Nach dem Großbrand in Krefeld: Krisenstab berichtet

Foto: Lokalkompass Moers

Am Donnerstag, um 15 Uhr, informierte der Krisenstab der Stadt Duisburg – zu dem Zeitpunkt seit 52 Stunden im Einsatz – erstmals nach dem Großbrand in Krefeld im Rahmen einer Pressekonferenz über die Arbeit der letzten Tage und die aktuelle Situation.

Für Oberbürgermeister Sören Link ein Ereignis, das es in dieser Dimension und mit diesen Herausforderungen durch die Wetterlage und das Material, das brannte, seit langem nicht gegeben hat. Zudem zeige es, „wie sensibel das enge Zusammenleben von Mensch und Industrie ist“.

Der Krisenstab habe auf die sich immer ändernde Lage reagieren, viele, durchaus schwierige Entscheidungen treffen müssen, dabei die Gesundheit der Bürger aber stets im Blick gehabt. Zwei Aspekte seien handlungsweisend gewesen: Vorsorge und Fürsorge. Link dankte ausdrücklich allen Einsatzkräften der Stadt, aber auch den vielen Rettungskräften aus dem Land, die mitgeholfen haben.

OB Link versprach eine kritische Nachbetrachtung der Vorgehensweise. Man wolle die Abläufe des Einsatzes analysieren und – falls notwendig – auch eine mögliche nächste Situation optimieren.

Hier die vom Krisenstab präsentierten Informationen:

Schadstoff-Messungen

Die Feuerwehr Duisburg hat mit fünf ABC-Erkundungsfahrzeugen (einem eigenen und vier aus dem Land hinzugezogenen) in den vergangenen Tagen an 16 Messpunkten stündlich Luftproben genommen und analysiert. Die Messungen erfolgten in den südwestlichen Ortsteilen von Duisburg, die von der Rauchwolke besonders betroffen waren. Hierzu gehörten beispielsweise Mündelheim, Friemersheim, Rumeln-Kaldenhausen und Rheinhausen.

Gesucht wurde nach typischen Leitsubstanzen im Brandrauch wie Salzsäure (HCL), Chlor (CL2), Blausäure (HCN), Stickoxyde (NOX) und Ammoniak (NH3). Allen Stoffen gemeinsam ist, dass sie extrem früh wahrgenommen werden und üblicherweise bei einem Brand entstehen. Noch bevor Menschen durch diese Stoffe gefährdet werden, können sie also gerochen werden. Zur Bewertung der Auswirkung dieser Stoffe gibt es mehrere Beurteilungswerte, die situationsgerecht herangezogen werden. Dazu gehört der sogenannte Einsatztoleranzwert (ETW). Dieser ist so festgesetzt worden, dass unterhalb dieser Werte die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit von Einsatzkräften ohne Atemschutz bei etwa vierstündiger Exposition während des Einsatzes und in der Folgezeit nicht beeinträchtigt wird.

Als weiteren Beurteilungswert gibt es gemäß internationaler Vereinbarung den sogenannten AEGL-Wert (Acute exposure guideline level), der ebenfalls Hinweise gibt, wie lange Menschen sich diesen Schadstoffen aussetzen können, ohne dass in der Regel Krankheitssymptome auftreten. Sie gelten für die Allgemeinbevölkerung inklusive empfindlicher Personengruppen bei großen Schadensereignissen wie diesem Brand.

An den 16 Messstellen wurden in den Stunden nach Auftreten der Rauchwolke nur in seltenen Fällen überhaupt messbare Werte festgestellt. Und auch diese kurzzeitig aufgetretenen Werte lagen unter den Einsatztoleranzwerten (ETW) und der untersten AEGL-Ebene.

Bei der Leitstelle des Rettungsdienstes hat es im Zusammenhang mit der Rauchwolke in den letzten Tagen nur vereinzelt Anrufe gegeben, bei denen Bürger über Reizungen der Atemwege oder der Augen klagten. Im direkten Zusammenhang mit der Rauchwolke ist es nicht zu Krankenhauseinweisungen von Bürgern gekommen.

Der unterste Grenzwert des AEGL sagt aus, dass Schadstoffe durchaus gerochen, geschmeckt und gefühlt werden können oder zu leichten Reizungen führen, ohne dass die Gesundheit beeinträchtigt wird. Bei der zweiten Grenzwertebene spricht man von vorübergehenden Effekten auf die Gesundheit, während die höheren Grenzwertebenen die weiteren Auswirkungen auf die Gesundheit beschreiben. Während der gesamten Dauer des Schadenereignisses sind die Werte in Duisburg unterhalb der untersten Stufe des Grenzwertes (AEGL 1) geblieben.

Alarmierung und Einsatzbeginn der Feuerwehr

Erste Informationen über den Brand in Krefeld bekam die Feuerwehr Duisburg gegen 7:15 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war Umfang und Gefährdungslage der Feuerwehr Duisburg völlig unklar. Mehrere Anrufe zwischen Krefeld und Duisburg führten schließlich dazu, dass um 07:39 erste Erkundungs- und Messfahrzeuge alarmiert wurden. Parallel wurde die Feuerwehreinsatzleitung als Führungsinstrument hochgefahren. Dazu wurde weiteres Personal alarmiert.

Während dieser Phase erhielten Krankenhäuser im Duisburger Süden den Hinweis, die Klimaanlagen abzuschalten. Außerdem fanden Abstimmungen zwischen Krefeld und Duisburg zur Warnung der Bevölkerung statt. Als gegen 8:15 Uhr der Feuerwehreinsatzleitung Duisburg ein Hinweis gegeben wurde, dass Krefeld über Sirenen die Bevölkerung gewarnt hat, entschied man sich auch in Duisburg, das noch im Aufbau befindliche Sirenenwarnsystem zu diesem Zweck an ausgewählten Standorten zu nutzen.

Da es weder vollständig umgesetzt, noch taktisch strukturiert ist, war zur Auslösung „Handarbeit“ erforderlich, die schließlich um 8:45 Uhr die Sirenen auslöste. Diese Auslösung hatte nur den Zweck, die Bürgerinnen und Bürger auf eine besondere Lage der Stadt hinzuweisen. Wohl wissend, dass diese Auslösung auch zu Irritationen führen könnte, hatte sich der Leiter der Feuerwehreinsatzleitung zu diesem Schritt entschieden.

Radiodurchsagen und Lautsprecherdurchsagen der Polizei hatten schon ab etwa 7:50 Uhr die Bevölkerung informiert. Nachrichten im Internet und in den Sozialen Netzwerken wurden ab 8:25 Uhr kontinuierlich veröffentlicht.

Einsatz der Feuerwehr Duisburg im Rahmen der überörtlichen Hilfe

Die Feuerwehr Duisburg ist am Dienstag, 25. September, gegen 7.40 Uhr im Rahmen der überörtlichen Hilfe für die Feuerwehr Krefeld alarmiert worden. Die letzten Kräfte der Feuerwehr Duisburg sind am 27. September, gegen 12 Uhr, zurück gekehrt. Die Feuerwehr war ununterbrochen in den letzten 52 Stunden im Einsatz. Insgesamt waren etwa 220 Einsatzkräfte der Feuerwehr Duisburg (Freiwillige Feuerwehr und Berufsfeuerwehr) im Dienst.

Zu den Aufgaben der Feuerwehr Duisburg gehörten die Übernahme verschiedener Brandbekämpfungsaufgaben, sowie die Sicherstellung der Wasserversorgung in verschiedenen Einsatzabschnitten. Zusätzlich hat die Feuerwehr Duisburg im Bereich Führung und Logistik unterstützt. Hierzu wurden verschiedenste Führungskräfte entsandt, sowie spezielle Einsatzfahrzeuge für die Bereiche Atemschutz, Versorgung mit Schaummittel, Versorgung mit Kraftstoff und Wasserversorgung.

Paralell zu den Einsatzaufgaben in Krefeld gab es einen enormen Kräfteansatz für die anfallenden Aufgaben in Duisburg, welche bis dato noch nicht beendet sind. Hierzu gehört vor allem die Durchführung der kontinuierlichen Messungen an verschiedenen Stellen sowie der Betrieb der sogenannten Feuerwehreinsatzleitung im Gebäude der Hauptfeuerwache. Insgesamt waren hier ebenfalls in Summe rund 250 Einsatzkräfte pausenlos im Einsatz.

Autor:

Lokalkompass Duisburg aus Duisburg

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