Fehlende Schutzkleidung beim medizinischen Personal
Offener Brief des Rheinhauser Arztes Dr. Bittel an den Gesundheitsminister "Bestens auf die Pandemie vorbereitet? Das stimmt nicht!"
Heute habe ich im Internet folgenden offenen Brief bei rf-news gefunden. (Fett-Markierungen von mir)
Dr. med. Günther Bittel / Facharzt für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin / Spezielle
Schmerztherapie / Akupunktur
Siegfriedstrasse 9, 47226 Duisburg
Herrn Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn
53107 Bonn
betr. Ihr Schreiben an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zur CoronaPandemie vom 20.März 2020 und aktuelle Entwicklung
Sehr geehrter Herr Minister Spahn,
ich bin jetzt 30 Jahre kassenärztlich tätig und gehöre zu dem von Ihnen so bezeichneten "ersten Schutzwall im Kampf gegen das Virus". Sie schreiben auch richtig: "Zu den besonderen Herausforderungen gehört auch, mit der Gefahr der eigenen Infizierung und der Gefährdung Ihrer Angestellten und Mitarbeiter umzugehen." Sehr wahr! Im Gegensatz zu Ihren medialen Ankündigungen ("Wir sind bestens auf eine Pandemie vorbereitet") und den Aussagen in Ihrem Brief, "weitere Lieferungen insbesondere die der dringend benötigten Schutzmasken folgen unmittelbar und in mehreren Tranchen" muss ich feststellen: Das stimmt nicht!
Ich habe am 13.März eine hustende Patientin untersucht, ohne Schutzausrüstung. Die notwendigen Artikel, vor allem die dringend nötigen FFP3-Masken, wurden bis heute nicht geliefert (das trifft so auch immer noch auf die Masse der Arztpraxen zu). Nach Abstrich-Untersuchung kam dann die Mitteilung, dass meine Patientin positiv auf SARS-CoV2 getestet wurde. Damit wurde ich zur "Kontaktperson der Kategorie I mit engem Kontakt (höheres Infektionsrisiko)" und durfte, wie es so schön in den Richtlinien des Robert-Koch-Institutes heißt, in die "häusliche Absonderung". Meine häusliche Quarantäne endet heute, erfreulicherweise ohne Symptome, ich darf also am Montag wieder in die Praxis - und auf den nächsten Kontakt warten.
Ich stelle fest: Die Abstrichuntersuchungs-Kapazitäten sind in Deutschland völlig unzureichend, das verfälscht nicht nur die Infektionsstatistik, sondern verbreitet auch die Infektion - trotz der von der Bundesregierung verfügten Ausserkraftsetzung von gleich 7 Grundrechten! Warum hat die Bundesregierung eben nicht Vorsorge getroffen, warum haben wir nicht wie in vielen asiatischen Ländern die einfachen Mund-Nasen-Schutzmasken für die ganze Bevölkerung? Durchkonsequentes Tragen der Masken durch alle, Abstandsregelung, Händewaschen, Desinfektion, ausreichend schnelle Tests und kompromisslosen Schutz des medizinischen Personals kämen wir jetzt auch ohne anhaltenden "Shut-Down" über die Runden. Wollen Sie das jetzige Szenario, das einer Notstandsverordnung gleichkommt, bis zur Freigabe eines Impfstoffs oder der Durchseuchung der Bevölkerung in der erwähnten Größenordnung (60-70 Prozent) aufrechterhalten? Das kann ja wohl nicht wahr sein!
Zurecht protestieren die Beschäftigten in den Kliniken, die auch viel zu wenig Schutzkleidung haben, sie wollten nicht als "Kanonenfutter" in diese Schlacht, die ja eben erst beginnt. In der Tat wird aus mehreren Ländern berichtet, dass nicht nur alte und chronisch kranken Menschen an Covid-19 versterben, sondern auch vermehrt Opfer aus dem Kreis des die Schwerkranken betreuenden medizinischen Personals zu beklagen sind. Auch bei scheinbar leichterem Verlauf droht eine Herzmuskelentzündung, bei zu schneller erneuter Belastung führt dies manchmal zum plötzlichen Herztod. Unter meinen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen wird heftig diskutiert, ob wir zum Eigenschutz Praxen schließen müssen oder mit unzureichenden Schutzmaßnahmen weiter unsere Verpflichtung in der Patientenversorgung erfüllen. Klar wird keiner seine Patienten im Stich lassen!
Kommen Sie und die Bundesregierung schleunigst Ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und den Beschäftigten im Gesundheitswesen nach, statt im Eiltempo demokratische Rechte und Freiheiten einzukassieren! Auf die Kreativität und Solidarität der Masse der Menschen ist Verlass: spontan stellen Unternehmen ihre Produktion um, Masken werden vielerorts bereits in Heimarbeit genäht. Ja zu den notwendigen Gesundheitsmaßnahmen - Nein zu unbegründeten Notstandsmaßnahmen! Den aufkommenden berechtigten Protest werden Sie damit zwar behindern, aber nicht verhindern! Ich habe deswegen persönlich bereits die Schlussfolgerung gezogen, die Ärzteplattform im Internationalistischen Bündnis zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Günther Bittel
Autor:Claus Thies aus Duisburg |
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