Suchthilfe
Beratungsangebot für Suchterkrankungen ausbaufähig

Illegale Drogen, Alkohol, Cannabis, Tabak oder Glücksspiel – in Deutschland sind der Bundesregierung zufolge rund 8,2 Millionen Menschen von verschiedenen Substanzen oder Glücksspiel abhängig, 13 Millionen verwenden diese missbräuchlich. Betroffene und ihre Angehörigen können bei sogenannten Suchtberatungsstellen Unterstützung suchen. Wie groß das Suchthilfe-Angebot in Deutschland ist, hat das Cannabisunternehmen Cantourage in einer aktuellen Untersuchung ermittelt. Das Berliner Unternehmen hat dafür die Beratungsstellen der 25 größten Städte aus dem „Suchthilfeverzeichnis“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) entnommen und die Ergebnisse mit einer zusätzlichen Google-Recherche verglichen. Das Beratungsangebot im Ruhrgebiet ist sehr überschaubar. 

In Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main ist das Beratungsangebot am größten
In den größten Städten gibt es auch die meisten Beratungsstellen: In der Hauptstadt gibt es laut Cantourage mit 132 Beratungsstellen das größte Angebot. Hamburg landet auf dem zweiten Platz mit 62 Beratungsstellen. Auf dem dritten und vierten Platz liegen Frankfurt am Main und München mit 38 bzw. 37 Stellen. Die erste Stadt aus Nordrhein-Westfalen ist Köln, die mit 26 Anlaufstellen auf dem fünften Platz des Rankings landet. 

Im Ruhrgebiet ist das Beratungsangebot eher überschaubar: In Dortmund und Bochum gibt es mit 15 bzw. 11 Stellen noch vergleichsweise viele Beratungsstellen. In Essen und Duisburg finden Süchtige und ihre Angehörigen nur sechs bzw. vier Anlaufstellen vor. Im deutschlandweiten Städtevergleich gibt es nur in Wiesbaden mit drei Beratungsstellen ein noch kleineres Angebot als in Duisburg.

Duisburg hat die wenigsten Beratungsstellen pro 100.000 Einwohner:innen
Cantourage hat ebenfalls ermittelt, in welcher Stadt es das beste bzw. schlechteste Beratungsangebot im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt: Auch hier schneidet Duisburg sehr schlecht ab. Mit den vier Beratungsstellen, die bei der DHS gelistet sind, käme Duisburg auf eine Quote von 0,8 Beratungsstellen für 100.000 Einwohner:innen – der letzte Platz des Negativ-Rankings. Über Google Maps konnte Cantourage in Duisburg immerhin zwölf Beratungsstellen identifizieren, womit die Stadt auf 2,4 Einrichtungen pro 100.000 Einwohner:innen käme – das wäre immerhin nur der viertletzte Platz des Rankings. Essen steht mit etwa einer Beratungsstelle für 100.000 Einwohner:innen nur leicht besser da und erreicht den zweitletzten Platz. An der drittletzten Stelle steht Wiesbaden bei 1,1 Beratungsstellen pro 100.000 Einwohner:innen.

Bochum und Dortmund bewegen sich auch bei den relativen Zahlen im Mittelfeld des Rankings: Während Bochum auf drei Beratungsstellen pro 100.000 Einwohner:innen kommt, so sind es in Dortmund 2,5 Stellen.

Das beste Beratungsangebot gibt es mit circa fünf Beratungsstellen für 100.000 Einwohner:innen in Augsburg. Frankfurt am Main folgt knapp auf dem zweiten Platz mit etwa 4,9 Stellen pro 100.000 Einwohner:innen – die Mainmetropole liegt also sowohl bei den absoluten Zahlen als auch bei den relativen Zahlen weit vorne. Die Top-Drei vervollständigt Bremen mit vier Beratungsstellen pro 100.000 Einwohner:innen.

Größtes Beratungsangebot für illegale Drogen
Nicht alle Beratungsstellen sind auf alle Suchtarten spezialisiert. Das größte Beratungsangebot gibt es für den Konsum illegaler Drogen: Deutschlandweit bieten der DHS zufolge 392 Stellen hierzu Beratung an. Auf dem zweiten Platz landen Beratungsangebote für missbräuchlichen Alkoholkonsum mit 381 Stellen. Damit ist dies das mit Abstand größte Beratungsangebot für eine einzelne Droge. Für Medikamentenmissbrauch gibt es mit 336 Stellen die drittmeisten Beratungsstellen. Tabak und problematische Mediennutzung werden jeweils in 171 Beratungsstellen thematisiert. Darüber hinaus gibt es 165 Beratungsangebote für Glücksspielsucht. Das vergleichsweise kleinste Angebot gibt es laut Erhebung für problematisches Essverhalten. Hierzu bieten deutschlandweit nur 87 Stellen Beratung an.

Florian Wesemann, Arzt und medizinischer Leiter bei Telecan, kommentierte die Ergebnisse: „Trotz eines stellenweise relativ großen Angebotes an Beratungsstellen tun sich viele Suchtkranke schwer, professionelle Hilfe zu suchen und anzunehmen. Bei Konsument:innen illegaler Drogen führt die Stigmatisierung und Angst vor Strafverfolgung nicht selten dazu, dass Betroffene nicht offen zu ihrem Konsum stehen und sich schämen und zurückziehen, statt sich Hilfe zu suchen. Daher ist der Ausbau des Beratungsangebotes, aber auch der Abbau von Stigmata und ein Umdenken bei der Strafverfolgung überfällig. Sogar beim kürzlich ‘teillegalisierten’ Cannabis werden sowohl Freizeitkonsument:innen als auch Patient:innen weiterhin stigmatisiert, diskriminiert und aus der Öffentlichkeit gedrängt – beispielsweise durch Rauchverbote, die nur für Cannabis und nicht für Tabak gelten.”

Autor:

Lisa Wagner aus Dortmund

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