Wird Duisburg zur Optionskommune?
Wie geht Duisburg mit der Strukturreform des SGB II um? Wie positioniert sich die Stadt? Diese Frage war das zentrale Thema der September-Sitzung des städtischen Ausschusses für Arbeit, Soziales und Gesundheit, die am 24. September stattfand.
"Der Rat hat im Dezember 2009 einstimmig beschlossen, in Richtung Optionskommune zu gehen. Im Sommer 2010 ist dann die Änderung des Grundgesetzes gekommen," berichtet Sozialdezernen Reinhold Spaniel. "Die Verwaltung liefert uns heute den aktuellen Sachstand."
"Im Regelfall werden die Aufgaben des SGB II am dem 1. Januar 2011 von den Trägern Bundesagentur für Arbeit und Kommunen in `gemeinsamen Einrichtungen´ (Job-Center) wahrgenommen. Die Zulassung von bisher 69 Optionskommunen wird unbefristet verlängert, auf Antrag haben 42 weitere kommunale Träger die Möglichkeit, ab dem 1. Januar 2012 Optionskommune zu werden. Entsprechende Anträge sind bis zum 31.12.2010 zu stellen.
Die bisherige ARGE Duisburg wird automatisch zum 1. Januar 2011 eine gemeinsame Einrichtung von Kommune und Bundesagentur für Arbeit. Für die Zeit ab 2012 ist zu entscheiden, ob es auch danach bei der gemeinsamen Einrichtung bleiben soll oder ob es die Stadt anstrebt, die Administrierung des SGB II in eigener Verantwortung zu übernehmen (Option).
Eine Anschubfinanzierung wird es nicht geben. Die Kosten, die für die Erreichtung des 2012 in städtischer Regie betriebenen Jobcenters entstehen, hat die Stadt allein aufzubringen.
Auch bei einer Option stehen den Jobcentern Bundesmittel für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt und für die Verwaltung (Personal- und Sachmittel) zur Verfügung (Eingliederungsbudget, Verwaltungsbudget). Die Höhe entspricht den Mitteln der gemeinsamen Einrichtungen.
Erfolge der Jobcenter werden sicherlich maßgeblich durch die Höhe der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel beeinflußt. Es zeichnet sich ab, daß diese Mittel bereits ab 2011 drastisch verringert werden. Die Verringerung betrifft nicht nur den Eingliederungstitel, sondern auch das Verwaltungsbudget. Die Rede ist zur Zeit von einer Verringerung bei den Eingliederungsleistungen bis 2014 um ca. 30 % und bei den Verwaltungskosten um ca. 25 %, wobei die Verringerung bei den Verwaltungskosten wohl schon 2011 in voller Höhe wirksam werden soll.
Nach dieser Planung verringerten sich die Mittel für beide Budgets im 2011 um 15 Mio. € jährlich, die sich bis 2014 auf 30 Mio. € erhöhen könnten. Ebenfalls ist noch nicht klar, ob die bisher auch in Duisburg praktizierte Vorgehensweise, mit Mitteln des Eingliederungsbudgets auch Verwaltungskosten zu finazieren, zulässig bleiben wird.
Kraft Gesetz treten zum 1.1.2012 alle Arbeitnehmer und Beamte (einschließlich der Auszubildenden) der Bundesagentur (BA), die zum Stichtag 31.12.2009 in der ARGE beschäftigt waren, dauerhaft in den Dienst des kommunalten Trägers über. Bis zu 201 % können - innerhalb von 3 Monaten - der Bundesagentur `zurückgegeben´ werden, jedoch bedarf die `Rückgabe´ der Zustimmung der Arbeitnehmer und in Ausnahmefällen auch der Beamten. Wird die Zustimmung nicht erteilt, besteht das Arbeitsverhältnis mit dem kommunalen Träger fort.
Zur ordnungsgemäßen Autragserfüllung ist der weitere Einsatz auf der Mitarbeiter, die im Rahmen der Amtshilfe (Telecom, Deutsche Post AG, Deutsche Postbank, Deutsche Bahn AG) eingesetzt werden, geboten. Hierzu wären voraussichtlich durch die Stadt Duisbrug Rahmenkontrakte mit den jeweiligen Dienstherren zu schließen und anteilige Personalkosten zu tragen.
Bei der derzeitigen Rechtslage und Arbeitsmarktsituation ist die Übernahme des gesamten Personalbestandes zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung notwendig. Jedoch ist zu beachten, daß auf zukünftige Veränderung der Verhältnisse, insbesondere die Reduktion der Bundesmittel, Änderungen der Rechtslage (z. B. Erhöhung Betreuungsschlüssel = Personalbedarfsreduzierung) und Reduktion der ALG II - Empfänger, personalwirtschaftlich nicht flexibel reagiert werden kann, da der überwiegende Teil der Beschäftigten sowie die Beamten in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis zur `Optionskommune´ stehen werden. Die daraus ggfs. erforderlichen Umsetzungen in die Kernverwaltung würden dem im Haushaltssicherungskonzept verankerten Stellen- und Personaleinsparungsgebot entgegenstehen. Für den Bereich SBG II können unabhängig vom städtischen Haushalt weiterhin Ausbildungen durchgeführt werden, da die Personalkosten der Beschäftigten in der Berufsausbildung, die im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II eingesetzt werden, aus dem Verwaltungskostenbudget finanziert werden konnten.
Nach dem SGB II errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger (Optionskommunen) besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB II. Die möglcihen Organisations-/Rechtsformen sind das Amt / Abteilung innerhalb der Kernverwaltung, die Eigenbetriebsähnliche Einrichtung oder die Anstalt des öffentlichen Rechts.
DIe auch in 2011 noch von der gemeinsamen Einrichtung genutzten IT-Verfahren (z. B. A2LL) für die Erbringung der finanziellen Leistungen (Alg II) bzw. für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt können durch die Kommune im Fall der Option für die Zeit ab 2012 nicht übernommen werden. Hier muß auf andere Lösungen zurückgegriffen werden. Es gibt hier mehrere Anbieter, deren Programme bereits von heute schon optierenden Kommunen genutzt werden. Sofern die Stadt Duisburg Optionskommune wird, wird zu entscheiden sein, welchem Produkt der Vorzug gegeben wird," heißt es in der Drucksache 10-0812/2.
Äußern sich CDU und Wohlfahrtsverbände eher zustimmend zur Optionsalternative, sind von der SPD eher kritische Stimmen zu hören.
"Warum sollten wir Optionsgemeinde werden," fragt etwa Angelika Wagner, Gewerkschaftssektretärin und SPD-Mitglied. "5 Jahre Erfahrung mit der ARGE zeigen, daß es nicht besser klappt. Wir wechseln uns regelmäßig mit Gelsenkirchen als schlechteste Stadt in Nordrhei-Westfalen ab. Außerdem müßten wir 5 Millionen € Anschubfinanzierung aufbringen. Das müßte die Stadt allein tragen."
Wie von einem führenden Sozialdemokraten unter der Hand zu erfahren war, ist die ablehende Haltung der Partei auf das ängstliche Verhalten der gewerkschaftsnahen Parteikreise zurückzuführen.
Ein paar persönliche Bemerkungen seien an dieser Stelle erlaubt.
Das Jahr 1989 ist nicht nur das Jahr der beginnenden deutschen Einheit. Es ist auch das Jahr, in dem ich im damals noch existierenden Arbeitsamt meine Ausbildung für den gehobenen Dienst bei der ARbeitsverwaltung begonnen habe. Trotz meiner beruflichen Neuorientierung zum Journalisten gleitete mich das Arbeitsamt und seine Themen in den folgenden mehr als 2 Jahrzehnten immer wieder.
Ich habe nicht nur über Veranstaltun und die monatlichen Pressekonferenzen, in denen die Arbeitslosenzahlen präsentiert werden, geschrieben. Auch berufskundliche Themen sind immer wieder vorgekommen. Jemand wie ich kommt aus dem Staunen nicht heraus. Die private Arbeitsvermittlung gewann in den vergangenen Jahren eine Bedeutung, die früher undenkbar war. Das System der Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe wurde verändert, die neue Sozialleistung "Arbeitslosengeld II" dafür geschaffen. Mehrere strukturelle Grundübel des Arbeitsmarktes wurden aber nicht beseitigt.
Die ewige ideologisch belastete Diskussion um die richtige Schulform wirft die Frage auf, wie Kinder und Jugendliche am besten auf das Leben und damit auch das Berufsleben vorbereitet werden können. Gibt es genügend Plätze für Schülerpraktika? Gibt es genügend Ausbildungsstellen?
Im Erwachsenenalter geht esdann weiter. Wir haben uns schon lange an eine Aosigkeit von mehr als 3 Millionen Personen gewöhnt. Hier muß eindeutig von einer strukturellen Arbeitslosigkeit gesprochen werden. Die Frage nach der richtigen Struktur der Arbeitsverwaltung ist daher zweitrangig, weil sie vom eigentlichen Problem ablenkt. Wie kann neue Arbeit geschaffen werden? Wie können neue Industrien, Dienstleistungsbetriebe und Handwerker angesiedelt werden? Die neumodische Klage über den Frachkräftemangel ist scheinheilig und fadenscheinig. Wer heute nicht ausbildet, hat morgen keine entsprechend qualifizierten Mitarbeiter.
Hinzu kommt, daß ich mir persönlich an einer Stelle nicht sicher bin. Die heutige Arbeitsverwaltung kann bestimmt finanzielle Anreize für dei Problemgruppen des Arbeitsmarktes anbieten. Inwieweit ist hier eine Subventionsmentalität entstanden? Wie haben es Firmen in anohne staaiche Allimentierung geschaftt, groß und möchtig zu werden? Hat eine Wirtschaft, die ständig nur nach Rechtssicherheit ruft, nicht ein Problem mit sich selbst, nämlich daß sie nicht handelt, Dienstleistungen erbringt und Produkte herstellt und Forschung betreibt, sondern immer nur ihr Personal freisetzt und damit die Käufer ihrer Produkte in Armut stürzt?
Politik ist für die Menschen da. Sie soll für Wohlstand und Sicherheit sorgen. Die Duisburger Arbeitsmarktpolitik steckt in einem finanziellen wie strukturellen Dilemma. Es fehlt das Geld für die kommunale Wirtschaftspolitik. Frühere Generationen haben da auf Kosten der heutigen Generationen gelebt. Gleichzeitig müssen von außen vorgegebene Gesetze umgesetzt werden.
Wie kann da eine Lösung aussehen? Eine kurzfristige Antwort weiß ich nicht. Die Lösung wird wahrs nichach sein. Düsseldorf ist Landeshaußtstadt und damit auc hdie Stadt der Wirtschaftsverbände. Sich bei ihnen kostenlosen, aber verbindlichen Rat einzuholen könnte genauso ein Lösungsansatz wie politische Gremienarbeit auf Bundes- und Landesebene sein. Die Menschen vor Ort haben ein Anrecht darauf, daß ihnen geholfen wird, wenn es die Politik vor Ort nicht alleine schafft / schaffen kann. Operation gelungen - Patient tot - dieser Spruch darf für Duisburg nicht gelten. So richtig und wichtig die Sanierung des kommunalen Haushalts auch ist, so darf dabei nicht übersehen werden, daß wir hier in einem Gemeinwesen leben. Der Spruch "Hilf dir selbst und Gott ist mit dir" darf für eine Stadt nicht gelten. "Suche der Stadt Bestes" in Zeiten wie diesen muß dieser biblische Spruch auch auf Bundes- und Landesebene gelten.
Autor:Andreas Rüdig aus Duisburg |
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