Vorurteil oder Wahrheit?
Radfahrer halten sich nie an Verkehrsregeln!
Jedes Mal, wenn von besseren Bedingungen für Radfahrer die Rede ist, gibt es mindestens einen, der schreibt: "Die sollen sich erstmal an Verkehrsregeln halten!"
Aber ist es wirklich so, dass Radfahrer die Verkehrsregeln etwas lockerer auslegen?
Ich bin ja nun auch nicht blind und mache diesbezüglich meine Beobachtungen.
Zunächst einmal wehre ich mich gegen Pauschalisierungen. DIE Radfahrer als homogene Gruppe gibt es genauso wenig wie es DIE Autofahrer, DIE Alten, DIE Jungen, DIE Deutschen, DIe Syrer, DIE Ukrainer, DIE Russen...gibt.
Jeder Mensch verhält sich so, wie es seinem Charakter entspricht. Es gibt empathische Menschen und egoistische, rücksichtsvolle und rücksichtslose...und das ändert sich nicht plötzlich, nur weil man auf einem Fahrrad sitzt.
Natürlich gibt es sie, die Radrowdys, die über den Bürgersteig preschen, als seien sie bei der Tour de France. Ich glaube nicht, dass sie die Mehrheit sind. Aber es kommt einem so vor, weil negatives einfach länger im Gedächtnis bleibt als positives. Ist wirklich so: Sie können 30 Jahre lang mit dem Zug zur Arbeit fahren und immer geht alles gut. Der eine Tag, an dem der Zug wegen einer Bombendrohung zwei Stunden vor dem Bahnhof steht, bleibt Ihnen ewig im Gedächtnis.
Ja, es gibt Fahrradfahrer, die sich nicht an Regeln halten. Aber nicht immer steckt Rücksichtslosigkeit dahiner. Es gibt nun mal leider viele Stellen, die für Radfahrer gefährlich sind. Das es nicht selten ist, dass sie sich von jetzt auf gleich in den fließenden Autoverkehr einfädeln müssen, wurde bereits in einem anderen Beitrag erwähnt. Das macht vielen Angst und sie fahren dann statt auf die Straße auf den Bürgersteig. Ich finde das durchaus nachvollziehbar und solange sie dort so rücksichtsvoll fahren, dass sie keinen Fußgänger gefährden, auch nicht weiter dramatisch.
Ich wage zu behaupten, dass es zumindest diese Art von Gehwegsradlern, bei denen einfach Angst der Grund ist, nicht mehr gäbe, wenn wir eine bessere Fahrradinfrastruktur hätten. Man kann gerne anderer Meinung sein. Wirklich wissen wird man es erst, wenn man es ausprobiert.
Allerdings ist es keine Lösung, einfach eine kleine Nebenstraße zur Fahrradstraße zu erklären und davor und danach hat man die gleichen Probleme wie vorher. Wirklich was bringen tun nur Radschnellwege auf RS1 Standard. Dass es in der Innenstadt nicht einfach ist, einen solchen anzulegen, ist klar, aber dennoch hoffe ich, dass es zwar langsam, aber stetig vorangeht mit dem RS1 in Duisburg.
15 Kommentare
Anke,
genau das sehen die Autofahrenden: Radfahrer:innen, die nicht den Radweg nutzen, sondern die Fahrbahn. Auf die Idee, dass diese Radwege gar nicht für Rennräder geeignet sind (Oberflächenbeschaffenheit, Breite usw.) kommen die nicht. Radwege sind für Tempi über ca. 20 km/h gar nicht ausgelegt. Und da die meisten Radwege kombinierte Geh- und Radwege sind, ist diese Geschwindigkeit mitunter auch gefährlich für Fußgänger:innen.
Komischerweise möchten Rennradverbände von der Radwegbenutzungspflicht ausgenommen werden, während S-Pedelec-Fahrer das Gegenteil wollen.
Anita:
In einigen Gegenden formiert sich der Fuss.eV als Lobby für Fußgänger. Allgemein kann ich aber auch den VCD empfehlen, der sich für die aktive Mobilität und den ÖPNV einsetzt, sowie für nachhaltigeren motorisierten Individualverkehr.
Falls es jemand hier interessiert: Morgen ist ein Gründungstreffen einer VCD-Ortsgruppe Duisburg. Habe es auch in den Veranstaltungen gepostet.