Für viele Menschen wird das Weihnachtsfest ein Wechselbad der Gefühle
Einsam statt gemeinsam?
Weihnachten ist das Fest der Familie. Die Uroma knuddelt die Kleine, die vor gerade drei Monate auf die Welt gekommen ist. In einer anderen Familie freut man sich auf den Besuch der Tochter aus Amerika. Nicht selten macht sich eine Großfamilie auf den Weg, um an Heiligabend gemeinsam einen Gottesdienst zu besuchen. Der 1. Weihnachtstag wird nicht selten genutzt, um einen Abstecher ins Altenheim oder ins Krankenhaus zu machen. Und dieses Jahr?
Viele Traditionen und liebe Gewohnheiten sind wegen Corona ad acta gelegt. Die Inzidenzwerte sind einfach zu hoch, Kontaktbeschränkungen sind angesagt und sogar erforderlich. Viele Menschen haben sich mit der Situation arrangiert, andere fallen in ein tiefes Loch. Selbst Präsenzgottesdienste finden größtenteils nicht statt. Schon immer gab es Menschen, die durch das Raster der anheimelnden Fröhlichkeit gefallen sind, die Weihnachten mit gemischten Gefühlen entgegengesehen haben. Nicht selten gab es aber auch Menschen, die anderen etwas ganz Wertvolles geschenkt haben: Zeit, Gehör, Aufmerksamkeit.
Es gab etwa im vergangenen Jahr von evangelischen und katholischen Kirchengemeinden und verschiedenen Hilfsorganisationen große Weihnachtsessen für Obdachlose oder auch die Weihnachtsfeier der Duisburger Tafel. Es gab die Pfadfinder, die persönlich Präsente und Grüße ins Haus brachten. Altenclubs machten sich auf den Weg, um morgens am Heiligen Abend einen kurzen Besuch bei erkrankten Damen zu machen die immer viel gebastelt hatten, um damit den Wohltätigkeitsbasar zu bestücken.
Die Telefone stehen
oft nicht mehr still
Vieles ist in diesem Jahr anders. Und anders sind auch die Wege, einsamen Menschen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind. Die Telefone stehen oft nicht still, Nicht selten macht sich in diesen Tagen auch die Erfahrung breit, man könne durchaus bewusster leben und sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Vielleicht gehört dazu auch, Kontakte anders zu gestalten. So gibt es Kirchenvorstände, Presbyterien,, Gemeinderäte, aber auch Vereine, die Listen erstellt haben, wer wen zu Weihnachten anruft. So werden mehr als in früheren Jahren Menschen angerufen, von denen man weiß, dass sie Weihnachten allein sind. So habe man in diesen Tagen oft erlebt, dass bei einem Anruf andere von sich erzählen, einfach loswerden wollen, wie es ihnen geht. Wer im Gespräch Zeit für andere hat, sich auf den anderen einlässt, kann so sogar selbst beschenkt werden.
Der Runde Tisch Marxloh verteilt genau am Heiligen Abend Essenspakete an Menschen, die sich ein Festmenü nicht leisten können, an Alleinstehende mit einer kleinen Rente, an Obdachlose und an in Not geratene Mitmenschen. Im letzten Jahr gab es noch ein gemeinsames Essen mit zusätzlichen Geschenken und musikalischer Untermalung. Diesmal ist halt „Lieferservice“ angesagt, denn man kennt die Menschen, die es bitter nötig haben.
Menschen sind durch die
Pandemie am "Nullpunkt"
Vereinzelte Hausbesuche wird es auch in den kommenden Tagen von den Ehrenamtlichen der Hospizbewegungen in unserer Stadt geben. Das betrifft Hinterbliebene, die in diesem Jahr einen lieben Menschen verloren haben, denn Weihnachten wird besonders deutlich, dass der Partner fehlt. Einsamkeit ist auch einer der häufigsten Anlässe, weshalb sich Menschen gerade zu Weihnachten an die Telefonseelsorge wenden. Obwohl das schon immer so war, rechnet man damit, dass sich das in diesem Corona-Jahr noch verstärkt. Denn vielfach seien Menschen durch die Pandemie an ihrem persönlichen „Nullpunkt“ angelangt.
Es gibt insgesamt auch an Weihnachten eine große Anzahl von Ehrenamtlichen in vielen Organisationen und Bereichen, die sich Zeit nehmen, ihren Mitmenschen Mut und Zuversicht zu vermitteln. Nahezu alle Kirchengemeinde verteilen Weihnachtsgrüße, Anleitungen für selbst gestaltete Gottesdienste zuhause, haben Engels- und Weihnachtstüten an die Frau und den Mann gebracht.
Aus zahlreichen Duisburger Kirchen werden Christmetten und Weihnachtsgottesdienste im Internet verbreitet, Und es gibt weithin sichtbare Botschaften. Mit den Worten „Es tut weh, aber es ist die richtige Entscheidung“ kommentierte Pfarrerin Sarah Süselbeck in den Sozialen Medien den Beschluss des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Obermeiderich, ebenfalls alle Gottesdienste vor Ort während des Lockdowns ausfallen zu lassen. Weihnachten findet aber statt. Damit alle wissen, dass das auch in Obermeiderich so ist, war ein Team der Gemeinde sehr fix. Schnell hat man ein bewegtes Grafikvideo gebaut, das nun auf 37 Quadratmetern auf einer Riesenlaserwand an der Emmericher Str. 246 ganz weit strahlt. Die Botschaft ist: „Wir wünschen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr.“
So hofft man jetzt in vielen Organisationen unserer Stadt, dass sich für die Menschen die Einsamkeit an den Feiertagen in Grenzen hält,
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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