Lammerts Kanzelrede

"Angst essen Seele auf - Wie gefährdet ist unsere Demokratie?" ist die Kanzelrede von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert überschrieben. Die Veranstaltung ist sagenhaft überfüllt. Schon um 16:15 Uhr ist kaum noch ein freier Sitzplatz zu ergattern; ein solcher Andrang ist selten, "fast nur an Heiligabend," wie Superintendent Armin Schneider mit einem gewissen Stolz betont.

"Wir leben seit 70 Jahren in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand," betont er in der Begrüßung. "Es gibt allerdings Angst vor Gewalt, Fremden und sozialem Abstieg. Brexit, AfD und Donald Trump sind die Folgen. Wie gehen die Wahlen bei uns in diesem Jahr aus?"

Lammert erinnert in seiner Ansprache an die Wahl von Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten und seine Dankresrede. Wir sind bedrängt und fürchten uns nicht - so schreibt es Paulus in einem seiner Korinther-Briefe. "Manchen Leuten ist das Sicherheitsgefühl abhanden gekommen. War Terror anfangs eine eher abstrakte Gefahr, fühlt sich heute jeder Siebte akut bedroht - dem Terroranschlag von Berlin sei Dank. Wir könnten ja selbst zum Opfer werden. Das Gefühl der Unsicherheit hat zugenommen - dafür gibt es Gründe.

Im privaten Umfeld fühlt man sich dagegen sicher. Ein Beispiel: 94 % der Menschen machen sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz.

Die Wiedervereinigung Deutschlands ist gerade einmal 25 Jahre her. Die Stimmung war damals euphorisch und ist seitdem gekippt. Das hat Gründe. Jugoslawien ist seitdem auseinandergefallen; es gab dort Bürgerkrieg. Es gab Ruanda und Al-Quaida und den Islamistischen Staat. Wir erleben den Zerfall von Staaten wie Syrien und Libyen. Nichts ist davon wie ein Naturereignis über uns gekommen - es war ein Menschenwerk.

Es gibt die Angst, Frieden und Wohlstand bei uns könnte gefährtdet sein durch Entwicklungen woanders, die nicht an unseren Grenzen halt manchen. Was ist: Wieviele Fremde kommen und wollen bleiben? Schaffen wir das? Wollen wir das? Wir sollten in Erinnerung behalten: Ohne die Großzügigkeit unserer Nachbarn, die wir überfallen haben, hätten wir keine Chance bekommen.

Die Zuversicht war in den späten `50er / frühen `60er Jahren bei uns am größten. Wir hatten das Gefühl, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Demokratie lebt mit dem Engagement seiner Bürger, Diktaturen verhindern sie. Wir hatten niemals in unserer deutschen Geschichte eine bessere Gelegenheit, unsere Probleme zu lösen - es sei denn, wir wollen nicht. Wir können die Antworten selbst suchen. Im Rahmen der Globalisierung, Digitalisierung können wir Probleme nur als Europäer lösen. Die Rückkehr in Schrebergärten ist ein Rückfall ins 19. Jahrhundert.

Fürchtet euch nicht - diesen Spruch gibt es 365 mal in der Bibel - also für jeden Tat im Jahr einmal. Gott hat aber nicht gesagt, daß und wie er unsere Probleme für uns lösen wird.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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