Diskussion in Duisburg
Gebetsruf: Es gibt keine Argumente dagegen

Rund um den in der letzten Sitzung des Stadtrats diskutierten Antrags, den muslimischen Duisburgern einen Gebetsruf zu ermöglichen, wurde viel, und manchmal auch heftig und deftig diskutiert.

Der Ratsfraktion Tierschutz / DAL wurde Populismus vorgeworfen.
Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt, dass „Populismus ein häufig genutzter Begriff [ist]. In der politischen Auseinandersetzung taucht er als Stigmawort auf, um andere Politiker oder Parteien zu diffamieren. … Das soll den politischen Gegner abwerten und die Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit seiner Forderungen in Abrede stellen. Die mit dem Populismus-Vorwurf einhergehenden Assoziationen reichen von "Stammtisch-Niveau" bis hin zu "Demagogie". Der angebliche Populist zielt in dieser Sichtweise darauf ab, die Gunst der Massen zu erringen, indem er Versprechungen macht, ohne auf deren Umsetzbarkeit zu achten. Versteht man Populismus in diesem Sinne vor allem als ein Stilmittel, das auf eine größtmögliche mediale Aufmerksamkeit abzielt, so kann man den Populismus-Vorwurf durch Politiker selbst als "populistisch" bezeichnen.“ Quelle 1.

War der Antrag der Ratsfraktion Tierschutz / DAL populistisch?
Was wurde beantragt?
Unter der Überschrift „Gebetsruf an allen Duisburger Moscheen ermöglichen“ wurde beantragt, dass „der Rat beschließt, dass der Oberbürgermeister und die zuständigen Stellen der Verwaltung Vereinbarungen mit den Moscheegemeinden in Duisburg treffen, in der die Bedingungen für einen lautsprecherverstärkten Gebetsruf im Konsens mit den Moscheeanwohnenden und den Moscheegemeinden geregelt werden.“

Begründet wurde dies wie folgt: „Nach über 60 Jahren sollte es selbstverständlich sein, dass Moscheegemeinden genauso wie christliche Kirchen und jüdische Gemeinden ihren Glauben hier ohne unnötige Einschränkungen im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung sichtbar öffentlich leben können.
Dazu gehört auch die Möglichkeit die Gläubigen zum Gebet rufen zu können. Leider wird in der Öffentlichkeit, aber gerade bei Moscheegemeinden nicht selten der Eindruck erweckt, es wäre nicht erlaubt, einen Gebetsruf durchzuführen oder der Gebetsruf müsste als solcher genehmigt werden.
Natürlich ist das Grundrecht auf freie Glaubensausübung keine Genehmigungsfrage. Aber um unnötige Konflikte zu vermeiden schlagen wir gerade in Bezug auf die Freitagsgebete eine einvernehmliche Lösung vor, um Details wie die Lautstärke und Anzahl der zum Ge-betsruf verwendeten Lautsprecher zu regeln.“

Was war nun am Text des Antrags oder der Begründung populistisch?
Nichts.

Helge Braun (CDU), noch Chef des Bundeskanzleramts und Kandidat zum Vorsitzenden der CDU Deutschland erklärte vor wenigen Tagen im Fernsehen, dass der Gebetsruf „etwas [ist], was es selbstverständlich auch in Deutschland gibt. Der Muezzinruf ist etwas, was zur freien Religionsausübung gehört.“ Quelle 2.

Warum dann sein Parteikollege, der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Thomas Mahlberg zu Populismusvorwürfen hinreißen liess, muss er beantworten. Vermutet werden darf jedoch, dass er andere Politiker oder Parteien zu diffamieren versuchte.

Und warum Ratsherr Ersin Erdal, SPD in die gleiche Kerbe schlug und meinte, der Antragsteller wolle sein Image auf Kosten der Gemeinden aufpolieren, muss er erklären.

Von den rund 500.000 in Duisburg lebenden Menschen erklären sich rund 46%, katholisch oder evangelisch zu sein. Beim letzten Zensus, 2011, erklärten rund 71.200 Personen (damals 14,65 der Bevölkerung), Muslim zu sein.
Während seit Jahren der Anteil der Duisburger mit katholischer oder evangelischer Religionszugehörigkeit abnimmt, nimmt der Anteil der Muslime zu. Quelle 3.

Ayhan Yildirim, Ratsherr und Fraktionsvoristzender der Ratsfraktion Tierschutz / DAL: „Als nochmal. Wir haben den Antrag gestellt, dass der Gebetsruf an den Duisburger Moscheen ermöglicht wird. Dazu soll die Verwaltung gemeinsam mit den Moscheegemeinden und den Anwohnern über die Anzahl, Lautstärke und alles weitere, was besprochen und geklärt werden muss, reden.

Wenn derzeit behauptet wird, der Gebetsruf sei gar kein Thema, weil gar keine Moscheegemeinde einen entsprechenden Antrag gestellt habe, werden hier die Tatsachen verdreht.
In den letzten Monaten wurde die Ratsfraktion Tierschutz / DAL immer wieder angesprochen und gefragt, warum es in Duisburg keine Gebetsrufe gibt. Der Bedarf ist seitens der Gläubigen da. Man habe sich nur nicht getraut, entsprechende Anträge zu stellen. Deshalb war man sehr froh, zu lesen, dass es nun einen Antrag in der letzten Ratssitzung gegeben hat.
Warum Ratsmitglieder, die auch diesem Glauben angehören, am letzten Donnerstag nicht mit Ja gestimmt haben, verwundert dort sehr.

Vor Beginn der Ratssitzung wurde ich von SPD- und CDU-Mitgliedern angesprochen, ob dieser Antrag nicht jetzt von der Tagesordnung genommen werden könne, um dann gemeinsam einen interfraktionellen Antrag für die nächste Ratssitzung vorbereiten zu können, damit dieses Ansinnen eine breite Zustimmung finden könne.

Wenn es also wirklich darum gegangen wäre, den Gebetsruf an den Duisburger Moscheen ermöglichen zu wollen, hätte die Ratsfraktion Tierschutz / DAL dies sehr gerne getan.
Die Wortbeiträge der Ratsherren Mahlberg (CDU) und Erdal (SPD) in der Ratssitzung sprachen jedoch leider eine ganz andere Sprache.

Der gute, richtige und selbstverständliche Antrag wurde von allen, in den Duisburger Stadtrat gewählten Parteien abgelehnt – SPD, CDU, Bündnis 90 / Grüne, AfD, LINKE, FDP, Junges Duisburg.

Wie oft tragen diese Parteien die Worte von Integration und Gemeinsamkeit auf ihren Lippen?
Johannes, der Lieblingsjünger von Jesus Christus schrieb: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.“ Quelle 4.

Es ist schade, dass nun, kurz vor Weihnachten und zum Jahresausklang diese Chance vertan wurde. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass das Thema des Gebetsrufes im nächsten Jahr weiter bearbeitet wird – für all die Duisburger Bürger, denen der Gebetsruf wichtig ist, denn es gibt keine guten Argumente dagegen.“

Quellen:
1 = https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/192118/was-versteht-man-unter-populismus
2 = https://iqna.ir/de/news/3005047/braun-gebetsruf-%E2%80%9Eselbstverst%C3%A4ndlich-auch-in-deutschland%E2%80%9C
3 = https://de.wikipedia.org/wiki/Duisburg#Religionen
4 = https://www.bibleserver.com/ELB/1.Johannes2

Foto: pixabay

Autor:

Ben Touaibia (Unabhängige Wählergemeinschaft für Tierschutz Duisburg) aus Duisburg

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