das Naturschutzgebiet Braderuper Heide die größte der insulanen Heiden. Zur Heideblüte muss es hier wunderschön aussehen. Schon im März ging von dieser Heidelandschaft so nah am Meer, umgeben von einem Schilfgürtel, eine ganz besondere Atmosphäre aus. Windgeschützt kann man hier nach Munkmarsch über das Weiße Kliff bis nach Keitum wandern.
Bevor der Keitumer Hafen verschlickte, war Keitum der Hauptort der Insel. Noch heute hat der Ort einen ganz besonderen Charme, dem man auf einem speziellen Dorfrundgang nachspüren kann. Er führt vorbei an alten, reetgedeckten Häusern mit den typischen Friesenwällen zum Schutz. Auf Infotafeln werden die Häuser vorgestellt und ihre Geschichte erzählt. Unbedingt sollte man dem Altfriesischen Haus und dem Sylt Museum einen Besuch abstatten. Auch wenn wir die Kunst auf unseren Wanderungen nicht bewusst gesucht haben, diese beiden Häuser mit ihren Kunstschätzen haben wir gezielt besucht. Wir haben dort sehr viel Interessantes über die Inselgeschichte und über die Lebensumstände der Sylter erfahren. Wie Künstler/innen die Insel Sylt sahen und malten, wurde ebenfalls im Sylt Museum in einer Sonderausstellung (Glanzlichter) präsentiert. Mein persönliches Highlight war die Nachstellung der Kultkneipe "Ziegenstall" der Grotesk-Tänzerin Valeska Gert, die von 1952 bis zu ihrem Tod 1978 die skurrile Kabarett-Kneipe in Kampen unterhielt.
Mondän oder beschaulich
Doch zurück zur Natur: vom mondänen Kampen oder vom städtischen Westerland zum beschaulichen Osten der Insel ist es nicht allzu weit. Das Morsumer Kliff im Osten überraschte uns mit mehrfarbigen Sandsedimenten: Feinsand, hellbeige Kaolinschichten und rostroter Limonitensand leuchten hier um die Wette. Das Morsumer Kliff steht unter Naturschutz und trägt die Auszeichnung "Nationaler Geotop".
Auf dem Weg in den Süden der Insel kommt man am Rantumbecken vorbei. In den Jahren 1936/37 wurde hier ein ca. 560 ha großes Wattstück eingedeicht, um einen Wasserflugplatz zu errichten, der aber kaum genutzt wurde. Das Gebiet wurde 1962 unter Naturschutz gestellt und gilt heute als das bedeutendste Seevogelschutzgebiet Deutschlands. Über 260 Vogelarten finden hier ihr Refugium.
Im Süden der Insel liegt Hörnum. Ein Spaziergang um die Südspitze, um die Hörnumer Odde, zeigt die zwei Strand-Gesichter Sylts. Ist es an der Ostseite noch ruhig, so kabbelig ist die Westseite zur offenen See. Sturmfluten und Strömung nagen an der Hörnumer Spitze, so dass Tetrapoden sie schützen müssen. Dauerte die Wanderung um die Hörnumer Odde vor ca. 15 Jahren noch gute drei Stunden, so hat man sie heute in ca. einer Stunde umrundet.
Fazit: Es war unser erster Besuch auf Sylt, sicher nicht unser letzter.
Sylt ist so vielseitig, da gibt es noch so einiges zu entdecken...
Unseren Heimweg haben wir übrigens ganz klassisch über den Hindenburgdamm angetreten. Wir haben uns sozusagen per Zug von der Insel ziehen lassen.
Viel Spaß beim Anschauen der Fotos, die bei unseren Streifzügen mit überraschenden Kunstentdeckungen entstanden sind.
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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