Konkrete Forderungen
Kandidaten zur Landtagswahl diskutierten in Duisburger Unternehmen
Zwei Unternehmen in Duisburg, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite die Kreativweide KS36, der noch recht frische Co-Working-Space in den ehemaligen Hild Werkstätten an der Kammerstraße. Auf der anderen Seite, gar nicht weit entfernt in Neudorf, die Duisburger Kettenfabrik – „Duisburgs ältestes Industriemuseum“, so die augenzwinkernde Selbstbeschreibung des Inhabers Volker Domagala.
Während sich auf der Kreativweide junge Wissensarbeiter treffen, um ihre digitalen Dienstleistungen und Lösungen weiterzuentwickeln, produzieren rund 30 Mitarbeiter an der Wildstraße bis zu 20 Tonnen schwere Anker für Überseeschiffe. Die Kettenfabrik ist das einzig in Europa verbliebene Unternehmen, das der chinesischen Anker-Übermacht die Stirn bietet.
Und die Geschäfte laufen gut, berichtete Volker Domagala einigen der 16 Duisburger Landtagskandidaten im Rahmen einer Wahlzeit zur anstehenden Landtagswahl. Eigentlich. Denn obwohl immer mehr große Reedereien auf die speziell geschmiedeten und qualitativ überlegenen Anker aus Duisburg setzen, muss das Unternehmen mit den Konsequenzen des Ukraine-Kriegs umgehen – beispielsweise den explodierten Stahlpreisen. „So etwas habe ich in 30 Jahren noch nicht erlebt – von einem Tag auf den anderen wurde unser Geschäft auf den Kopf gestellt“, sagte Geschäftsführer Domagala. Und nicht nur seinem Unternehmen gehe es so, sondern nahezu allen, die auf Rohstoffe und Vorprodukte angewiesen seien. „Das ist für produzierende Branchen schlimmer als Corona.“ Der Tenor der Diskussion: Der Krieg und die Folgen sind nicht einfach unternehmerisches Pech. Die Politik ist in der Verantwortung, insbesondere den industriellen Mittelstand kurzfristig und unbürokratisch zu unterstützen.
Im Co-Working-Space KS36 spielte der Krieg hingegen kaum eine Rolle. Geschäftsführer Sebastian Haak berichtete über die zahlreichen Hürden bei der Realisierung der Kreativweide: komplexe Genehmigungsverfahren, die zu hohe Grunderwerbssteuer in NRW, zu langsames und instabiles Internet am Standort in Duisburg sowie die zähe, analoge Bürokratie. „Wir haben erst nach sechs Monaten überhaupt eine Rückmeldung auf unsere digitale Gewerbeanmeldung erhalten – hier brauchen wir funktionierende digitale Prozesse und insgesamt viel mehr E-Government!“ Aktuell kämpfen er und seine Mitstreiter intensiv mit dem Fachkräftemangel: Es sei in der Branche grundsätzlich nicht einfach, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten – umso wichtiger seien die Rahmenbedingungen am Standort, etwa die ÖPNV-Anbindung, qualitativer Wohnraum oder ein attraktiver Kulturbereich. „Hier muss sich auch die Politik auf Landesebene für Städte wie Duisburg einsetzen“, so Haak. Ein Schuldenschnitt sei dringend notwendig, damit diese Städte wieder Luft zum Atmen und Agieren bekämen.
„Die Wahlzeiten sind für uns ein wichtiges Instrument, um Politikerinnen und Politiker mit Entscheidern aus der Wirtschaft zusammen zu bringen“, sagt Christian Kleff, Geschäftsführer von Wirtschaft für Duisburg. „Uns geht es dabei nicht um den Austausch von politischen Statements, sondern darum, Verständnis für die Bedürfnisse der Wirtschaft zu entwickeln.“ Erstmals haben die Wahlzeiten in Kooperation mit den Wirtschaftsjunioren Duisburg stattgefunden. Deren Sprecher Patrick Weiß ergänzt: „Das Format Wahlzeit zeigt, wie wichtig der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft ist. Die Herausforderungen insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind größer denn je.“
Autor:Lokalkompass Duisburg aus Duisburg |
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