Expertenkommission
Was man aus dem Loveparade-Unglück gelernt hat

Im Tunnel an der Karl-Lehr-Straße verloren bei der Loveparade-Katastrophe 21 junge Menschen ihr Leben, 500 wurden verletzt. 
 | Foto: Archivfoto: Frank Preuß
  • Im Tunnel an der Karl-Lehr-Straße verloren bei der Loveparade-Katastrophe 21 junge Menschen ihr Leben, 500 wurden verletzt.
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Die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzte Expertenkommission zur Verbesserung der Aufklärung komplexer Unglücksereignisse hat heute ihren Abschlussbericht vorgelegt. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Julius Reiter wurden insgesamt 20 Vorschläge erarbeitet, um komplexe Unglücksereignisse für die Betroffenen besser aufzuklären und aufzuarbeiten.

Veranlassung durch Loveparade-Katastrophe

Anlass für den Auftrag zur Einsetzung der Expertenkommission durch den nordrhein-westfälischen Landtag im Jahr 2020 war der zehnte Jahrestag der Loveparade-Katastrophe in Duisburg, bei der 21 Menschen starben und mehr als 500 weitere teils schwer verletzt wurden. Es hatte sich gezeigt, dass aus Sicht der Opfer und Angehörigen keine ausreichende politische und juristische Aufarbeitung dieses Unglücks erfolgte. Hieraus sollten Schlussfolgerungen zur Verbesserung der Aufklärung und Aufarbeitung solcher Ereignisse gezogen werden.

Konkrete, praxisorientierte Empfehlungen

Im Fokus der Expertenkommission stand eine differenzierte und in die Zukunft gerichtete Analyse der Ereignisse in der Vergangenheit sowie ihrer strafverfahrensrechtlichen Aufarbeitung. Durch den Austausch mit zahlreichen Experten aus dem In- und Ausland sowie intensive Erörterungen innerhalb der Kommission wurden Lehren für eine zukünftige Aufklärung und Aufarbeitung vergleichbarer Unglücksereignisse gezogen. Dass dies erforderlich ist, zeigt sich immer wieder, zuletzt zum Beipiel bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Das Ergebnis waren konkrete und praxisorientierte Empfehlungen, die die Kommission nun präsentiert hat.

20 Punkte-Plan

Zu den 20 Punkten, die von den Experten herausgearbeitet wurden, zählen unter anderem: 

  • Unglücksuntersuchungen sollten über den rein strafrechtlich relevanten Rahmen hinaus umfassender vorgenommen werden. Hierfür sollte eine gemeinsame Bund-Länder-Einrichtung geschaffen werden, die unabhängig alle Faktoren für das Unglücksereignis untersucht und Sicherheitsempfehlungen für zukünftige Ereignisse geben kann.
  • Die Verjährungsfrist für die strafrechtliche Verantwortung sollte bereits mit dem Beginn eines gerichtlichen Verfahrens unterbrochen werden, damit lang andauernde Prozesse nicht aufgrund der drohenden Verjährung unter Zeitdruck geraten oder ganz eingestellt werden müssen.
  • Es sollen spezielle Opferstaatsanwälte zur Verfügung gestellt werden, die in der Opferbetreuung besonders geschult werden und den Geschädigten zentral als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
  • Auch für den Umgang der Polizei mit Geschädigten und Hinterbliebenen soll eine besondere Sensibilisierung und Fortbildung erfolgen.
  • Zudem soll eine Entschädigung für die Opfer direkt im Strafverfahren ausgesprochen werden (so genanntes Adhäsionsverfahren), was bislang in der Praxis praktisch nie der Fall ist. Für eine entsprechend verbesserte personelle Ausrüstung der Gerichte wäre auch zu sorgen.

„Umsetzung der Vorschläge wäre wichtiger Schritt für besseren Opferschutz.“
Professor Julius Reiter

Zu den Folgen des Berichtes sagt Prof. Dr. Julius Reiter: „Wir erwarten von unserem Expertenbericht, dass sich die Politik unserer Ausarbeitungen annimmt und sie zügig umsetzt. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass sich viele Opfer und Hinterbliebene gerade bei großen Unglücksereignissen von der Politik und der Justiz im Stich gelassen fühlen. Ich denke hier an die Loveparade-Katastrophe, aber auch an den Germanwings-Absturz 2015 und das Hochwasser 2021. Mit einer verbesserten Aufklärung solcher Ereignisse und einer effizienten und wirksamen Hilfe für die Betroffenen ließe sich das Vertrauen in den Staat wieder herstellen. Dies wäre ein wichtiger Schritt für einen besseren Opferschutz.“

Autor:

Lokalkompass Duisburg aus Duisburg

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