Die Hamborner Helios St. Johannes Klinik hat viel zum unbeschwerten Familienglück beigetragen
Acht Wochen mehr Leben

- Das Foto zeigt Prof. Dr. F. Vandenbussche (l.) und Dr. Metin Degirmenci im Gespräch mit Rabia Araci, die ihre Tochter Esmira liebevoll auf dem Arm trägt.
Fotos: Helios - hochgeladen von Reiner Terhorst
Bei Rabia Araci droht eine Frühgeburt in der 23. Schwangerschaftswoche. Die Chancen für ihre Tochter stehen nicht gut, die Kleine wiegt zu dem Zeitpunkt gerade einmal rund 600 Gramm und ist nicht viel größer als eine Mango. Acht Wochen lang kämpft die werdende Mama im Kreißsaal der Helios St. Johannes Klinik liegend mit Hilfe des Teams um jeden Tag.
Rabia Araci freut sich auf den Termin bei ihrer Frauenärztin, vor allem auf ein neues Ultraschallbild von ihrer kleinen Tochter, die sich in der 23. Schwangerschaftswoche immer deutlicher in ihrem Bauch bemerkbar macht. Und auf die beruhigenden Worte der Gynäkologin, die die 28-Jährige jedes Mal für ein paar Tage durchatmen lassen. Doch diesmal kommen sie nicht. Denn die Ärztin wird unruhig: „Ihr Muttermund ist bereits teilweise geöffnet und die Fruchtblase rutscht. Sie müssen so schnell wie möglich ins Krankenhaus.“
Rabia spürt die Panik in sich aufsteigen. Panik, die sie schon kennt. Bitte nicht schon wieder, rasselt es in ihrem Kopf. Sie war schon einmal schwanger, das Kind kam viel zu früh in der 26. Woche zur Welt und schaffte es nicht. Sie und ihr Mann Mete hatten lange gebraucht, um wieder ins Leben zurückzufinden und es noch einmal zu versuchen, mit dem Traum von einer Familie: „Es war, als hätte jemand auf Repeat gedrückt. Wir konnten das doch nicht schon wieder durchmachen.“
Seltene Komplikation
Noch heute fällt es der Duisburgerin schwer, die dazugehörigen Gefühle zu sortieren. Direkt von der Praxis lässt sie sich in die Helios St. Johannes Klinik einliefern, denn das Krankenhaus ist als Perinatalzentrum Level 1 spezialisiert auf die Versorgung von Frühgeborenen. Das Team dort bestätigt die Diagnose der Frauenärztin: ein Vorfall der Fruchtblase, medizinisch Prolaps, verursacht durch eine Muttermundschwäche. Ein absoluter Notfall in der Schwangerschaft.
Gespürt hat Rabia Araci vorher nichts, außer einem leichten Druck, den aber ja die meisten Schwangeren spüren. „Dieser Vorfall der Fruchtblase ist eine sehr seltene Komplikation in der Schwangerschaft, aber wenn er auftritt, besteht sofort Handlungsbedarf“, erklärt Prof. Dr. F. Vandenbussche, Sektionsleiter der Geburtshilfe. Er und auch Dr. Metin Degirmenci, Oberarzt der Kinderklinik und Leiter der Perinatalstation, begleiten die junge Mutter von Anfang an und sprechen ihr Mut zu. Rabia darf zunächst nur liegen und soll sich so wenig wie möglich bewegen, denn jede Druckveränderung im Unterleib kann die Fruchtblase beschädigen.
Sorgen und Ängste
Mutter und Kind werden engmaschig überwacht und wohnen quasi im Kreißsaal. Für Rabia eine schlimme Zeit: „Die Sorgen und Ängste haben mich fast verrückt gemacht.“ Auch das Klinikteam rechnet jeden Tag damit, dass das kleine Mädchen zur Welt kommt, mit gerade einmal rund 600 Gramm und somit als extremes Frühchen mit ungewisser Prognose. „Wir haben jeden Tag mit der Familie gezittert und uns gleichzeitig auf die Ankunft und Versorgung des Kindes vorbereitet“, fasst auch Oberarzt Metin Degirmenci die aufreibende Zeit zusammen. Rabia und ihre Tochter halten durch. Stunde um Stunde, Tag um Tag liegt die werdende Mama in ihrem Kreißsaalbett. Bis zum frühen Abend des 5. Januar, acht Wochen nach ihrer Ankunft in der Klinik, in Schwangerschaftswoche 31.
Schon am Nachmittag spürt Rabia die ersten unregelmäßigen Wehen, etwas fühlt sich anders an als in den Wochen zuvor. Vorsichtshalber sagt sie ihrem Mann Bescheid, der sich sofort auf den Weg macht. Sie sollte recht behalten: Am frühen Abend platzt die Fruchtblase, die Geburt lässt sich nun nicht mehr aufhalten. Das Klinikteam wägt gemeinsam mit den Eltern ab und entscheidet sich schließlich für einen Kaiserschnitt, denn die Anstrengungen einer natürlichen Geburt könnten für das immer noch zarte Kind eine zu große Belastung sein. Um 19.56 Uhr schließlich kommt die kleine Esmira mit lebendigen 1650 Gramm und 41 Zentimetern auf die Welt. „Sie schrie, sie atmete, sie lebte. Das war das einzige, was in dem Moment zählte“, beschreibt Rabia den bisher schönsten Moment in ihrem Leben.
Medizinische Unterstützung
Und auch wenn das kleine Mädchen immer noch ein Frühchen ist und zur Überwachung sofort auf die Perinatalstation kommt: Sie ist stabil und braucht in den Tagen nach ihrer Ankunft nur wenig medizinische Unterstützung. Drei Tage lang helfen ihr Geräte beim Atmen, dann schafft sie es selbstständig. Esmira nimmt an Gewicht zu, entwickelt sich bestmöglich und schenkt ihren Eltern jeden Tag mehr Zuversicht. Schließlich folgt der nächste wichtige Schritt: Mutter und Kind können auf die Normalstation. Knapp 2300 Gramm wiegt die Kleine nun und die beiden stehen kurz vor der Entlassung nach Hause.
Auch nach der Entlassung wird die Familie von der Klinik begleitet. Esmira bekommt in den ersten Wochen ein mobiles Überwachungsgerät mit nach Hause, das ihre Atmung im Schlaf kontrolliert. Denn Frühchen können gerade zu Beginn noch unter kleinen Atemaussetzern leiden. Aber bald wird auch das hinter ihnen liegen und der schwere Start in den Hintergrund rücken. Rabia lachend: „Wenn Esmira erstmal loslegt und mobil wird, sehne ich mich irgendwann bestimmt nach acht Wochen Bettruhe zurück.“
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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