Der Angriff vom 20. Dezember 1942 in Huckingen und Hüttenheim
„In der vergangenen Nacht erfolgte ein schwerer Angriff auf Duisburg. Zahlreiche Bomben gingen auch in der Nähe der Schulen I und II nieder, so dass sämtliche Scheiben in Trümmer gingen. Ein größerer Schaden war nicht zu verzeichnen. Der Schaden in der Stadt ist sehr groß. Leider sind auch viele Opfer zu beklagen“
So ist es der Schulchronik der Schule Ehingen zu entnehmen.
Bei diesem Angriff wurden mehrere Wohnhäuser in Hüttenheim getroffen und das Verwaltungsgebäude der Mannesmann Hütte, bei dem ein Flügel komplett zerstört wurde.
Im Archiv der ZEITZEUGENBÖRSE liegen noch viele Erinnerungsberichte von Hüttenheimern, die bereits vor Jahren festgehalten wurden, und in denen diese über den für den Stadtteil sehr schwerwiegenden Angriff, bei dem es auch Tote gegeben hat, berichten! Diese Erinnerungen sind erhalten geblieben! Dieses zeigt, wie wichtig die Arbeit des Vereins ZEITZEUGENBÖRSE ist!
Bei diesem Angriff war Hans Pawlowski von der Rosenbergstraße als „Turmbeobachter“ der HJ eingesetzt:
Hans Pawlowski (+) - Erinnerungen 1978:
„Unsere Wache stand immer mit dem damaligen Brandmeister der freiwilligen Feuerwehr Hüttenheim, Merz, mit einem Feldtelefon in Verbindung. Der wohnte damals Ecke Förkelstraße / Himgesberg. Der Hauptangriff ging gegen Duisburg Mitte und Nord. Der Bomber, der hier in Hüttenheim seine Bomben abgeworfen hat kam von Krefeld her über den Rhein. Durch Schlackenabschüttung von Mannesmann war dieser aufmerksam geworden und nahm sofort Kurs auf die hell erleuchtete Schlackenhalde am Förkelsgraben.
Nun erfolgten drei Bombenabwürfe. Die erste an der Steinkaul, die zweite auf den Bauhof und die dritte an der Ungelsheimer Straße. An der Steinkaul war die Betreuungsangestellte für die weiblichen Belegschaftsmitglieder bei M.R.W., Gustel Paul, ums Leben gekommen. In den Trümmern hat man ein Bein von ihr gefunden. Die Angehörigen haben damals erzählt, dass sie beim Alarm vom Kino bei Dickmann nur die Steinkaul runter nach Hause gelaufen ist, um ihren Koffer zu holen. Sie hat wohl nicht damit gerechnet, dass die Bomber nach 15 Minuten bereits über Duisburg waren. Die Bombe muß wohl direkt vor ihr eingeschlagen sein. Das war schrecklich.
Am Bauhof flogen die Handkarren der Handwerker durch die Luft herum wie Spielzeug. Überall flogen Dreckfontänen in die Luft. Wir konnten die Einschläge erst gar nicht zuordnen und dachten, das wäre im Höschegrund passiert. Wir meldeten dann auch an Merz: „Bombenabwürfe Richtung Höschegrund!“ Alle waren froh, das die Brandbomben sofort gelöscht wurden, sonst wäre vermutlich die gesamte Häuserzeile An der Steinkaul abgebrannt!“
Hertha Scheu, geb. Lendzian (+) (1977):
„Das war 1942 kurz vor Weihnachten. Da habe ich noch in der Stadt gearbeitet. Das ist Sonntagabend passiert. Ich fuhr dann immer Montagmorgens in die Stadt, und mein Mann Sonntagabends in die Flakstellung am Schlackenberg in Laar/Beeck. Und an dem Abend, das werd` ich nie vergessen, war meine Mutter Reibekuchen am backen. Da war erst der Alarm, da sind wir in den Keller gegangen, und da war noch der lange Schmidt, der Hermann, und der sagte immer: „Ja und die Reibekuchen, und die Reibekuchen!?“ „Ja,“ sagte meine Mutter, „nehm dir die Pfanne mit runter wenn du willst, ich kann doch jetzt nicht weiterbacken!“
Der roch dat` nämlich immer, und da kam der runter. Der ist auch gefallen! Ja, und als wir dann runter gingen, an der Haustüre blieben wir stehen und haben geguckt, und da standen schon die „Christbäume“. Die warfen ja, bevor die die Bomben warfen immer die Markierungen. Die nannten wir immer Christbäume. Die machten immer alles taghell. Da hab ich noch gesagt: „Die Christbäume stehen schon. Wo kommen die Bomben jetzt runter?“ Dat konnte man ja nicht hören.
Nur so ein zischen hörten wir noch, dann wr alles weg. Da flogen wir, die Maria Heinen hat noch hinter uns gestanden, die Gusti Heinen und oben von Schmidt einer bis bei Heinens in den Korridor rein. Dat haben wir gar nicht gemerkt, wie wir die Treppe hochgeflogen sind, und dat sind ja immerhin 4 – 5 Stufen. Wir haben uns wieder gefunden, ich hab nur noch geschrieen und hab die Hände über meinen Kopf geschlagen, weil ich gedacht habe, jetzt kommt das Haus nach. Aber dat war ja gegenüber passiert. Das war so ein ungeheuerlicher Druck gewesen, das man im Moment nichts mehr hören konnte. Und dann hörte man erst das Knallen vom Zusammenfallen der Häuser. Und da haben wir uns dann hochgerappelt, sind aufgestanden, und lebten noch.
Und da haben wir geguckt, und da war vom Bauhof nichts mehr. Da war nichts mehr da, nur noch ein Trümmerfeld. Wir hatten keine Fensterscheiben mehr. Wir lagen ja direkt gegenüber, wo der Luftdruck hinkam. Da war alles in Scherben. Glassplitter und viel, viel Dreck lag in der Wohnung, von dem Mörtel und Staub, noch wochenlang. Auf dem Kleiderschrank hatten wir Plätzchen stehen, für Weihnachten. Da konnten wir nichts mehr von essen. Die Schnapsflaschen waren kaputt, die gab es als Weihnachtszuteilung.
Das Haus von Gryglewicz stand aber noch, obwohl dat ja direkt da am Bauhof anschließt. Die Bombe ist da genau in die Mitte vom Bauhof draufgeknallt. Und die Ecke, wo Werle gewohnt habt war auch schwer beschädigt. Gryglewicz haben auch ein bischen mitgekriegt. Auch dat Spritzenhäuschen, dat waren zwei so große Toreinfahrten, wo die mit dem Spritzenwagen rein fuhren, und wo die die Geräte alle gehabt haben. Dat war alles weg. Da blieben nur so ein paar Mauern stehen. Dat war nur eine einzige Bombe, die da auf den Bauhof gefallen ist. Erst mal war ja nichts an Rettungsarbeiten.
Der Bauhof war ja zu, war ja Sonntag. Da ist dann auch keiner zu Schaden gekommen, da in der Holzbaracke. Da brauchte dann keiner gesucht werden. Da war nur Materialschaden. Was haben wir da noch wieder gefunden?! Dat Handwerkszeug war durch die Gegend geflogen. So war da weiter nichts passiert, auch uns nicht, die wir direkt dabei standen. Da haben wir viel Glück gehabt.
Also ich weiß auch, dat an dem Abend Brandbomben gefallen sind, da bei Domnick und an der Steinkaul, wo der Feuerwehrmann Schmitz gewohnt hat. Der Schmitz saß im Keller, und der Viktor Gryglewicz und ich haben die Schläuche geholt um zu löschen. Und als wir die endlich gefunden hatten, da hatten wir kein Wasser mehr. Die waren damals da oben deponiert am Anfang der Steinkaul, da wo Taflinski gewohnt haben. Da bei Ansmann.
Ja, da haben der Viktor und ich die noch während des Angriffs da rausgeschleppt. Dat waren beide Male Dachstuhlbrände. Die mussten ja gelöscht werden. Ja, und da haben wir die geholt, und der Schmitz ist nicht aus dem Keller rausgekommen. Der hatte mehr Angst als Vaterlandsliebe. Und da wussten wir nicht so richtig, wo wir die anschließen sollten und wie die angeschlossen werden. Und da hat der Gryglewicz den da unten rausgetrommelt. Und als wir die Schläuche endlich dran hatten, war dat Wasser weg. Am nächsten Tag war dat wieder da. Na, da haben die dat so irgendwie gelöscht. Aber bei Domnick war der Dachstuhl ausgebrannt.
Bruno Felde (+) Erinnerungen 1984
Als wir aus dem Keller kamen, da haben wir erst mal nachgesehen, ob alles in Ordnung ist. Da rief meine Mutter, der im Garten war, wir sollen sofort verschwinden, im Garten wäre ein Blindgänger. Da kam der Fastenrath, der war damals beim SHD (Anm. Sicherheits- und Hilfsdienst). Und wir standen auf der Straße. Und da kamen die lachend aus unserem Haus. Da war dat ein Teereimer, der vom Bauhof über unser Dach in den Garten geschleudert worden ist, und wo der in der Erde steckte. Da waren wir froh!
Einen ausführlichen Bericht über die Auswirkung des Angriffs in Duisburg ist hier zu finden:
http://www.lokalkompass.de/duisburg/ratgeber/target-duisburg-20-dezember-1942-als-das-stadttheater-starb-d33082.html
Autor:Harald Molder aus Duisburg |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.