Gedenkfeier zur Progromnacht

Die offizielle städtische Gedenkfeier zur Progromnacht, die gelegentlich auch "Reichskristallnacht" genannt wird, fand am 7. November im Ratssitzungssaal statt.

Oberbürgermeister Sören Link weist in seiner Begrüßung darauf hin, daß der "brutale Massenmord" inzwischen 75 Jahre zurückliegt. Grund genug, für ihn zu fragen, die es mit der Judenfeindlichkeit heute aussieht. "Ein Expertenteam hat sich damit beschäftigt," berichtet Link. "Das Ergebnis ist beschämend. Jeder fünfte Deutsche ist latent judenfeindlich; dies geht bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Es gibt neue Klischees und Unwissenheit; wir haben uns an judenfeindliche Tiraden gewöhnt. Jüdisches Leben ist bei uns in Duisburg vertreten und im positiven Sinne Normalität. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dürfen bei uns keine Chance haben."

"Der Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit jage ich nach." Dieser Spruch steht in der Bibel (Dtn. 16, 20). So ist aber auch der Vortrag von Dr. Jobst Paul überschrieben.

Er erinnert an die Progromnacht bei uns in Duisburg, aber auch die allgemeine Judenfeindlichkeit ab dem 19. Jahrhundert.

Nach seinen Worten müssen die Inhalte des Gedenkens neu bestimmt werden. So muß es eine Gerechtigkeit der Religion der Gerechtigkeit gegenüber geben. Das Anerkennen der jüdischen Religion, aber auch ihr Anerkennen gehören dazu.

An dieser Stelle sei eine eher persönliche Frage erlaubt, die in dem Vortrag nicht enthalten war, weil sie nicht enthalten sein konnte. Als Privatperson interessiere ich mich für religiöse Themen. Als Journalist würde ich auch gerne im guten Sinne über die jüdische Gemeinde bei uns in Duisburg berichten.

Zwei eher banale Gründe haben dies bislang verhindert. Zum einen gab es niemanden, der mich geistig an die Hand genommen hat, Geduld mit mir hatte und meine Fragen beantwortete.

Gleichzeitig sehe ich auch die vielen Sicherheitsvorkehrungen, die die Duisburger, aber auch andere jüdische Gemeinden betreiben müssen. Es ist also gar nicht so einfach, in die Gemeinderäumlichkeiten zu gelangen. Wie kann man meine Neugierte befriedigen und trotzdem den Interessen der Gemeinde Rechnung tragen?

Doch nun zurück zum Vortrag von Dr. Paul. Er weist darauf hin, daß starke (jüdische) Frauen schon zu Bismarcks Zeiten für den Wohlfahrtsstaat gekämpft haben.

Gerechtigkeit heißt seinen Worten zufolge auch Gerechtigkeit unserer heutigen Identität gegenüber. Der jüdische Teil der christlichen Identität gehört dazu. "Christentum und Islam haben dieselben Wurzeln," betont der Wissenschaftliche Leiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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