Wachstum bei muslimischen Grabfeldern auf den städtischen Friedhöfen
Nachfrage gestiegen
Erdbestattungen sind eigentlich auf dem Rückzug. In Duisburg gibt es allerdings bei einer kleinen Gruppe seit 2016 Wachstum.
Wohin steuert die Friedhofskultur bei stetig schwindenden Erdbestattungen mit Sarg und Trend zur platz- und geldsparenden Kremation? Zu viel Fläche, zu wenig Nachfrage, das ist das Problem vieler Friedhofsbetreiber in ganz Deutschland. Allein in Duisburg befinden sich 3,5 Friedhöfe im Schließungsprozess. Doch es gibt sie noch, die Wachstumszahlen für die Bestattungen, für die die Friedhöfe eigentlich ausgelegt sind – und zwar auf dem Feld der muslimischen Beisetzungen.
„Gerade seit dem Putsch in der Türkei im Jahr 2016 ist die Nachfrage stark angestiegen. Lagen wir vorher beim Anteil der gesamten Bestattungen in der Stadt in einem niedrigen einstelligen Bereich, so verläuft die Entwicklung mittlerweile in Richtung zehn Prozent“, berichtet Reinhold Adrian, Leiter der Grünflächen und Friedhöfe bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg, die sich um die städtischen Flächen kümmern. Was dies konkret etwa für den Friedhof Mühlenberg in Rheinhausen, eine von vier Begräbnisstätten für muslimische Gläubige in der Stadt, bedeutet, erklärt der örtliche Leiter der Friedhofsverwaltung Wilfried Weishaupt: „Wir kommen jetzt bestimmt auf 20 muslimische Beisetzungen im Jahr.“
Längerfristige Nachfrage
Dies hat von den reinen Zahlen sicherlich nicht das Zeug für eine globale Trendwende in Sachen Friedhofspolitik. Aber es eröffnet womöglich mittel- bis langfristig Spielräume, die es sonst nicht gäbe. Denn eine Kremation ist in der muslimischen Trauer- und Begräbniskultur nicht vorgesehen. Die Leichname werden im Sarg oder in ein Leichentuch gewickelt, beigesetzt. Die Grabfelder sind in Nord-Süd-Richtung angelegt, sodass der „Blick“ der Verstorbenen auf den Osten und in Richtung Mekka ausgerichtet werden kann. Handelt es sich um mehr als einen vorübergehenden Trend, dann können sich die Wirtschaftsbetriebe auf eine längerfristige Nachfrage einstellen und damit letztlich Flächen erhalten.
Trendwende ab 2016
Das war nicht immer so. Als 1996 die ersten muslimischen Gräberfelder der Stadt auf dem Waldfriedhof in Wanheimerort, dem Friedhof Fiskusstraße in Neumühl und eben dem Friedhof Mühlenberg freigegeben wurden, wollten die städtischen Betreiber jeweils in jedem Friedhofsgebiet im Norden, Westen und Süden der Stadt eine derartige Möglichkeit für die muslimisch gläubigen Duisburger vorhalten. Doch die Nachfrage war eher enttäuschend. Vor allem türkischstämmige Duisburger bevorzugten das „eigene System“ mit Sterbeversicherung, spezialisierten Bestattern und Beisetzung in der Türkei. Auch in den folgenden Jahrzehnten ging die Rechnung nicht wirklich auf – bis zur Trendwende ab 2016. Mittlerweile wurde mit einem neuen Gräberfeld auf dem Friedhof Ostacker in Bruckhausen reagiert. Weitere Flächen sind bereits ins Auge gefasst.
Wie stark diese Entwicklung die Nutzung der kommunalen Friedhöfe und deren Flächen begünstigen kann, muss sich noch herausstellen. Der Leiter der Duisburger Friedhöfe Reinhold Adrian sieht darin jedoch keine schnell vorübergehende „Mode“: „Ich denke, dass in gar nicht allzu ferner Zeit hauptsächlich Muslime Erdbestattungen durchführen werden.“
Text von Markus Grenz
Autor:Lokalkompass Duisburg aus Duisburg |
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