Endlich! - Dank aller Duisburger an OB Sören Link für Entschuldigung nach 2 Jahren
Die Rede von Oberbürgermeister Sören Link anlässlich der Gedenkfeier zum zweiten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe in Duisburg war die dringend notwendige und überfällige Entschuldigung unserer Stadt Duisburg für die traurigen Ereignisse heute vor genau zwei Jahren.
Bereits am 23. Juli war der neue OB zur Gedenkstelle an der Rampe im Karl Lehr Tunnel gekommen und stelle gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eine der 1000 Kerzen für die 21 Opfer der Loveparade auf.
Die Rede von OB Sören Link möchte ich hier noch einmal für alle, die an der emotionalen und eindrucksvollen Veranstaltung nicht teilnehmen konnten wiedergeben:
„Sehr geehrte Angehörige der Opfer der Loveparade, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,
heute, am 24. Juli 2012, scheint die Sonne – die gleiche Sonne, die auch vor 2 Jahren auf Duisburg schien. Und doch ist die Sonne für viele verblichen. Die Welt ist nicht mehr die gleiche. Vor allem gilt das für die, die vor zwei Jahren hier in Duisburg einen geliebten Menschen verloren haben. Es erfüllt mich mit Demut, dass sie trotz allen Leids den Weg nach Duisburg finden. So wie heute. Ich begrüße sie in ganz besonderer Verbundenheit und mit dem Ausdruck meines tiefen Respekts.
Ein herzliches Willkommen im Namen der Stadt Duisburg gilt
allen Angehörigen,
allen Verletzten,
allen Opfern der Loveparade
und Ihnen allen, meine Damen und Herren, die Sie heute der Loveparade von 2010 und ihrer Opfer gedenken wollen.
Die Loveparade 2010 war eine einzigartige Tragödie. Aber eine zweite Tragödie begann am Tag danach: Eine quälend lange Zeit der Sprachlosigkeit.
Das, meine Damen und Herren, war nicht mein Duisburg. Dafür habe ich mich geschämt. Deshalb sage ich heute als neuer Oberbürgermeister der Stadt Duisburg folgendes:
Liebe Angehörige, liebe Betroffene,
ich bitte um Entschuldigung für das unfassbare Leid, das in dieser Stadt geschehen ist und für immer mit ihr verbunden sein wird.
Ich bitte um Entschuldigung bei allen, die am 24. Juli 2010 ihr Liebstes verloren haben und denen dieser Tag so tiefes Leid und so große Schmerzen zugefügt hat.
Ich bitte um Entschuldigung für die lange Zeit, in der neues Leid dazu kam, weil die politische Verantwortung nicht übernommen wurde.
Und ich bitte um Entschuldigung dafür, dass es einzelne so lange nicht vermocht haben, auf Sie zuzugehen, und nicht die Kraft fanden, Ihnen gegenüber angemessene Worte der Entschuldigung zu finden.
Liebe Angehörige, liebe Betroffene, ich bitte um Entschuldigung.
Der Satz wurde in Englisch, Spanisch, Niederländisch, Chinesisch und Italienisch wiederholt.
Meine Damen und Herren,
„was bleibt“ fragt diese Gedenkfeier, und richtet den Blick in die Zukunft. Den 24. Juli 2010 werden wir in Duisburg niemals vergessen. Er gehört zu dieser Stadt als einer unserer schwärzesten Tage, wie eine Narbe als Teil unserer Geschichte. Wir Duisburger werden uns immer mit diesem Tag auseinandersetzen.
Niemand kann ihn ungeschehen machen. Aber ich will mich zu diesem Tag bekennen und die Verantwortung annehmen, die aus ihm erwächst. Ich will aus diesem Tag lernen. Und ich will aus ihm Konsequenzen ziehen.
Dazu gehört, auf einen offenen Dialog zu setzen und Transparenz zu schaffen, wenn große Pläne gemacht werden. Dazu gehört, den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Und nicht falschen Ehrgeiz und zu große Ambitionen.
Und dazu gehört ganz konkret, alles zu tun, um die Aufarbeitung des 24. Juli 2010 zu unterstützen und voranzubringen. Rückhaltlos und transparent. Ich stehe heute hier, um das für meine Stadt zu versprechen.
Meine Damen und Herren, ich habe mich dafür stark gemacht, dass hinsichtlich der Größe der Gedenkstätte eine würdige Lösung gefunden wurde. Und nun folgt für mich erst recht, dass auch die Planungen für die inhaltliche und künstlerische Ausgestaltung der Gedenkstätte gemeinsam erarbeitet werden. Die Wünsche und Bedürfnisse der Angehörigen und Betroffenen sind ganz klar die Richtschnur, an der sich alles zu orientieren hat.
Ich bewundere die Kraft, mit der viele dieser Menschen nach vorn blicken, und möchte ihnen heute ausdrücklich versichern, dass ich an ihrer Seite stehe. So wie unsere Ministerpräsidentin in den letzten beiden Jahren. Als Oberbürgermeister dieser Stadt möchte ich den Weg, der vor den Opfern und Hinterbliebenen liegt, mit ihnen gemeinsam gehen.
Ich will für meine Stadt Vertrauen zurückgewinnen.
Ich will Gräben zuschütten und allen die Hand reichen, die heute und in Zukunft an den Folgen der Love Parade zu tragen haben.
Dabei will ich auch in besonderer Weise diejenigen würdigen und denjenigen danken, die anderen geholfen, Leben gerettet oder dies zumindest versucht haben. Beispielsweise als Rettungssanitäter oder Seelsorger, bei Polizei, Feuerwehr und Hilfsdiensten. Und natürlich all’ diejenigen, die als stille Helden in schwerer Stunde, bei der Katastrophe oder in der Zeit danach, einfach nur Mensch waren.
Ich will und werde dies alles nicht nur tun, weil es zu meinem neuen Amt gehört.
Ich will dies tun, weil es mir ein echtes Herzensanliegen ist und ich heute nur hier stehen kann, weil die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Verantwortung erst gefordert, dann übernommen und schließlich durchgesetzt haben.
Meine Stadt hat damit ein stolzes, ein klares Zeichen gesetzt.
Ich möchte heute ein weiteres, ein kleines Zeichen setzen, ein Symbol für einen Neuanfang und für ein neues Miteinander:
Gemeinsam mit den Angehörigen wird unsere Stadt Magnolien pflanzen, eine Magnolie für jeden jungen Menschen, der bei der Love Parade sein Leben gelassen hat.
Diese 21 Magnolien, meine Damen und Herren, sollen vor unserem Bahnhof und damit im Herzen unserer Stadt wachsen und blühen.
Sie sollen uns einerseits zurückerinnern. Sie sollen uns andererseits auch nach vorne schauen lassen – ein wachsendes, ein blühendes Zeichen der Hoffnung. Um eine erste Magnolie symbolisch zu übergeben, darf ich gleich Frau Siebenlist und Herrn Hagemann vom Verein Loveparade Selbsthilfe nach vorn bitten.
Meine Damen und Herren,
was war, können wir nicht ungeschehen machen. Aber wir können daraus lernen.
Was ist, soll uns dieser Tag heute ins Bewusstsein rufen.
Was wird und was bleibt, das können wir gestalten.
Dafür wünsche ich uns Zuversicht, Vertrauen und Kraft. Glückauf!“
Autor:Harald Molder aus Duisburg |
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