Neue Züge braucht das Land
Das bislang nur in Großbritannien tätige Verkehrsunternehmen National Express erhielt im Frühjahr den Zuschlag im ersten von allen drei SPNV-Aufgabenträgern in NRW gemeinsam ausgeschriebenen Vergabeverfahren. Anlässlich der feierlichen Unterzeichnung des Verkehrsvertrags stellten die Verbundvertreter die Leistungs- und Qualitätsverbesserungen dar, die mit der Vergabe verbunden sind, betonten jedoch auch die Verpflichtung zu Pünktlichkeit und Qualität. Der britische Botschafter in Deutschland, Simon McDonald, gratulierte zum vielversprechenden Markteinstieg.
Das Vergabeverfahren der Linien RE 7 und RB 48 war im April 2012 das erste Verfahren, das von allen drei Aufgabenträgern in Nordrhein-Westfalen – Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Nahverkehr Westfalen (NWL) und Nahverkehr Rheinland (NVR) – gemeinsam gestartet wurde. Den Zuschlag für die Verkehrsleistung von jährlich rund 5,1 Millionen Zugkilometer erhielt mit der National Express Rail GmbH die deutsche Tochter eines der größten ÖPNV-Unternehmen in Großbritannien. Die Bedeutung des Ausschreibungsgewinns und der Betriebsaufnahme in Deutschland unterstrichen mit ihrer Anwesenheit der britische Botschafter Simon McDonald und Dean Finch, Vorsitzender des Konzernvorstands von National Express.
Durch 35 neue Fahrzeuge und zusätzliche Leistungen erwarten die Aufgabenträger eine deutlich gesteigerte Qualität und Pünktlichkeit auf beiden lang laufenden Linien, die mit Münsterland, Bergischem Land und Rheinland drei wichtige Regionen in Nordrhein-Westfalen miteinander verbinden. National Express wird den Betrieb der Linien ab Dezember 2015 für 15 Jahre übernehmen.
„Wir freuen uns, dass unsere Strategie für mehr Wettbewerb im SPNV abermals Erfolge zeigt. So kommt mit National Express ein neues Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Deutschland und nach NRW. Unser Fahrzeugfinanzierungsmodell ermöglicht und sichert den langfristigen Einsatz hochwertiger Neufahrzeuge in unserer Region. Darüber hinaus setzt der Vertrag viele Anreize, Pünktlichkeit und Qualität zu optimieren und das bei sehr günstigen Konditionen auf unserer Seite. Wir können so erhebliche Ersparnisse in die künftige Sicherung der SPNV-Leistungen fließen lassen.“ So bewertet VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann den Verkehrsvertrag anlässlich der Unterzeichnung in der historischen Stadthalle Wuppertal. „Mit der Anbindung von Barmen und Oberbarmen an die RB 48 ergibt sich für die Fahrgäste aus Wuppertal eine neue Direktverbindung nach Solingen, Köln und Bonn.“ so Husmann weiter.
Dr. Hermann Paßlick, Verbandsvorsteher des NWL: „Im Raum Westfalen-Lippe wird die RE 7 durch dieses Ausschreibungsergebnis erheblich aufgewertet. So wird der Abschnitt Münster – Rheine wochentags künftig stündlich bedient; die Zubegleiterquote beträgt nach 19.00 Uhr 100% und die Fahrzeuge bieten mit ihrer gehobenen Ausstattung mehr Qualität für die Fahrgäste.“
„Unsere Kunden können sich bei der RB 48 über wesentliche Verbesserungen freuen: In der Hauptverkehrszeit wird zwischen Köln und Bonn der heute bestehende 60-Minuten-Grundtakt auf zwei Fahrten pro Stunde verdichtet. Zudem wird an Wochenenden das Fahrtenangebot in den Abend- und Nachtstunden ergänzt. Die höheren fahrdynamischen Anforderungen der neuen Züge erlauben zudem die zusätzliche Bedienung der Stationen Hürth-Kalscheuren und – nach Fertigstellung – Bonn UN-Campus. Auch erhoffen wir uns durch die Spurtstärke der Fahrzeuge weniger Verspätungen auf den Linien“, so NVR-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober.
Der Betreiber hat sich auf beiden Linien für den Einsatz neuer Elektrotriebfahrzeuge vom Typ Talent 2 des Herstellers Bombardier entschieden. Die Betriebsqualität, insbesondere die Pünktlichkeit auf der Linie RE7, soll durch eine zukünftig bessere Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h (heute 140 km/h), gesteigert werden. Hierdurch und durch das deutlich verbesserte Beschleunigungsvermögen der Triebwagenzüge sollen die negativen Auswirkungen des häufig verspäteten Fernverkehrs auf der Strecke Hamm – Wuppertal – Köln besser kompensiert werden können. An die Pünktlichkeit haben die Aufgabenträger hohe Anforderungen gestellt: künftig werden alle Verspätungen über zwei Minuten vertraglich pönalisiert, d. h. dem Verkehrsunternehmen werden Zuschüsse gekürzt.
Weitere Ausstattungsmerkmale der Fahrzeuge sind: stufenloser Einstieg an allen Türen, zwei Toiletten pro Zug (davon eine behindertengerecht), Videoüberwachung und Mehrzweckbereiche mit ausreichend Abstellmöglichkeiten für Rollstühle, Fahrräder und Kinderwagen. Insgesamt werden auf der Linie RE 7 510 Sitzplätze (mind. 30 mehr als heute) und auf der Linie RB 48 bis zu 415 Sitzplätze angeboten. Zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls werden nach 19 Uhr alle Züge von Kundenbetreuern begleitet. Die RE7 wird künftig wochentags auch zwischen Münster und Rheine im Stundentakt verkehren. Außerdem wird die RB48 bis Wuppertal-Oberbarmen verlängert und in der Hauptverkehrszeit den Abschnitt Köln – Bonn-Mehlem häufiger bedienen.
Die Bietergemeinschaft National Express Rail GmbH und IntEgro Verkehr GmbH macht in ihrem Angebot von der Option Gebrauch, die Fahrzeuge mittels des Fahrzeugfinanzierungsmodells der Aufgabenträger zu finanzieren. Dies bedeutet, dass die Bietergemeinschaft National Express Rail GmbH/IntEgro Verkehr GmbH die neuen Fahrzeuge zwar beschafft, diese jedoch an den VRR und NWL weiterveräußert. Der VRR und NWL werden Eigentümer der Fahrzeuge, übernehmen die Finanzierung und verpachten die Fahrzeuge dem Betreiber während der Betriebslaufzeit.
So berichtet es Johannes Bechteler vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr in Gelsenkirchen.
Autor:Andreas Rüdig aus Duisburg |
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