Fast 500 Seiten starkes Gutachten nimmt aber auch die Stadtteile unter die Lupe
„Stärkung der Innenstadt ist unabdingbar“

Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Niederrhein, ist überzeugt, dass in Duisburg noch einiges passieren muss, um als „echtes“ Oberzentrum zu gelten.
Foto: Handelsverband
  • Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Niederrhein, ist überzeugt, dass in Duisburg noch einiges passieren muss, um als „echtes“ Oberzentrum zu gelten.
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Eine geballte Ladung Lesestoff ist jetzt bei Duisburgs Kommunalpolitikern im Rat und den Bezirksvertretungen, der Verwaltung und Institutionen wie etwa der IHK, dem Handelsverband Niederrhein, der Kreishandwerkerschaft oder dem Regionalverband Ruhr auf den Tisch des Hauses geflattert.

Ein Gutachten des Stadt- und Regionalplanungsbüros Dr. Donato Acocella, Anfang 2017 vom Rat der Stadt in Auftragt gegeben, liegt jetzt vor. Auf fast 500 Seiten nehmen die Gutachter den Einzelhandel, die Gastronomie und die Entwicklung in der Innenstadt und den einzelnen Stadtbezirken akribisch unter Lupe. In der Fortschreibung des „Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt Duisburg“ wird der Ist-Zustand beschrieben. Zugleich werden Prognosen für die Entwicklung bis 2030 aufgezeigt.

Nur noch ein Hauptzentrum

Eines geht aus dem Gutachten deutlich hervor: Die Innenstadt muss gestärkt werden, um einerseits die Duisburger zu binden, anderseits, um auswärtige Besucher und Kunden dorthin zu locken. Seit dem letzten, derzeit noch gültigen Zentrenkonzept, hat sich einiges drastisch verändert. Damals gab es noch die Absicht, ein Factory Outlet Center (FOC) in Hamborn-Marxloh auf dem Gelände der inzwischen vor sich „hin gammelnden“ Rhein-Ruhr-Halle zu bauen. Dies hätte auch drastische Auswirkungen für den gesamtstädtischen Einzelhandel gehabt. Die FOC-Pläne sind längst ad acta gelegt.

Auch deshalb habe der Handelsverband Niederrhein vehement gefordert, das Konzept dringendst zu überarbeiten, bekräftigt dessen Geschäftsführer Wilhelm Bommann. Das zwischenzeitlich geplante Outlet-Center am Hauptbahnhof ist durch den Bürgerentscheid ebenfalls gestorben. „Die Rahmenbedingungen für Duisburg sind heute ganz anders“, so Bommann, „und jetzt müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden.“

Das Gutachten schlägt vor, dass die City künftiges einziges Hauptzentrums Duisburgs ist. Das bisherige zweite Hauptzentrum Hamborn/Marxloh wird zum Nebenzentrum zurückgestuft. Eine Aufwertung erfahren dagegen Wanheimerort, Neudorf und Neumühl, die künftig offizielle Nebenzentren sein sollen. Solche Einstufungen brächten Sicherheit für die einzelnen Stadtteile, den Einzelhandel und die dortige Infrastruktur.

Die Zahlen über die Entwicklung des Handels in Duisburg, das seiner Funktion als „Oberzentrum“ an Rhein und Ruhr mehr als bisher gerecht werden will, sprechen eine deutliche Sprache. Seit 2008 ist Zahl der Einzelhandelsbetriebe um fast 30 Prozent geschrumpft. Einher ging ein Kaufkraftverlust. Optimale Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten seien aber unabdingbar für die Identifikation mit einer Stadt.

So wurde bei einer Passantenbefragung angegeben, dass Einkaufen und Bummeln der wichtigste Grund für den Besuch der Duisburger Innenstadt sei. Kurze Wege und gute Erreichbarkeit waren waren weitere Gründe. „Es muss sich hier was tun, es tut sich aber auch was“, so Bommann. Große Hoffnung auf eine Stärkung der Innenstadt setzt er auf eine „möglichst baldige“ Neustrukturierung der Düsseldorfer Straße mit dem Abriss und der Neubebauung des alten Volksbank-Gebäudes und der früheren Zentralbibliothek.

Revitalisierung der Altstadt

Auch die Revitalisierung der Altstadt sei unumgänglich. Da ist Bommann recht optimistisch: „Der Umbau des ehemaligen Peek & Cloppenburg-Gebäudes an der Münzstraße zeigt, dass sich hier wieder was bewegt.“ Das gelte auch für das von einem Investor erworbene C & A-Haus. Hier könnten nach einer Sanierung Büros und Dienstleistungen angeboten werden,. Im Untergeschoss wäre Platz für neue Geschäfte.

Um ein „echtes“ Oberzentrum zu werden, müsse die Innenstadt attraktiver werden. Wenn man Besucher und somit Kaufkraft aus umliegenden Städten abschöpfen will, muss was gebotenen werden. Dazu gehörten auch gastronomische Angebote, die weitreichender und vielfältiger sein müssen als bisher, meint die Gutachter von Donato Acocella, der den Ruf hat, sich weder reinreden noch beeinflussen zu lassen. Daher finden sich in dem Gutachten auch Hinweise auf mangelnde Sauberkeit, marodierende Leerstände und ungepflegte Erscheinungsbilder, die nicht gerade dazu beitrügen, dass sich Bürger mit ihrem Duisburg identifizieren. Von der abschreckenden Wirkung auf auswärtige Besucher ganz zu schweigen.

Das Gutachten geht jetzt in die politischen Gremien. Anschließend sollen Verbände, Behörden, lokale Kaufmannschaften, aber auch und gerade die Bürger Duisburgs mit einbezogen werden, um die Empfehlungen und Schlussfolgerungen in die Tat umzusetzen.

Kommentar zum Bericht / Übrigens:
Papier ist
(un)geduldig!

„Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden“ wird vielfach gesagt. Oder auch „Gut Ding will Weile haben“. Aber wenn man andauernd nur davon redet, dass Duisburg attraktiver werden soll, geht einem das schon auf den sprichwörtlichen Zeiger.
Jetzt liegt ein fast 500 Seiten starkes Gutachten vor, das von einem renommierten Stadtplanungsbüro erstellt wurde. Klar, dass man jetzt Zeit braucht, das Ganze zu er- und zu verarbeiten. Aber klar sollte auch sein, dass man die Schlussfolgerungen und Empfehlungen daraus nicht zu weit nach hinten schieben darf.
Es heißt zwar „Papier ist geduldig“, aber dieses Gutachten wartet „ungeduldig“ darauf, in die Tat umgesetzt zu werden. Oberbürgermeister Sören Link will in jedem Fall die Bürger in die Bewertung und letztendliche Umsetzung des Gutachtens einbeziehen. Das ist gut. Die Dauernörgler und Duisburg-Kritiker haben dadurch die Chance, sich einzubringen. Auch Haus- und Immobilienbesitzer müssen ihr Scherflein dazu beitragen, Duisburg attraktiver zu machen. Das fängt schon bei der Fassadenoptik an und endet bei der Mietpreisgestaltung.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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