Kleiner Friedhofs-Knigge
Die Antwort auf die Frage, ob Mann oder Frau zuerst ein Restaurant betritt, dürfte unter Benimmexperten leicht zu beantworten sein (Richtige Antwort: Der Mann) – doch, wie verhält man sich eigentlich „richtig“ auf dem Friedhof und während einer Beerdigung? Was würde der „Knigge“ heutzutage wohl empfehlen?
In den letzten Jahren ist durchaus eine Veränderung bei der „Benimmkultur“ auf dem Friedhof zu verzeichnen. Es scheint, als ob sich einige Friedhofsbesucher des besonderen Ortes nicht (mehr) bewusst sind.
Das Smartphone oder Handy ist unser täglicher Begleiter. Beim Betreten eines Friedhofs sollte das tragbare Telefon auf „Lautlos“ gestellt werden, so das bei einem Anruf maximal ein Vibrationsalarm zu spüren ist. Wer auf dem Friedhof unbedingt telefonieren muss, sollte dies in einem gedämpften Ton tun, da gerade auf dem Friedhof Gespräche auch aus großer Entfernung gut zu verstehen sind.
Während einer Trauerfeier und anschließenden Beerdigung gehört das Mobiltelefon komplett ausgeschaltet, da auch das Brummen eines Vibrationsalarms in der Stille einer Trauerhalle unangenehm auffällt.
Tipp: Merken Sie sich ihre PIN – diese brauchen Sie, um das Handy später wieder einschalten zu können.
In Deutschland ist schwarz die angemessene Trauerbekleidung. Deshalb sollte sich in jedem gut sortierten Kleiderschrank ein schwarzer Anzug mit schwarzer Krawatte bzw. ein schwarzes Kostüm befinden. Wer nicht über so einen Ausstattung verfügt, sollte Kleidung wählen, die diesem Ideal nahe kommt. Auch bei hohen Temperaturen sollte man sich nicht zu freizügig zeigen. Kurze Hosen, Spagettiträger oder Outdoorkleidung sind jedenfalls keine angemessene Bekleidung für eine Trauerfeier.
Bevor man die Trauerhalle betritt, darf man ruhig Hinterbliebene und Freunde begrüßen und ein Schwätzchen halten. Sobald man aber die Trauerhalle betritt (und man sich vergewissert hat, dass das Handy wirklich ausgeschaltet ist), sollte man schweigen. Die Aufmerksamkeit gilt von nun an dem Verstorben. Bevor man Platz nimmt, ist es angezeigt, sich als Zeichen des Respekts in Richtung des Sarges / der Urne mit einem kurzem Kopfnicken zu verneigen. Während die Trauermusik spielt, sollte man seine Gedanken auf das gemeinsam mit dem Verstorbenen erlebte konzentrieren. Für den Austausch über das gestrige Fußballspiel oder die aktuelle Wetterlage ist später bei der Raue noch genug Zeit.
In letzter Zeit zeigt sich vermehrt, dass Trauergäste mit ihrem Smartphone Fotos machen und diese sogar später in sozialen Netzwerken wie Facebook veröffentlichen. Es verbietet sich von selbst, in der Trauerhalle zu fotografieren. Wer Fotos mit dem Sarg oder Urne für abwesende Trauergäste wünscht, sollte den Bestatter bitten, vor Öffnung der Saaltüren ein paar Fotos zu machen.
In der Trauerhalle drängen viele Trauergäste in die letzte Reihe. Dies gibt zu weilen ein merkwürdiges Bild: In der ersten Reihe sitzen die nahen Angehörigen, dann klafft über mehrere Reihen ein Loch und in den letzten Reihen knubbeln sich die Trauergäste. Man darf sich durchaus trauen, sich in die zweite oder dritte Reihe zu setzen. Es ist insbesondere für die engsten Hinterbliebenen, die in der ersten Reihe sitzen, tröstlich zu wissen, dass sie in ihrer Trauer nicht allein sind.
Wenn sich der Trauerzug zum Grab formiert stellt sich die Trauergemeinde nach Verbundenheit zum Verstorbenen auf. Während des Trauermarsches sollte man weiterhin schweigen. Gerade dann, wenn der Weg recht lang ist, schwellen nämlich anfänglich geflüsterte Konversationen doch recht lautstark an.
Tipp: Wenn Sie selbst nicht mehr so mobil sind, sollten Sie sich nicht schämen, nach einem Rollstuhl zu fragen. Der Friedhof hält meist ein oder zwei Rollstühle bereit. Auch besteht auf großen Friedhöfen die Möglichkeit, sich mit dem Elektrowagen der Sargträger zum Grab fahren zu lassen. Eine kleine Wasserflasche mit Mineralwasser und ein Regenschirm sollten Sie immer zur Hand haben.
Am Grab, nach dem der Sarg / die Urne herabgelassen wurde, tritt man ans Grab und erweist dem Verstorbenen die letzte Ehre. Hierbei erfolgt traditionell ein Erdwurf. Frauen können stattdessen auch Blütenblätter werfen. Männer sollten lieber den Erdwurf wählen. Wem die bereit gestellte Kinderschaufel nicht behagt, kann auch gerne die Erde mit der Hand ergreifen.
Tipp: Frauen rutscht am Grab häufig die Handtasche von der Schulter, was mit unter zu recht eigenwilligen „Rettungsaktionen“ führen kann. Wählen Sie dezente Handtasche und halten Sie diese gut fest. Große Handtaschen lässt man am besten ganz zu Hause.
Wer als Besucher auf einem Friedhof die Begegnung mit einem Trauerzug nicht verhindern kann, sollte stehen bleiben, bis dieser vorbei gezogen ist. Dabei sollte man es vermeiden, die Trauerenden anzustarren. In dem Moment, in welchem der Sarg / die Urne an einem vorbeizieht, sollte die Kopfbedeckung abgenommen werden und mit einem kurzen Kopfnicken ein Zeichen des Respektes erwiesen werden.
Vor allem große Friedhöfe bieten den Besuchern auch einen gewissen Freizeitwert. Die gute Luft und die Stille fernab der Großstadthektik, bieten einen Ort der Ruhe und Erholung. Leider halten einige Besucher den Friedhof für ihr persönliches Fitnessstudio. Da wird gejoggt, gewalkt oder Fahrrad gefahren. Letztes ist zwar auf Friedhöfen auch verboten, wird aber im Rahmen geduldet. Sportliche Aktivtäten sollten auf jeden Fall außerhalb des Friedhofes stattfinden.
Fazit: Der Friedhof ist kein Ort wie jeder Anderer. Dies sollte, auch wenn gesellschaftliche Konventionen ständiger Veränderung unterworfen sind, nie vergessen werden. Respekt vor dem Tod und den Verstorbenen äußert sich eben auch dadurch, wie man sich auf einem Friedhof und während einer Trauerfeier verhält.
Autor:Dirk R. Schuchardt aus Duisburg |
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