"Ich habe großen Respekt vor dem Amt": Interview mit OB Sören Link
Seit seiner Vereidigung am 4. Juli offiziell in Amt und Würden, könnte der Tag von Duisburgs neuem Oberbürgermeister Sören Link (SPD) derzeit mehr als 24 Stunden haben, sieht sich der 36-Jährige doch gefordert, sich schnellst- und bestmöglich in Amt und Aufgabe einzuarbeiten. Dennoch nahm er sich die Zeit für ein Interview mit dem Wochen Anzeiger.
WA: Wie viele Zigaretten haben Sie heute schon geraucht?
OB Sören Link: Keine! Seit dem Morgen nach der Stichwahl habe ich keine Zigarette mehr angefasst. Doch das fällt mir nicht leicht. (Zur Erinnerung: Sören Link hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft versprochen, sich das Rauchen abzugewöhnen, wenn er zum OB gewählt wird).
WA: Sie sind erst seit wenigen Tagen als Oberbürgermeister im Amt. Wie fühlt sich das an, OB zu sein?
OB Sören Link: Das fühlt sich gut an. Die erste Woche war sehr spannend, informativ und anstrengend. Ich bin glücklich, habe aber großen Respekt vor dem Amt, vor den großen Aufgaben, die es mit sich bringt.
WA: Haben Sie sich schon an Ihre neue Rolle gewöhnt?
OB Sören Link: Ich konnte mir in der ersten Woche im laufenden Betrieb, in vielen Gesprächen, eine Menge wichtiger Eindrücke verschaffen, hatte ja überhaupt keine Chance, langsam ins Amt einzusteigen. Der Wahlausschuss hat Dienstag die Gültigkeit des Wahlergebnisses festgestellt, ich habe dann abends per Unterschrift das Amt angenommen und war somit Mittwochmorgen, noch vor der wichtigen Sondersitzung des Rates, formal im Amt.
WA: Begegnen Ihnen die Menschen nun anders?
OB Sören Link: Ein fundamental anderes Begegnen kann ich nicht feststellen. Aber die Menschen nehmen einen als Oberbürgermeister wahr, fragen „Sind Sie es denn? Verwechsele ich Sie?“, freuen sich über die Begegnung und gratulieren.
WA: Treffen Sie auch auf Ablehnung?
OB Sören Link: Im Gespräch mit Menschen nicht. Im Internet, in sozialen Netzwerken schon, gerade vor den Wahlen. Aber auch Menschen, die nicht nur Zustimmung signalisieren, gehören zur Demokratie.
WA: „Neuer Stil, guter Plan“ lautete Ihr Wahlkampf-Motto: Konnten Sie in der Kürze der Zeit schon Veränderungen anstoßen?
OB Sören Link: Eine erste gute Aktion, die für den neuen Stil steht, war es, im Gespräch mit Eltern der Loveparade-Opfer, mit Kurt Krieger (Investor des geplanten Möbelzentrums auf dem ehemaligen Güterbahnhofs- und Loveparade-Gelände, Anm. d. Red.) einen Konsens herbeizuführen, wie die Gedenkstätte aussieht und dies im Rat durchzubringen. Es waren keine einfachen Gespräche, aber wichtige. Wir sorgen dafür, dass die Gedenkstätte so würdig wird, wie die Eltern es wünschen. Ein erstes Beispiel für den neuen Stil.
Zudem habe ich seit meinem ersten Tag das Gespräch mit meinem direkten Arbeitsumfeld, mit dem Personalratsvorsitzenden gesucht. Nun laufen die Vorbereitungen für Besuche in den einzelnen Ämtern. Ich will keine flüchtigen Besuche, sondern mir Zeit für Gespräche nehmen.
WA: Wird es auch personelle Veränderungen im Rathaus geben, wie sie Mitbewerber um das Amt bei erfolgter Wahl angekündigt hatten?
OB Sören Link: Ich habe bereits vor der Wahl gesagt, dass ich Personalentscheidungen weder öffentlich diskutieren, noch kommentieren werde. Fakt ist, dass der Oberbürgermeister seine Dezernenten nicht entlassen kann. Die sind vom Rat gewählt. Und ich werde, so lange sie im Amt sind, mit ihnen vertrauensvoll zusammenarbeiten. Wir sind als Stadt Duisburg, als Verwaltung ein Team. Wir können die gewaltigen Aufgaben nur bewältigen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Deswegen werde ich öffentliche Personaldebatten nicht führen.
WA: Im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger wurden Sie eingeladen, während der Gedenkfeier zum Jahrestag der Duisburger Loveparade eine Ansprache zu halten. Wie beurteilen Sie zurzeit das Verhältnis zwischen der Stadt Duisburg und den Hinterbliebenen und Angehörigen der Opfer sowie den Überlebenden der Katastrophe?
OB Sören Link: Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass wir als Stadt Duisburg Verantwortung tragen und immer tragen werden. Daher bedeutet mir der erzielte Konsens in Sachen Gedenkstätte auch so viel. Dass ich auf der Gedenkfeier zum zweiten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe reden darf und soll, ist einerseits eine große Ehre für mich, andererseits eine riesige Herausforderung und Verantwortung. Das wird ein ganz besonderer Tag für mich. Darüber mache ich mir sehr viele Gedanken. Wir sind als Stadt sehr bemüht, unserer Verantwortung gerecht zu werden. Wir werden uns dieser stellen, jetzt und in Zukunft.
WA: Die Stadt ist in der Schuldenfalle: Welche der so genannten freiwilligen Ausgaben sind unverzichtbar für eine lebenswerte Stadt?
OB Sören Link: Wir haben mit dem Haushaltssanierungsplan erstmalig seit vielen Jahren die Chance, einen Weg aus der Schuldenfalle aufzuzeigen. Dieser Weg, über zehn Jahre auf dem Papier aufgezeichnet, liegt der Bezirksregierung nun zur Genehmigung vor. Es geht nicht darum zu sagen, was ist unverzichtbar, sondern da steht die Frage im Vordergrund, was müssen wir tun, um aufgaben-kritisch auf Dauer Geld zu sparen und neue Einnahmen zu generieren.
Ich lasse gerade die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle prüfen, die sich um Drittmittel für die Stadt kümmern soll. Jeder Cent, jeder Euro aus Fördermitteln, sei es von Land, Bund, Europa oder von Stiftungen, der hier sinnvoll Verwendung finden kann, soll auch hier eingesetzt werden.
Wenn wir unseren eigenen Sparbeitrag leisten, wenn die Landeshilfe kommt, ist der dritte Spieler, der Bund, gefordert. Ich werde mich in Berlin stark machen, im Zusammenspiel mit anderen Oberbürgermeistern politisch und rechtlich darauf drängen, dass der Bund das Konnexitätsprinzip beachtet (kurz und knapp „Wer bestellt, bezahlt“, Anm. d. Red.), zu seinen Aufgaben steht, beispielsweise bei den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger.
WA: Ist die Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer die richtige Maßnahme, um Unternehmen in der Stadt zu halten oder in die Stadt zu holen?
OB Sören Link: Kein Politiker im Rat hat es sich leicht gemacht, diese Erhöhungen zu beschließen. Aber wir haben Sparvorgaben. Wenn wir die Kindergartenbeiträge nicht erhöhen, auf Opernvertrag oder Sprachförderung nicht verzichten wollen, müssen wir das durch Sparmaßnahmen an anderer Stelle kompensieren oder die Einnahmen erhöhen. Wichtig ist mir, dass der Haushaltssanierungsplan nur einen Rahmen darstellt, den ich – unter Beibehaltung des Sparziels und bei neuen Gegebenheiten – in den nächsten Jahren nachsteuern kann.
Auch sollen die Sparvorschläge der Bürger nicht geknickt, gelocht und abgeheftet, sondern sorgsam geprüft und in die politische Beratung eingespeist werden.
WA: MSV, FCR, EVD und RESG spielen zum selben Zeitpunkt: Welches Spiel besuchen Sie?
OB Sören Link: Eine gemeine Frage! (Lange Pause ... ) Es kommt auf die Bedeutung des Spiels an.
WA: Oberbürgermeister Link, wir danken für das Gespräch.
Autor:Sabine Justen aus Duisburg |
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