Gelebtes Miteinander beim Neumühler AHA-Frühstück
60.000 Brötchen in 25 Jahren
In der Evangelischen Kirchengemeinde Duisburg Neumühl ist das AHA-Frühstück schon längst eine Institution, denn die Aktion gibt es seit stolzen 25 Jahren. Das Jubiläum feierte die Gemeinde natürlich bei einem AHA-Frühstück.
Pfarrerin Anja Buchmüller-Brand hatte viel Lob für die Ehrenamtlichen und auch so viele aufmunternde Worte für Teilnehmenden in ihrer Festrede. Von Gemeinschaft und Geborgenheit sprach sie und davon, dass die Gemeinde stets die Menschen im Blick habe und ihnen auch und gerade beim AHA-Frühstück Wertschätzung entgegen bringe.
AHA steht für „Arbeitslose helfen Arbeitslosen“ und war eine Idee der damaligen Neumühler Pfarrerehepaare Dietmar Reumann-Claßen und Anke Claßen und Iris und Jan Christofzik. Noch immer nehmen Dienstag für Dienstag ab 9 Uhr gut 25 Neumühlerinnen und Neumühler am AHA-Frühstück teil. In Spitzenzeiten kamen sogar mal über 40 Gäste. Interessierte „Neue“ sind übrigens herzlich willkommen.
„Die Menschen brauchen mehr Miteinander. Und sie finden es hier beim AHA-Frühstück in der Neumühler Gnadenkirche“ sagt Hannelore Eichholz beim runden Geburtstag der Aktion. Sie weiß, wovon sie spricht, denn an der Seite von Lena Janzen hat sie 23 Jahre mit dafür gesorgt, dass nicht nur die Liebe, sondern auch die Gemeinschaft und das Miteinander durch den Magen gehen.
Zufrieden und dankbar
Als beide dann aus gesundheitlichen und familiären Gründen den ehrenamtlichen Staffelstab weitergaben, taten sie das mit einem weinenden und lachenden Auge. Sie haben mit viel Hingabe und Herzblut jeden Dienstagmorgen, früher im Wichernheim und nach dessen Abriss in der Gnadenkirche aufgetischt, Brötchen geschnitten, geschmiert und belegt, Kaffee gekocht, zugehört und geredet. Zufrieden und dankbar sind sie, dass sich mit Gisela Usche und Sylvia Brauer sofort zwei ehrenamtliche Nachfolgerinnen gefunden haben, die ihr „Werk des gelebten Miteinander und Füreinander“ fortsetzen.
„Wir haben vieles von unseren Vorgängerinnen und Wegbereiterinnen übernommen“, sagt Giesla Usche, „aber ab und zu auch was Neues ausprobiert.“ So gibt es etwa an Geburtstagen der Frühstücksgäste schon mal leckere Zugaben wie Lachs, Rührei oder einen selbstgebackenen Kuchen. Auch bei besonderen Feiern. Und eine solche gab es jetzt in der Gnadenkirche.
Gehegt und gepflegt
Hier fanden Menschen, die arbeitslos wurden, den Pfennig oder Cent dreimal umdrehen mussten, den Austausch mit gleichermaßen Betroffenen suchten oder einfach nur in einem guten Miteinander ihre Sorgen, Nöte und Freude teilen wollten, ein „Zuhause“.
Wie sehr das Miteinander noch heute gehegt und gepflegt wird, zeigt die Initiative von Gisela Usche, sich gemeinsam mit Sylvia Brauer und Pfarrerin Anja Buchmüller-Brand mit einem Blumenstrauß zum Silber-Jubiläum bei den Frauen der ersten Stunde zu bedanken.
Neben Lena Janzen und Hannelore Eichholz sind das Karin Fortkamp und Birgit Fieten als Teilnehmerinnen und Frühstücksgäste von Beginn an bis heute. Und im Laufe der zweieinhalb Jahrzehnte haben sie öfter mal selbst aktiv angepackt und mitgeholfen.
Blumiges Dankeschön
„Auch ist das ist gelebtes und erlebtes Miteinander“, meint Karin Fortkamp. Bei der fröhlichen Feier konnten Lena Janzen und Birgit Fieten selbst nicht dabei sein, haben von Gisela Usche aber das blumige Dankeschön nach Hause gebracht bekommen.
An der fein gedeckten Tafel in der Gnadenkirche schmunzelt Gisela Usche: „Ich habe mal überschlagen, dass im Lauf der Jahre wohl fast 60.000 Brötchen und hunderttausende Tassen Kaffee kredenzt wurden. Wie viele Tassen zu Bruch gegangen sind, weiß ich nicht, will ich auch nicht wissen.“
Lange Jahre wurde das Projekt weitgehend von der Evangelischen Kirche im Rheinland finanziert. Mittlerweile ist die Frühstücksgemeinschaft jedoch stärker auf Unterstützung durch die Gemeinde und auf Spenden angewiesen. Doch es gibt seit langem eine Reihe von Spendern, die das AHA-Frühstück regelmäßig und großzügig bedenken.
Der „Brötchen-Euro“
Auch die Teilnehmer selbst tragen dazu bei, indem sie lange Jahre jedes Mal einen symbolischen „Brötchen-Euro“ ins Körbchen gelegt haben, der jetzt auf 1,50 Euro angehoben wurde, denn schließlich werde ja alles teurer.
Und für wen das Woche für Woche letztlich zu viel ist, aber die Gemeinschaft nicht missen möchten für den treten andere ein, die freiwillig mehr geben, weil sie es sich leisten können.
Text: Reiner Terhorst
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