Stimmcoaching für Lektoren
"Wow, das war aber toll"
Aus der Jesus-Christus-Kirche in Duisburg Buchholz dringen unaussprechliche Seufzer. Was ist da bloß los? Nicht etwa gemeindliches Herzeleid ist der Grund für den ungewöhnlichen Chor. Hier lockert der Schauspieler Kai Bettermann gerade mit ein paar gezielten Übungen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an seinem Coaching für Körperpräsenz und Stimme. Die Idee dazu hatte Pfarrerin Sara Randow von der Evangelischen Kirchengemeinde Trinitatis.
„Ich finde es wichtig, Angebote zu machen, die den ehrenamtlichen Lektoren und Lektorinnen die Wertschätzung der Gemeinde zeigen“, sagt sie, „und die eigene Stimme zu schulen, ist nicht nur wichtig im Blick auf die Gottesdienste - das kann man ja in allen Lebenslagen gut gebrauchen. “ Randow hofft, das Lektoren-Team noch mit einigen jungen Leuten aufstocken zu können. Zwei junge Männer sind bereits beim Training dabei und seufzen herzhaft mit.
So komisch sich das zunächst anfühlen mag, die Übungen des studierten Schauspielers lockern tatsächlich und bringen die Gruppe in Schwung. Die Teilnehmenden rollen inzwischen einen imaginären Ball in der Schüssel ihres Beckens. „Resonanzraum Körper“, erklärt Bettermann zufrieden, „je mehr da schwingt, desto weniger Druck brauche ich nachher in der Stimme.“
Motivation
Zuvor hat er nach den Wünschen und der Motivation der Gruppe gefragt. Alle sehen noch Luft nach oben in ihrer Vortragsfähigkeit, obwohl sie teilweise schon lange im Lektorendienst sind. „Ich möchte meine Stimme besser im Griff behalten, auch wenn ich etwas Rührendes oder Trauriges vortragen will“, „Ich neige dazu, mich zu überschlagen, wenn ich vorlese“, „Ich wüsste gern, wie ich noch mehr Lebendigkeit in meine Stimme und Gestik bekomme“, „Ich war beim letzten Mal auch dabei und habe schon eine Verbesserung festgestellt, „Ich würde mich gerne noch mehr vom Blatt lösen“ lassen sie den Coach wissen. Auch Chorleiterin Martina Grosse-Verspohl und der angehende Prädikant Erik Hansen nutzen die Chance, die das Coaching ihnen bietet.
Nach der Lockerung geht es in die Einzelübungen. Mit biblischen Texten ausgerüstet steigen die Teilnehmenden auf die Kanzel und lesen. Ein blanker Zettel in der Hand macht nicht den besten Eindruck, da gehört eine Mappe drum. Kai Bettermann überlässt nichts dem Zufall. Er findet das vorhandene Standmikrofon zu lang, es nötigt die Lesenden auf der Treppenstufe vor dem Altar in eine ungünstige Haltung. Sarah Randow könnte sich doch vielleicht um ein kürzeres Verbindungsstück kümmern, oder?
Lebendigkeit
Die Pfarrerin lauscht dem Prädikanten. „Ich finde es schade, dass du von der großen Wärme und Lebendigkeit, die du sonst immer in deiner Stimme hast, nicht mehr zeigst, wenn du vorliest“, ermutigt sie Hansen. Der kämpft noch mit den sinnvollen Betonungen in dem nicht ganz einfachen Text und bekommt ein paar nützliche Tipps für sinnstiftende Pausen. Vieles braucht ein bisschen Übung. Manches gelingt auf Anhieb. „Wow, das war aber toll“, ist die spontane Reaktion auf ein paar beherzt vorgetragene Psalmverse einer Teilnehmerin.
„Ich finde gerade diesen Text auch besonders schön“, erklärt sie und freut sich über die Wirkung, die sie erzielt hat. „Wenn ihr euch verbundener fühlt, dann kann auch das Universelle oder meinetwegen das Göttliche durch euch durch“, sagt der Profi und plädiert dafür, den vorzutragenden Text zuhause allein laut zu lesen und sich gründlich mit ihm vertraut zu machen. „Dann muss ich auf jeden Fall schauen, dass ich rechtzeitig meine Predigten fertigkriege, damit ihr eure Texte früh genug zum Üben vorliegen habt“, stellt Pfarrerin Randow fest.
Text: Sabine Merkelt-Rahm
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