Verkehrswende für Sicherheit und Klima
Gewohnheiten lassen sich ändern

Dass es fürs Klima besser wäre, wenn wir weniger Auto fahren, ist unbestritten. Dass es für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer besser wäre, der Autoverkehr wäre weniger dicht und weniger hektisch, ist sicher auch vielen klar.
Aber keiner will weg von alten Gewohnheiten.
Dass aber eine Änderung der Gewohnheiten möglich ist, habe ich selbst erlebt.
Aufgewachsen bin ich in einem Dorf. Die nächste Kreisstadt war zwar nur 2 km entfernt, aber der Bus fuhr nur einmal in der Stunde und zur Bushaltestelle war es außerdem ein Weg von 12-15 Minuten. Folglich fuhr ich, sobald es mir möglich war, nur noch mit dem Auto. Auch, als ich bei meinen Eltern aus- und in eine eigene Wohnung in der Stadt eingezogen war.
Ab und zu fuhr ich auch mal Fahrrad. Dafür konnte ich die Wirtschaftswege zwischen den Weinbergen nutzen. Der einzige motorisierte Verkehr, mit dem ich es dort zu tun hatte, war hin und wieder mal ein Mofa oder ein Traktor. Wenn mir ein Traktor begegnete, fuhr ich an den Rand und ließ ihn vorbei, schon allein aus Höflichkeit, denn immerhin war der Mann im Dienst. Man grüßte sich freundlich und fuhr seiner Wege.
Für uns alle war es selbstverständlich, überall hin mit dem Auto zu fahren und während man noch auf ein gewisses Verständnis stieß, wenn man mit dem Fahrrad gekommen war ( "ist doch schönes Wetter; warum soll man da nicht Fahrrad fahren?" ), erweckte man Argwohn, wenn man mit dem Bus gekommen war. Bus fuhren nur sehr junge oder sehr alte Menschen, wer sich kein Auto leisten konnte und wer seinen Führerschein versoffen hatte.
Dann zog ich nach Köln. Dort setzte ich mich auch erstmal völlig unbedarft ( "Was soll mir denn passieren, ich kann doch Auto fahren" ) ins Auto - und bekam den Schock des Lebens, denn die Kölner fuhren völlig anders, als ich es aus meiner Kleinstadt kannte. Man hatte noch nicht mal Zeit, nach dem Weg zu gucken, denn sobald man nur ein ganz klein wenig langsamer wurde, ging hinter einem ein Hupkonzert los. Und während ich in meiner Kleinstadt, wenn ich mich versehentlich in die falsche Spur eingeordnet hatte, nur blicken und das Lenkrad ein ganz klein wenig einschlagen musste, damit mein Hintermann seine Geschwindigkeit etwas verringerte und mir Zeichen gab, dass er mich rein läßt, handelten die Großstädter nach dem Motto "Friß oder stirb" - "Ist doch ihr Problem, wie sie sich da einfädelt." Folglich landete ich ständig auf irgendwelchen Rheinbrücken, wo ich gar nicht hin wollte, und umrundete den Dom von allen Seiten. Endlich am Ziel angekommen, ging das zweite Problem los: Parkplatzsuche in Köln. Wer jemals in Köln einen Parkplatz gesucht hat, weiß, wovon ich rede.
Dann entdeckte ich aber, dass man mit der KVB eigentlich ganz gut überall hinkommt, jedenfalls sofern das Ziel nicht am adW liegt und man keine schweren Lasten zu transportieren hat, und dass auch ganz normale Menschen den ÖPNV nutzen...So wurde ich zur ÖPNV-Nutzerin, und dabei ist es auch nach dem Umzug nach Duisburg geblieben. Die DVG ist zwar nicht ganz so gut getaktet wie die KVB, aber je nachdem, wo man wohnt und wo man hin muß, ist es trotzdem o.k. Damit will ich nicht sagen, dass man keine Autos braucht. Ab und zu fahre auch ich noch Auto, z.B. wenn das Ziel mit Bus & Bahn sehr umständlich zu erreichen ist oder wenn man schwere Lasten zu transportieren hat. Also: Den Sack Kartoffeln oder die Blumenerde mit dem Auto, die kleineren Besorgungen mit dem Bus. Es gibt aber viele, die fahren selbst für ein Brot, 2 Packungen Käse und eine Tüte Äpfel mit dem Auto. Hat wohl was mit der Gewohnheit zu tun. Siehe oben. Aber eine Änderung der Gewohnheit ist möglich.
Übrigens habe ich bei meinen letzten Besuchen in meiner Heimatstadt mit dem Deutschlandticket festgestellt, dass der ÖPNV auch dort gar nicht mal schlecht ist, zumindest, wenn man nicht auf dem Dorf wohnt.
P.S. Was ich mich allerdings nach wie vor nicht traue, bzw. nur dann, wenn ich viel befahrene Straßen umgehen kann, ist, Alltagswege per Fahrrad zurückzulegen. Ich weiß, dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt, aber ich gehöre zu denen, die weitgehend vom Autoverkehr getrennte Wege bevorzugen würden, selbst wenn sie einen Umweg bedeuten. Und ich halte sie auch für sicherer für alle, inklusive Kinder und älterer Menschen. In den Niederlanden und Dänemark hat man mit Fahrradwegen, für die man nicht mutig sein muss, gute Erfahrungen gemacht.
Ich verstehe aber auch die, die jeden Tag fahren und deswegen auf direktem Weg zum Ziel kommen wollen. Aber die Radwege am Rand von Autostraßen wären ja nicht auf einmal verschwunden, wenn man Wege wie den RS1 oder den anlässlich der IGA2027 geplanten grünen Weg vom  Hbf zum IGA-Gelände baut.

Autor:

Astrid Günther aus Duisburg

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