Industriestandort Ruhrgebiet in Gefahr - Probleme müssen endlich angepackt werden

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Am Montagabend trafen sich die Mitglieder der Unternehmerverbandsgruppe zum Unternehmertag in Duisburg. Die Grundsatz-Rede des Vorsitzenden, Michael J. Walter, vor rund 200 Unternehmern stand im Mittelpunkt des Abends.

"Wie denkt man anderswo über das Ruhrgebiet!?" so lautete die inhaltliche Fragestellung des Vorsitzenden. Und die Antworten lieferte er gleich mit:

"Zollverein, Fussball, Kohl, Stahl, Currywurst, Schimanski!"

Hinzu kommt, dass man nun auch noch das Ruhrgebiet zum UNESCO Weltkulturerbe erklären will.

"Eine Bewahrung von Traidtionen ist wichtig, und ich sehe hie viele Unternehmer, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten die Industrielandschaft in der Region bestimmen. Ich bin allerdings vor 10 Jahren nicht ins Ruhrgebiet gekommen, um im Museum zu leben. Der seit 30 Jahren stattfindende Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft bedeutet nicht gleichzeitig das Ende der Industrie!"

Eindringlich warnte Walter davor,dass der Industriestandort Ruhrgebiet weiter zurückfällt. Er verwies besonders auf das nach wie vor schlechte Image des Ruhrgebiets als Wirtschaftsstandort:

„Doch im Ruhrgebiet entscheidet sich die Zukunft des Standorts NRW; das ist meine feste Überzeugung. Hier lebt die Industrie! NRW ist ein modernes Industrieland!“

Wenn es dem Ruhrgebiet gut gehe, gehe es auch Nordrhein-Westfalen gut. Besonders hat man dieses in der "Nacht der Industrie" gesehen, als Besucher die Gelegenheit hatten hinter die Kulissen der Industrie zu blicken.

"Voller Stolz haben die Unternehmen ihre Betriebe und Produkte präsentiert!"

Walter kritisierte hausgemachte Probleme, die das Image Nordrhein-Westfalens und speziell des Ruhrgebiets weiter beschädigten.

Als „Standortdebakel“ bezeichnete Walter, dass nur 15 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen können. „Der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur muss oberste Priorität haben, doch bislang erkenne ich wenig bis gar nichts“, so der Unternehmerverbandschef.

Walter kritisierte, dass bei einer derartigen Betreuungssituation woanders einfach Milliardengeschenke verteilt würden. Es sei ein Fehler der Landesregierung die Studiengebühren, die gerade Akzeptanz gefunden hätten, wieder abzuschaffen. Und es sei geradezu kontraproduktiv, dass die Bundesregierung ein Betreuungsgeld einführen wolle.

Walter bemängelte ebenso die Defizite in den Schulen und fragte speziell nach dem Zustand der Schulen im Ruhrgebiet: „Es kann nicht sein, dass wir es als gottgegeben ansehen, dass 20 Prozent der Jugendlichen heute für nicht „ausbildungsfähig“ erklärt und quasi ausgemustert werden.

Nicht nur die Schulgebäude in unserem Land befinden sich in einem schlechten Zustand!“ so der Verbandsvorsitzende.

"Es ist schon schlimm, zu hören, dass eine Schulabschlussklasse T Shirts mit dem Aufdruck - ´HARTZ IV ich komme´- drucken lassen wollte."

Dies sei vor allem auch ein Potenzial, das die Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels nicht entbehren kann. Walter: „Ich bin kein Sozialapostel, sondern vor allem ein Unternehmer, der kalkulieren muss und Gewinn machen will, wenn ich sage: Wir dürfen keinen Jugendlichen mehr zurücklassen!“

Die Versäumnisse bei Bildung und Betreuung hätten direkte Auswirkung auf die Fachkräftesituation. Gut ausgebildete Fachkräfte suchten sich ihren Standort mittlerweile aus, hier gerate das Ruhrgebiet mehr und mehr ins Hintertreffen im nationalen und internationalen Wettbewerb.

Selbstkritisch fügte Walter für die Unternehmer hinzu: „Kinderbetreuung ist ein knallharter Standortfaktor. Für die Unternehmer sage ich aber auch, dass wir in der Vergangenheit zu oft nur auf andere Standortfaktoren geschaut haben. Doch die Fachkräfte-Frage wird uns lehren, dass Infrastruktur mehr als nur Verkehr bedeutet.“

Michael Walter sieht vor allem beim „Mega-Thema“ Fachkräfte dringenden Handlungsbedarf. Die Wirtschaft brauche Lösungen, keine neuen Studien, sagte Walter in Anspielung auf die Maßnahmen der Landesregierung, die zunächst auf eine Evaluierung beim Thema Fachkräfte setzt.

Die Zugangsmöglichkeiten ausländischer Arbeitnehmer müssten verbessert werden. Walter verwies auf gute Ingenieure in China und Russland, auf Pflegkräfte aus Osteuropa und junge Spanier, die in ihrem Heimatland bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 45 Prozent keine Chance auf Arbeit hätten.

„Wir müssen statt Studien und Evaluationen auch konkrete Maßnahmen angehen, um für bestimmte Berufe hochqualifizierte Leute nach Deutschland zu holen“, so Walter.

Für den Unternehmerverband kündigte Michael Walter an, dass man die Bemühungen im Bereich des Fachkräftebedarfs noch verstärken werde:

„Unsere vielfältigen bestehenden Angebote und Projekte zum Thema  – vom Seminar bis zur Beratung, vom Schulprojekt bis zur Kooperation mit den Hochschulen – wollen wir bündeln.

Ihnen als Vertreter unserer Mitgliedsunternehmen wollen wir ein kompetenter Lotse rund um das Fachkräfte-Thema sein.“ Nicht nur in Sachen Tarif gelte eben: Was ein Unternehmer nicht allein erreichen kann, können die Unternehmer im Verbund erreichen. Und zwar nicht als Wutbürger, sondern als Mutbürger", so Walter.

„Wir brauchen den Mut, als Wirtschaft und Industrie, uns selbstbewusst dem gesellschaftlichen Dialog zu stellen. Denn wir wollen an diesem Standort bleiben, ihn mit entwickeln. Das ist unser ureigenes Interesse“, sagte der Unternehmer-Vertreter abschließend.

Das hierbei auch die Arbeitszeiten auf den Prüfstand gehören, war für Walter eine Selbstverständlichkeit.

"35 Stunden sind in der heutigen Zeit nicht mehr zeitgemäß!"

Im Anschluss an die Rede von Michael J. Walter sprach der Schweizer Trend- und Zukunftsforscher David Bosshart, CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, zum Thema Zukunft der Innovation.

Und auch dieser Vortrag war aufschlussreich und ging auf die Verantwortung der Unternehmer für ihre Unternehmen und ihre Mitarbeiter ein.

"Wir leben auch heute trotz Globalisierung in einer national orientierten Welt, Es gibt keine einfachen Lösungen der existierenden Probleme!" so Bosshart und macht dieses am Beispiel der USA deutlich.

"Die USA waren nach dem Krieg Kreditor und sind heute Debitor! Und hierdurch gab es auch Verschiebungen im Machtgefüge."

Die Frage "Wer gehört zu mir?" stehe im Mittelpunkt nationalen Handelns. Dieses mache gerade die aktuelle EURO Diskussion deutlich.

Nach den interessanten und informativen Vorträgen ging es zum "Get together" in das alte Offizierskasino, das nicht nur mit seinem historischen Ambiente bestach, sondern zudem noch in weihnachtlichem Schmuck prangte.

Frank Schwarz und das Team der FSGG hatten viele vorweihnachtliche Köstlichkeiten zubereitet und bei einem guten Tropfen aus dem Weinkeller wurden noch viele interessante Gespräch geführt.

Musikalisch konnten die Gäste stilvoll vorgetragenen, wundervollen, weihnachtlichen Klängen von "Lets talk about Sax" lauschen. Von Winni Slütters am Piano begleitet entführte Bettina Schmuck in die Welt bekannter Weihnachtsmusik. Das Repertoire und der Auftritt waren passend abgestimmt auf das Flair der Veranstaltung. Mit viel Gespür für die Stimmung kombinierte das Duo Saxophon und Piano an diesem Abend auf unverwechselbare Art.

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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