Rabenvogel mit Gouda und Schlaftablette gerettet
WICHTIG !
Angler an der Duisburger Sechs-Seen-Platte mögen bitte unbrauchbare Angelschnüre verantwortungsvoll entsorgen und nicht achtlos in die Natur dort werfen. Sonst kann folgendes passieren bzw. sich wiederholen:
Als 69jähriger Rentner fahre ich seit vier Jahren fast täglich zur Sechs-Seen-Platte in Duibsurg. Wald, Wasser, viele Tiere und oft auch nette Menschen – für mich Erholung pur.
Die dort beheimateten Schwäne und Rabenvögel interessierten mich von Anfang an besonders. Tieren beider Gattungen habe ich über strenge Winter mit artgerechten Futterzugaben geholfen.
Besonders ein Rabenkrähenpaar kam in den letzten sechs Monaten täglich zu mir auf eine Sitzbank und wurde von mir mit Rosinen und Erdnüssen in Schale dafür belohnt.
Seit Anfang Juni hatte dieses Vogelpaar zwei Junge, die sich täglich ebenfalls zu mir gesellten und noch zutraulicher wurden als ihre Eltern. Leider mußte ich schon nach wenigen Tagen erkennen, das sich um die Beinchen beider Jungvögel Angelschnüre verheddert hatten. Bei einem waren die Füßchen regelrecht zusammengebunden. Wie helfen?
Zunächst suchte ich Rat bei Stadt, wo mir ein ausgebildeter Falkner beim Ordnungsamt genannt wurde. Dieser Mann kam zweimal zum See, konnte jedoch nicht helfen. In den folgenden Monaten suchte ich Rat und Hilfe bei unzähligen Stellen, Vereinen, Institutionen und Tierfreunden. Alles vergeblich.
Selbst versuchte ich mehrfach einen der beiden verletzten, sehr zutraulichen Vögel flink zu greifen, war leider immer zu langsam. Dann kaufte ich ein großes Netz, legte es doppelschichtig auf die Bank in der Hoffnung, der zu mir kommende Vogel könnte sich mit seinen Füßchen darin verfangen und ich somit wertvolle Sekunden zum Ergreifen gewinnen. Der Vogel war aber zu schlau.
Da die behinderten Vögel immer wieder versuchten, sich durch Ziehen von den hauchdünnen Nylonschnüren selbst zu befreien, zogen sie diese immer enger um ihre Glieder. Und ihr Zustand wurde zunehmend schlechter. Alle meine Fangversuche scheiterten, die beiden Tiere waren immer klüger und schneller. Freundliche Spaziergänger, die mich bei meinen Aktionen beobachteten, versorgten mich wiederholt mit gut gemeinten Ratschlägen, die für die Praxis jedoch nicht taugten. Andere Menschen dort beschimpften mich wegen meiner Hilfe für „Aasfresser“. Eine Frau schrie, ich sei total verrückt. „Wenn wir Menschen schon lange tot sind, leben diese Biester noch immer“, keifte sie.
Dann, nach sieben Wochen, mußte endlich etwas geschehen, sonst wären die Beinchen der Vögel nicht mehr zu retten. Ich faßte einen Plan für Freitag, den 13. September, und es sollte ein Glückstag werden für einen Rabenvogel und auch für mich:
Um 15:30 Uhr fuhr ich mit meinem Fahrrad zum See und beide verletzten Rabenvögel kamen sofort zu mir auf eine Bank. Zuhause schon hatte ich Schnittkäse erwärmt und zu drei kleinen Kugeln geformt, in die ich ein Medikament einbaute. Ich legte diese Teile auf die Bank und der schwerer verletzte Vogel schluckte sie ganz zügig. Zur Sicherheit gab ich ein paar zerkleinerte Erdnüsse hinterher. Ich konzentrierte mich jetzt nur auf diese eine Rabenkrähe, die ja beide Füße zusammengebunden hatte. Im rechten Beinchen waren die Schnüre schon sehr eingeschnitten. Dann hockte ich mich auf den Boden, lockte den Vogel zu mir mit etwas Käse, wo er innerhalb von 20 Minuten schon schwächer wurde. Ich redete beruhigend auf ihn ein. Er kannte ja meine Stimme. Weil der Vogel nun auf seinem Bauch vor mir lag, mußte ich ständig auf der Hut vor freilaufenden Hunden sein. Aber an diesem Nachmittag waren nur freundliche Menschen unterwegs. Ich lief auf sie zu, erklärte knapp die Lage mit der Bitte ihren Hund kurz anzuleinen. Dann telefonierte ich mit einem interessierten und zuverlässigen Freund, bat ihn zu kommen. Mein Rabenfreund wurde zunehmend schwächer. Meine Sorge war, dass er wegfliegen könnte, vielleicht sogar auf einen Baum. Jede Minute arbeitete für mich. In den Sträuchern hatte ich schon Wochen zuvor einen stabilen Karton mit vielen großen Luftlöchern in Folie versteckt, den ich nun holte. Dann erschien mein Freund Günter. Ich redete mit dem Vogel leise von vorne und Günter stülpte von hinten den Karton über ihn. Wir hatten ihn! Endlich. Ich kippte den Karton etwas nach oben und Günter nahm das Tier behutsam in seine Hände. Mit einer kleinen Schere konnte ich den Vogel von allen Schnüren befreien, was nicht einfach war. Zur Desinfektion haben wir die Füße mit einer Spezialsalbe behandelt. Zeitweise bedeckten wir sein Köpfchen zur Beruhigung mit einem Tuch. Dann legten wir ihn vorsichtig in den Karton und nahmen ihn mit in Günters Garten, wo er eigentlich die Nacht in einem großen, hellen Tierkäfig verbringen sollte. Noch eine Schale Wasser in das Gehäuse und wir setzten uns zum Abendessen. Ich hoffte, daß der Vogel die Nacht gut würde verbringen können. Hatte auch ein wenig Sorge wegen des verabreichten Medikaments. Nach einer Stunde wollte ich nach ihm schauen und siehe da - er war quicklebendig. Also nichts wie wieder hin zum See (viele Kilometer) und kurz vor Eintritt der Dunkelheit ließ ich den Rabenvogel aus dem Käfig. Er flog auf einen Baum. Freund Günter und ich waren überglücklich über unsere gelungene Aktion..
Jetzt hieß es, der gerettete Vogel werde mich nach einer solchen Erfahrung meiden. Aber weit gefehlt! Schon zwei Tage danach kam dieses Tier noch zutraulicher zu mir, so, als wüßte es um unsere Hilfe.
Und jetzt steht noch die Rettung des zweiten Vogels an, der leider nicht ganz so zutraulich ist, was eine Hilfe schwieriger machen wird. Zwei meiner Versuche scheiterten bereits. Aber ich bin zuversichtlich.
Alle Situiationen am See mit der Rabenvogelfamilie und meine Aktionen habe ich übrigens mit Videos und Fotos dokumentiert. (auch z.T. auf Facebook)
Heinz-Werner Geisenberger, Duisburg
Autor:Heinz-Werner Geisenberger aus Duisburg |
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